Kapitel 62: Wiedersehen

7.5K 321 8
                                    

Es war gar nicht so übel, dass die Wölfe über Nacht geblieben waren, denn so konnte ich die Zwillinge dazu verdonnern beim aufräumen zu helfen. Jace war mittlerweile auch aufgestanden und gesellte sich für kurze Zeit zu mir in die Küche, bevor er die Arbeit mit den Zwillingen teilte. Während Jace in den Garten ging begann ich damit Frühstück für die anwesenden vorzubereiten, mehr als den Kaffee bei John hatte ich nämlich auch noch nicht gehabt. Nachdem ich die Zwiebeln angebraten hatte, schlug ich nach und nach die Eier in die Pfanne und verrührte sie mit ein wenig Käse den ich im Kühlschrank gefunden hatte. Das Rührei brutzelte langsam vor sich hin, weshalb ich fünf Teller herausholte und sie mit Brot und geschnittenem Gemüse befüllte. Dabei blickte ich immer mal wieder zu den Zwillingen die das Wohnzimmer auf Vordermann brachten. Isaac lief mit einer Mülltüte umher und griff nach jeglichen Bechern und Dosen, die umher lagen, während Aidan den Boden wischte und die verschiedenen Flecken von den Möbeln entfernte. Ich wollte mir nicht einmal vorstellen, was alles verschüttet wurde. Man konnte ja nicht einmal ohne Schuhe herum laufen, da alles klebte.

Ich schüttete jedem ein Glas Saft ein und verteilte das Rührei auf die Teller. "Frühstück ist fertig!", rief ich und stellte die noch heiße Pfanne zurück auf den Herd. "Ich hab einen Mordshunger!", meinte Isaac und rieb sich über den Bauch, bevor er sich an den Tisch setzte und fast schon auf den Teller sabberte. "Kannst ruhig schon anfangen." Das ließ er sich nicht zweimal sagen und begann sofort damit, sich den Mund mit Rührei voll zu stopfen. "Ist voll lecker!", brachte er zwischen den Stückchen Rührei hervor. Aidan setzte sich still neben seinen Bruder und wartete auf die Anderen bevor er mit essen beginnen wollte. Ich stocherte ein wenig in dem Ei vor mir herum und steckte mir ein Stück Paprika in den Mund, bevor die Schritte auf der Treppe mich auf blicken ließen. "Adam schläft noch immer.", sagte Ethan und strich sich durch die leicht schwarzen Haare. "Das hab ich mir schon gedacht.", murmelte ich als Antwort und biss erneut von der Paprika ab. Ethan ließ seine Augen von mir über die Zwillinge streichen. Aidan, der noch immer sein Essen nicht angerührt hatte, schenkte ihm einen entschuldigenden Blick. Sein Bruder hingegen, sprang von seinem Stuhl auf und erwiderte den ernsten Blick. Es war als würde die Luft zwischen ihren Blicken elektrisch aufladen und Blitze schlagen. Ethan machte einen Schritt auf ihn zu und stellte sich direkt vor ihn, sodass sie nur wenige Zentimeter voneinander trennten. Mit einem mal packte er Isaacs Nacken und zog ihn nach vorne. Mir blieb fast die Paprika im Hals stecken vor Schreck was als nächstes passieren könnte. Ich konnte Ethan einfach nicht einschätzen. Er könnte weiß Gott was tun und doch glaubte ich immer daran, dass er nie etwas schlimmes tuen würde. Auch wenn ich trotz allem erschrak. Ethan legte seine Stirn auf die von Isaac und schaute ihm tief in die Augen bevor er seine schloss. Isaac packte Ethans Arm, der noch immer seinen Nacken fest hielt und tat es ihm gleich. Nach einigen Sekunden öffneten Beide wieder die Augen und lösten sich von einander. Beide begannen zu grinsen und Isaac haute ihm gegen die Schulter, weshalb Ethan ihn packte und ihn für einen Moment in den Schwitzkasten nahm. Idioten. "Setz dich bevor es kalt wird.", befahl ich. Isaac tat es ohne zu zögern und begann wieder zu essen, was Aidan jetzt auch tat. "Ich werde noch weiter Wache halten, falls Adam aufwachen wird.", sagte er ernst und packte sein Essen und das Glas. "Ich werde es dann oben essen." Er drehte sich schon um, da kam Jace schon auf ihn zu. Ich hatte ihn bis jetzt gar nicht bemerkt. Er war wohl rein gekommen, als Ethan gerade herunter kam. "Danke!", sagte er und schnappte ihm den Teller so schnell aus der Hand, dass Ethan darauf nicht reagieren konnte. "Ich halte die weitere Wache. Ihr-", er deutete auf uns alle "ruht euch aus oder macht sonst was." Er machte eine kurze Handbewegung, packte dann das Glas und verschwand die Treppe nach oben. Verdutzt schaute er Jace hinterher, bevor er so richtig realisierte was gerade geschehen war und setzte sich dann neben mich. 

