Kapitel 70: Trugbild

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Barfuß Schritt ich durch das Unterholz des Waldes bevor ich mich sanft und leichtfüßig in einen Wolf verwandelte. Ein schneller Gedanke huschte durch den schleiernden Nebel in meinem Kopf. So schmerzlos hatte es noch nie geklappt. Doch dieser Satz verschwand in durchsichtigen kleinen Wolken. Langsam Schritt ich über den erdigen, mittlerweile an vielen Stellen zugewachsenen Waldboden. Ich fühlte mich frei und leicht wie Nebel selbst. Spürte die Pflanzen wachsen und die Tiere leben. Das lag sicher nur an meiner Müdigkeit und doch war es ein großartiges Gefühl. Meine trägen Augen wagten einen erneuten Blick auf den Mond der noch dichten Nebel in mir verursachte. Ich spürte ein Verlangen das mich tiefer in den Wald hinein zog. Fast schwebend glitt ich durch die Bäume hindurch in den Wald hinein den ich nicht kannte, oder kannte ich ihn doch? Die Luft war erfüllt mit Wärme und getränkt durch rot goldenes Licht. Wohlwollende Zärtlichkeit die mein weißes Fell streift und mich tiefer hinein zieht. In den Wald, doch auch in den Nebel, bis er vollkommen dicht meine Gedanken verdeckte...

Ich wollte nur noch an den Ort, an den es mich zerrte. Der Wald um mich herum begann in einer pracht zu blühen, wie ich sie nicht kannte. Plötzlich sprossen von überall Triebe empor. Pflanzen die ich nicht kannte, begannen aus der Erde zu wachsen und in den prächtigsten Farben zu glänzen. Das Gras wuchs und wuchs, bis es meinen Bauch streichelte. Einige Meter vor mir tat sich eine Wand aus Ranken auf, die voller rot goldener Blüten übersäht war. Mein inneres drängte mich hinein und doch blieb ich vor den Ranken stehen. Ich wollte ein Mensch sein, wenn ich hindurch trat und mich allem hingeben. So sanft und leichtfüßig, wie ich ein Wolf wurde, wurde ich wieder ein Mensch. Meine nackte Haut kribbelte im Schein des Mondes. Vorsichtig glitt meine Hand durch die Ranken hindurch und öffnete mir wie ein Schleier den so vertrauten Ort vor mir. Meine Heimat. Ein Lächeln wuchs auf meinem Gesicht und voller Freude betrachtete ich die Lichtung. Die Wiese um meinen Felsen war bedeckt mit Blüten die im dezenten Wind tanzten und im Licht strahlten. Jeder Baum stand an deiner Stelle und auch der mir bekannte Fuchs schlich sich aus den Bäumen, umrundete mich und lief wieder zurück. Ich drehte mich mit ihm und meine Augen folgten ihm zu der Stelle wo er verschwand. Meine Lippen öffneten sich und es hauchte etwas über sie hinweg. Meine Augen starr auf ihn gerichtet. Wie er auf mich zu kam und seine Gestalt vor mir wuchs. Mein Herz flatterte mit jedem Schritt den er näher auf mich zu kam und mein Inneres bewegte mich in seine Arme. Der Duft von Wald und Natur haftete an ihm, gemischt mit einem Hauch Männlichkeit und Vertrautheit. Es jagte mir ein Kribbeln durch jede Pore meines Körpers. Er blieb nur wenige Millimeter vor mir stehen, sodass ich auch ohne Berührung seine ausstrahlende Hitze spürte, die meinen Körper verbrannte. Meine Augen wanderten über den muskulösen Bauch, zu den breit gebauten narbigen Schultern, über den schönen Hals und die markanten Wangenknochen die mit Narben verzieht waren in seine dunklen Augen. Dunkel wie die Nacht selbst. Seine Ohren zuckten, als ich meine Hand vorsichtig hob und meine Fingerspitzen auf seine Brust legte. Er schauderte bei der Berührung. Fasziniert fuhr ich seinen dunklen Körper ab und strich über die noch dunkleren Narben. Mit jeder Bewegung die seinem Gesicht näher kam strahlte mehr Hitze auf mich über. Mein Blick folgte meinen Finger zu seine Lippen und als ich sanft über sie strich öffneten sich meine erneut, als spürte ich sie auf den meinen. Ich verzehrte mich danach. Ich wollte es und er gab es mir. Er packte meine Hand und griff nach meiner nackten Taille bevor er seine starken Lippen auf die meinen presste. Ich versank bei seinem Kuss in mir selbst.
Mein Schicksal sah vor ihn zu lieben. Bedingungslose Hingabe und Zärtlichkeit die schon immer da gewesen war. Seit Anfang der Zeit. Doch warum wusste ich das? Eine Liebe die ihren Weg finden würde und in Schmerz ihr Ende findet. Ein erbitterlicher Verrat, der mir schon jetzt vollends bewusst war.
Und doch war es mir egal. Nein...
Ich konnte und wollte mich nicht von seinem Körper lösen. Nein...
Ich liebte ihn bedingungslos. NEIN!

Er war meine Liebe...? Ein Gedanke, nein eine Erinnerung kitzelte in meinem Kopf, versuchte sich an die Oberfläche zu drängen. Als sie es schaffte, war es aber gar keine Erinnerung. Es war ein Name. Ethan. Ein Name der mir so fremd und doch so vertraut vor kam. "Ethan...", flüsterte ich den Namen an die Brust des Mannes vor mir. Ich runzelte die Stirn. Ethan? Der Nebel in meinem Kopf wurde lichter. Ethan! "Nein!", brüllte ich und stieß den Mann, der mich so zärtlich fest hielt von mir weg. Eine Mischung aus Verwunderung und Bestürzung lag in seinem Gesicht. Ich hatte mich von ihm abgewandt und das gefiel ihm nicht. Er streckte seine Hand nach mir aus und sagte wieder diesen Namen. Dieser Name mit dem er mich schon einmal ansprach. "Kathawee." Seine Bass versetzte Stimme brachte die Luft zum beben und etwas in meinem inneren wollte wieder in seine Arme, aber ich wehrte mich dagegen. Das war nicht ich, was dort zu ihm wollte. Es war ein Gedanke. Eine Erinnerung. Ein Trugbild.
Bei den Worten verschwand auch der letzte Nebel aus meinem Kopf. Der zuvor so gewachsene Wald kehrte zurück in seine kümmerliche Gestalt, wodurch ich doch ein wenig trauerte zurück. Diese Illusion hatte so etwas schönes hervorgerufen. Ich wagte es kaum in den Himmel zu sehen, aus Angst, dass der Mond es hervor gerufen haben könnte. Gerade genug Mut packte mich, sodass ich es doch tat. Vielleicht war es aber auch ein Teil Gier, den Wald noch einmal so prachtvoll zu sehen... aber nichts geschah. Mein Kopf senkte sich wieder und erstarrt blieb ich stehen. Es war keine Illusion gewesen, nicht alles... Der Mann war noch da und noch immer hatte er den selben Ausdruck in seinem Gesicht. Bestürzung mit einem Hauch Verwunderung und etwas anderem, was ich zuvor nicht hatte sehen können. Augen gefüllt mit steigendem Hass.

Und noch immer war da etwas das mich in seine Arme zog. Ich packte jedes zipfelchen Mut und ignorierte den Fakt, dass wir nackt vor einander standen.
"Du bist mein Schicksal, das weiß ich jetzt und ich weiß auch, dass dort etwas in mir ist, was mich an deine Seite drängt, aber das bin nicht ich.", sprach ich kopfschüttelnd und wusste nicht einmal ob er mich verstand. "Ich werde nicht an deine Seite treten, also bitte geh jetzt." Auf seiner Stirn bildete sich eine Falte die sich über seine Augen zusammen zog. Der Hass wuchs. Mit noch immer ausgestreckter Hand kam er einen Schritt auf mich zu und sagte diesen Namen erneut, jedoch war seine Stimme diesmal von Wut getränkt. "Kathawee!"
"Verschwinde!", knurrte ich jetzt. Mein Inneres wehrte sich dagegen ihn so zu behandeln, aber das nicht nur aus Liebe. Es war Bedauern. Aus seiner Kehle kam ein tiefes grollen bevor seine Augen rot wurden und er sich in den narbigen Wolf verwandelte. Er stieß ein tiefes und gefährliches heulen von sich, preschte denn durch den Wald und entfernte sich immer weiter von mir. Dort stand ich jetzt mitten im Wald auf einer Lichtung die ich kannte, jedoch ohne meinen geliebten Felsen. Die kühle Nachtluft brachte meinen Körper zum zittern. Ich rieb mir meine nackten Arme und schaute in den Himmel. Der Mond leuchtete hell in die Nacht hinein. "Schon so dunkel...", murmelte ich noch immer in den Himmel schauend.

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Na ihr,
Wie geht es euch?

Genau vor einem Jahr gab es das erste Kapitel, also ist es jetzt ein kleines Jubiläum :)

Wer von euch ist denn seit Anfang an dabei, bzw hat während den ersten Kapiteln gestartet? Das würde mich mal interessieren :D♡

Das nächste Kapitel kommt in 2 Wochen, doch je nach Situation kann es auch schon früher kommen ;)

Liebe Grüße!

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt