Es war dunkel und ich stand in dieser Dunkelheit. Ich konnte weder reden, noch etwas sehen. Doch ich spürte die Kälte dieser tiefen Dunkelheit. Ich drehte mich und versuchte mich irgendwie zu orientieren, doch das konnte ich nicht. Und dann sah ich es, ein heller Fleck am Ende dieser endlos scheinenden Dunkelheit. Mein Körper fühlte sich unheimlich leicht an und so lief ich auf dieses Fleck zu. Während ich immer näher kam, wurde es langsam heller. Erst jetzt erkannte ich, dass ich ein Mensch war. Als ich den hellen Fleck endlich erreichte, saß vor mir ein weißer Wolf in einem Stückchen Wald. War ich das etwa? Doch ich schlug mir den Gedanken wieder aus meinem Kopf, als ich noch näher an sie heran trat. Die Wölfin war älter als ich, erfahrener und außerdem ein Alpha. Sie war wirklich hübsch. Die Wölfin beobachtete mich mit ihren wunderschönen roten Augen. Sie leuchteten, wie auch ihr Fell und doch sah das innere ihrer Iris aus, als würde es leben. Ich versuchte etwas zu sagen, doch erneut konnte ich es nicht. Die Wölfin sah so friedlich aus, dass ich vorsichtig meine Hand nach ihr ausstreckte. Doch als ich sie berührte, löste sie sich in Nebel auf. Obwohl ich sie berührt hatte, konnte ich ihr Fell nicht spüren, sie war wie Luft. Auf einmal kam aus dem Waldstück ein Eiskalter starker Wind, der mich zurück drängte. Immer schneller und immer weiter von dem stückchen Wald weg. Während ich von dem Licht weggetragen wurde, setzte sich der Wolf wieder aus dem Nebel zusammen. Ich war wieder in der Dunkelheit, doch der Wind riss mich trotzdem immer tiefer in das schwarz...
Ich öffnete meine an die Dunkelheit gewöhnten Augen, doch das grelle Sonnenlicht blendete mich. Sie gewöhnten sich nur langsam an die Helligkeit, aber mein Gehör verriet mir einiges. Ich war nicht alleine. Hier waren andere Wölfe. War es Ethan? Oder Adam? Oder vielleicht doch jemand ganz anderes? Ich konnte sie nicht verstehen. Obwohl ich mich nicht bewegte, schmerzte mein Körper ungeheuer und eiskalt war mir auch noch. Als sich meine Augen endlich an das Licht gewöhnt hatten, erkannte ich den schwarzen Wolf, der schützend über mir stand. "Ethan...", murmelte ich schmerzverzerrt, doch er rührte sich nicht. Mit gefletschten Zähnen stand er knurrend da. Alle seine Muskeln waren angespannt und als ich schmerzlich meinen Kopf drehte, sah ich den leblosen blutverschmierten Wolfskörper ein paar Meter weiter weg liegen. Ich erinnerte mich sofort an das was passiert war und mir wurde spei übel. Das darf nicht wahr sein! Es darf einfach nicht wahr sein! Ich habe jemanden getötet! Ich! Mein Mageninhalt wollte einfach nur meinen Körper verlassen und so drehte ich mich rasendschnell auf dem Bauch und übergab mich. Es kam massenweise Blut heraus, dazu noch Fell, Knochen und etwas Hirsch. Jedoch war es nicht gerade wenig und bei jedem neuen Würgereiz, schmerzten alle Wunden so stark. Erst jetzt sah ich wie zerquetscht und blau mein rechter Arm war. Ich konnte ihn schon garnicht mehr bewegen. Er hing einfach schlapp an meiner Seite hinunter. Mein ganzer Körper zitterte vor Kälte, doch ich bemerkte Ethans Jacke die über meinem nackten Körper lag. Naja jetzt nicht mehr. "Jen.", sagte Ethan leise. Er war wieder ein Mensch und sein Blick huschte besorgt von mir zu den Wölfen, die uns umkreisten. Mir ging es so schlecht, dass es mich nichtmal interessierte, dass er (natürlich) nackt war. Eher bemerkte ich es nicht. Er legte die Jacke erneut über meinen Körper und hob mich hoch. Sein warmer Oberkörper, wärmte mich sofort, doch als er los gehen wollte, stellte sich uns einer der Wölfe knurrend in den Weg. Ethans Augen wurden sofort rot und ein tiefes grollen ertönte. Der braune Wolf zog seinen Schwanz ängstlich ein, doch versuchte ihn trotzdem davon abzuhalten den Ort zu verlassen. "Verschwinde.", sagte er mit bebender Stimme und ich wusste sofort, dass es seine Alphastimme war. Doch warum auch immer machte sie mir nichts aus. Bestimmt weil ich gerade einfach zu schwach war. Der Wolf wich zur Seite, sodass Ethan vorbei konnte.