Nachdem wir gegessen hatten und Aidan mir half das Geschirr zu spülen, setzten wir uns gemeinsam auf die Couch und schauten einen Film. Ich lag in Ethans Arme und ich spürte wie das Koffein des Kaffees langsam aus meinem Körper verschwand. Hinzu kam der Süßlich dominante Geruch meines Mates, der in diesem Moment besonders stark war. Seine Finger glitten durch meine Haare, über meine Schulter und meinen Arm in einer Gleichmäßigkeit die so schön war, dass mir immer wieder die Augen zu fielen. Letzten Endes überkam mich die Müdigkeit. Nach über 30 Stunden fiel ich endlich in den lang ersehnten Schlaf. Jedoch fand ich mich nur in der Dunkelheit wieder. Keine Gefühle. Keine Gedanken. Einfach nur Dunkelheit. Ein einsamer, traumloser Schlaf.

Ein lautes gepolter riss mich unsanft aus meinem Schlaf. Ich musste einige male blinzeln, bevor sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten. Mein Blick viel zuerst auf den noch laufenden Fernsehr. Es dauerte einen Moment bis ich realisierte, dass es noch immer der selbe Film war und ich vielleicht gerade mal eine halbe Stunde geschlafen hatte. "Was ist das für ein Lärm?", murrte ich verschlafen und setzte mich aufrecht hin. "Er ist aufgewacht!" Wer ist wach? So müde wie ich war, brauchte mein Gehirn einige Zeit die Information zu verarbeiten. Die langsamen Zahnräder in meinem Kopf begannen allmählich Geschwindigkeit auf zu nehmen. Wer...? Adam! Es trafen mich wie ein Schlag und sofort wirbelte ich zu Jace herum, der auf der Treppe stand. Ich sprang ohne zögern auf, was eindeutig ein Fehler war. Das Blut in meinem Körper sackte augenblicklich in meine Füße und ich wäre wohl umgekippt, wenn mich Ethan nicht am Arm gepackt hätte und mich stützte. Das schwindel Gefühl und auch das kribbeln in meinen Füßen ließ langsam nach. "Es geht wieder, danke.", sagte ich mit einem lächeln und stolperte meinem Bruder hinterher die Treppe hinauf, gefolgt von Ethan und den Zwillingen. Die Tür zu meinem Zimmer stand offen und ich spürte wie mein Puls immer höher wurde. Mein Herz schlug so stark, dass ich es in meinem Kopf pochen hörte. Jegliche Gefühle überströmten mein Inneres. Er lebt. Adam lebt. Und er ist wach. Endlich... Endlich sehe ich ihn wieder. Mein Herzschlag verlangsamte sich nicht, als ich durch die Türe trat, jedoch ließ das Pochen in meinem Schädel nach. "Adam." Ich blickte auf den an meinem Bettrand sitzenden blonden Mann, dessen so gefühlskalte, mysteriöse graue Augen verdeckt waren. Sein Kopf hob sich in meine Richtung, doch das erwartende Lächeln blieb aus. "Jenna..." Seine Stimme klang leblos und verzweifelt, sodass es mich innerlich zerriss. "I-ich... Ich kann nichts sehen..."

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt