Es war gerade einmal zehn Uhr und ich war schon im Anwesen der Davis. Heute würde mein endgültiges Urteil fallen. Meine Mutter meinte, ich solle mir doch etwas schönes anziehen, bevor sie los gegangen waren. Also hatte ich mir mein einziges rotes Kleid angezogen. Es war wirklich schön. Es lag eng an der Brust und fächerte nach unten hin auf. Dazu trug ich schwarze Highheels. Meine Haare ließ ich in meinen natürlichen Wellen über meinen Rücken fallen.
Nervös saß ich alleine in dem Büro und fühlte mich dermaßen beobachtet, dass ich es kaum noch aushielt. Mein Blick huschte immer wieder zu dem muskelbepackten Wolf im Anzug. Er war heiß, auch wenn er nicht wirklich mein Typ war. Wie bereits gesagt, konnte man seine großen Muskeln durch den engen Anzug hindurch scheinen sehen. Seine blonden Haare waren nach hinten gegeelt und auch wenn man sofort erkannte, dass er zum inneren Kreis gehörte, sah er doch etwas jung aus. Er war bestimmt erst 23 Jahre alt. Er ließ mich nicht aus seinen smaragdgrünen Augen, und so wendete ich immer wieder den Blick ab. Warum konnte nicht einfach Ethan hier sein? Ich brachte ihn jetzt einfach. Ich spürte wie sein Blick mir folgte, als ich von dem Stuhl aufstand. Ich ging zu dem wandgroßen Bücherregal und ließ meinen Blick über die alten Bücher streifen. Ich war überrascht zwischen den alten Lederbüchern auch J.K. Rowlings Werke zu finden. Ich zog den ersten 'Harry Potter' Band heraus und wunderte mich nicht einmal darüber, dass es keine veröffentlichte Version war. Es war eine Rohversion. Das würde mich nicht wundern, enn man den Gerüchten Glauben schenken durfte. Angeblich ist sie auch ein Wolf. Ich hab echt keine Ahnung ob das stimmt. Ich stellte das Buch wieder zurück an seinen Platz und stöberte weiter durch die historischen Bücher.Mein Blick blieb an einem in Leder gebundenes Buch hängen. "Lupus est filium", murmelte ich und zog es vorsichtig heraus. Es war schwerer als es aussah.
Ich ging zurück zum Tisch und nachdem ich das Buch abgelegt hatte, strich ich über das Leder. Was für ein Tier war es wohl? Ich schlug es vorsichtig auf und genoss das knacken der alten Seiten. Der Zustand war für das Alter des Buches sehr gut. Am liebsten würde ich es nicht mehr aus der Hand legen. Wie mir der Titel bereits verraten hatte, war auf einer mir unbekannten Sprache geschrieben. Wahrscheinlich Latein, doch da konnte ich mich auch irren. Ich blätterte behutsam durch das Buch und schaute mir das einzige an, was ich auch verstand. Nämlich die Zeichnungen. Traurig aber wahr. Während ich so durch das Buch blätterte viel mir auf, dass viele Zeichnungen von Pflanzen waren. Ich blieb bei der einen oder anderen Seite hängen. Es sah aus wie ein Rezept, doch ich konnte es nicht lesen. Eine weitere Seite war über Eisenhut. Woher ich das weiß? Meine Großmutter hatte fast genau die selbe Seite bei sich in ihrem Buch liegen. Eisenhut ist zwar giftig für uns Wölfe. Wenn sie jedoch richtig verarbeitet werden, kann man darauf gute Medizin herstellen. Ich blieb abrupt bei einer Zeichnung stehen. Sie zeigte einen Werwolf, wie er gegen Menschen kämpfte und sie in zwei Hälften schlug. Typisch Vorurteile. Okay, wer weiß wie sie damals waren, doch jetzt sind wir ganz sicher nicht mehr so. Kopfschüttelnd blätterte weiter. Mir viel im Augenwinkel etwas auf, weshalb ich zurück blätterte und mit die Zeichnung ganz genau ansah. Irgendwas war mit ihr. Ich wusste nur nicht was. Es war ein heulender Wolf der auf einem Podest saß. Unter ihm waren Menschen und Wölfe, die sich gegenüber saßen. Es sah fast so aus, als wäre der Wolf so eine art Gottheit. Vielleicht der Alpha. Ich überflog den Text neben dem Bild, doch verstehen konnte ich natürlich nichts. Meine Finger strichen über die unebene Seite, über das Bild und dann langsam nach oben. 'Lupus exspiravit'.
"Der Geisterwolf.", murmelte ich der Stimme in meinem Kopf nach. Bevor ich auch nur darüber nachdenken konnte, warum ich das übersetzen konnte, öffnete sich auch schon die Türe. "Mrs. Blake. Sie werden erwartet." Ich klappte das Buch wieder zusammen und stellte es vorsichtig in den Schrank hinein. Ich atmete einmal tief ein und folgte dem Anzugträger, während der muskelprotz hinter mir her lief. Seine Augen durchbohrten mich. Die wollten doch nur sicher gehen, dass ich nicht abhaue.Während wir durch den langen Flur gingen, wurde die Luft immer angespannter. Fast genauso wie gestern, aber es gab einen Unterschied. Diesmal war es stärker und gefüllt mit Hass. Sie führten mich in eine mir unbekannte Halle und mein Herz rutschte mir sofort in die Hose. Ich wusste zwar, dass es vor dem Rudel war, doch nicht, dass es so viele Rudelmitglieder gab. Sie starrten mich alle an. Die meisten Blicke waren hasserfüllt und während ich durch die Menge hindurch schritt, knurrten mich viele bedrohlich an. Jeder Schritt war schwer, doch ich dürfte jetzt keine Schwäche zeigen. Sie tuschelten untereinander und ich versuchte mein Gehör aus zu schalten, damit ich davon nichts mitbekam. Es brachte mir erneut vor Augen, was ich für einen Fehler begannen hatte. Das Rudel war nicht schwach. Es war stark und das, weil sie Verräter nicht duldeten. Meine Augen huschten durch die Menge und suchten mir bekannte Gesichter. Schnell sah ich Aidon und Isaac, die mir ein kurzes mitfühlendes Lächeln schenkten. Ob sie überhaupt wussten was ich getan hatte? Ich schaute wieder nach vorne. An dem erhobenen Pult standen Mr. und Mrs. Davis und einige Meter vor ihnen, waren Schaniere am Boden befestigt. Geschaffen für einen Werwolf. Ich musste schlucken während ich die zwei Stufen emporstieg. Sie würden mich doch jetzt nicht festketten, oder? Zu meinem Glück taten sie es nicht. Ich stellte mich zwischen die Scharniere und schaute nervös nach oben. Ich spürte die Blicke auf mir und das Getuschel hielt weiter an. Obwohl ich versuchte alles zu ignorieren. Konnte ich sie trotzdem deutlich hören.
"Mörderin."
Meine Nervosität stieg mit der Anspannung und dem Hass weiter an. Ich spürte wie meine Hände anfingen zu zittern. Die mit Anspannung gefüllte Luft drückte von allen Seiten gegen mich und immer wenn ich einatmete brannte es innerlich. Eins stand fest. Mit solchen Situationen kam ich überhaupt nicht klar."Jenna Blake." Mrs. Davis kräftige Stimme hallte durch den Raum. Auf Anhieb verstummten alle Rudelmitglieder und hörten aufmerksam ihrem Alpha zu. "Hiermit verkünde ich das Urteil über den verrat deines Rudels und dem Mord an Lisa Thomson, einem Mitglied unseres Rudels." Einige brachen das Schweigen und jaulten durch den Raum. Mein Herzschlag wurde immer schneller und es fiel mir schwer mich zu beruhigen. "Du wirst verstoßen-" Erneut brach zustimmendes gejaule aus. Verstoßen. Also hatte selbst Ethan nichts gebracht. Mrs. Davis hob die Hand, als Zeichen, dass sie weiter reden wollte. Mein Herz schlug mitlerweile so stark, dass es jeder im Raum hören müsste. "Jedoch, wirst du in unserem Revier geduldet. Du musst es nicht verlassen, außer du verletzt erneut einen meiner Wölfe! Wenn du dann jemals, wieder unser Revier betrittst, wirst du sterben."
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Der Wolf in Mir
WerewolfJenna Blake hat ein Geheimnis, dass sie vor ihren Mitmenschen geheim halten muss. Sie ist ein Werwolf. Das war nie wirklich ein großes Probelm, als sie jedoch mit ihrer Familie in ein fremdes Revier zieht, muss sie ein anderes Geheimnis noch stärker...