Den ganzen Weg bis zu dem Haus meiner Eltern sagte er kein Wort. Er drückte sich durch die Sträucher und sofort kam uns Jace entgegen, der zuvor auf der Terrasse saß. "Jenna!", rief er besorgt. Ethan legte mich in seine Arme und leicht überfordert schaute Jace ihn an. "Bleibst du nicht?" Er schüttelte den Kopf und folgte uns ins Haus. "Ich muss noch etwas klären." Er nahm seine Kleidung von gestern Abend, die immer noch auf der Terrasse lagen und zog sich an. Jace drückte ihm noch eine Jogginghose in die Hand, nachdem er mich ins Bett gelegt hatte. Ich konnte Ethans Blick, mit dem er mich ansah nicht deuten. Er war bestimmt sauer und enttäuscht, dass ich sie getötet hatte. Immerhin hatten sie mal etwas miteinander. Er beugte sich nach vorne und gab mir einen Kuss auf die Stirn, danach ging er ohne ein weiteres Wort. Jace seufzte leicht überfordert, "Ich hol dann mal Papa."
"Jenna!" Meine Mutter platzte total erschöpft in mein Schlafzimmer. Man sah ihr deutlich an, dass sie so schnell sie konnte nach Hause gelaufen war, nachdem Jace sie angerufen hatte. Ich saß auf dem Bett und fühlte mich schon deutlich besser. Ich hatte etwas getrunken und mein Vater hat sich um meine Wunden gekümmert. Er war gerade dabei meinen kaputten Arm in Massen von Bandagen einzuwickeln. "Geht es dir gut Tiger?" Ich schenkte ihr ein bedrücktes Lächeln. "Ja, es geht langsam wieder." "Die Wunden sehen schlimmer aus als sie sind.", sagte mein Vater beruhigend zu ihr, doch als er sich wieder zu mir drehte, beunruhigte sein Ausdruck mich etwas. Er war mitlerweile fertig den Arm zu bandagieren. "Das einzige was mir Sorgen macht ist dein Arm." "Wieso das, Arthur?", unterbrach ihn meine Mutter immer noch extrem besorgt. Mein Vater seufzte und auch Jace sah etwas besorgt aus. "Jetzt sag schon.", drängte ich ihn, ohne ihm auch nur etwas Zeit zu geben es mir zu sagen. "Deine Elle, also dein Unterarmknochen, wurde fast komplett zertrümmert. Eigentlich müsste er operiert werden und die Genesung würde, selbst als Werwolf mindestens sechs Monate dauern. Aber da du eben nicht ins Krankenhaus kannst und deine Selbstheilungskräfte leider nur sehr langsam und schwach sind, kann es sein, dass dein Knochen nicht vollständig heilen wird und du so in deiner Wolfsgestalt Probleme bekommen könntest." Die Zeit schien wie still zu stehen. An einem Tag würde ich also alles verlieren.
Ethan, weil ich Sie getötet habe.
Mein Rudel, weil ich Sie getötet habe.
Mein Leben als Wolf, weil ich Sie getötet habe.
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Der Wolf in Mir
WerewolfJenna Blake hat ein Geheimnis, dass sie vor ihren Mitmenschen geheim halten muss. Sie ist ein Werwolf. Das war nie wirklich ein großes Probelm, als sie jedoch mit ihrer Familie in ein fremdes Revier zieht, muss sie ein anderes Geheimnis noch stärker...