Kapitel 55: blutiges Biest

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Mein Kopf schaltete sich aus und es war fast so, als hätte jemand auf Zeitlupe umgestellt. Hören konnte ich nichts weiter als meinen eigenen Herzschlag, der wie wild pochte, als wollte ich Ninas furchtbares Geschrei nicht weiter mit anhören. Das Biest platzierte seine Pranke auf ihrem Bauch und fixierte sie so am Boden, während der Geschmack ihres Blutes ihn nahezu beglückte. Was tat ich hier überhaupt? Der Schock saß tief verankert in mir, sodass ich mich noch immer nicht bewegte, dabei Kämpfte Nina um ihr Leben.

Plötzlich sah ich einen Schatten im Augenwinkel der sich schnell an mir vorbei vorwärts bewegte. Erst als er bei Nina war, erkannte ich, dass es Ethan war. Er packte ohne zu zögern in das Maul des Biestes und stemmte den Kiefer auseinander, sodass die Zähne sich aus Ninas Arm lösten. Mit einem gewaltigen stoß beförderte Ethan den Wolf nun ganz von ihr herunter. Er überschlug sich und krachte auf den Boden, was ihn wohl kaum mitnahm, denn er rappelte sich sofort wieder auf und gab ein gewaltiges Knurren von sich. Seine Pranke ließ er über den trockenen Rasen fahren, wühlte den Boden darunter auf und schnappte wütend durch die Luft.

Endlich konnte ich mich aus meiner Starre lösen und stürzte nach vorne, bevor ich ein hasserfülltes Knurren von mir gab. Nina ließ bei meinem Anblick einen weiteren Schrei von sich und versuchte panisch auf zustehen, was ihr jedoch in dem Schockzustand nicht gelang. "Verschwinde!", rief sie angsterfüllt und auch wenn es mir im Herzen weh tat, sie so verstört und verletzt zu sehen. Musste ich sie ignorieren. Sie hatte angst vor mir. Naja, vor dem Wolf in mir. Zu meinem Glück hatte sie meine Verwandlung nicht mitbekommen... Oke, wie auch? Ich wendete meinen Blick von ihr ab und schaute auf das Biest, welches knurrend im Schatten der Bäume stand. "Pass auf!", rief sie Ethan zu, der jedoch nur mit einer kurzen Handbewegung darauf reagierte. "Sie zuckte bei seiner Berührung zusammen und als ich fast neben ihr stand wurde sie noch blasser, als sie sowieso schon war. "Keine Sorge. Alles wird gut.", sprach Jace auf sie ein und versuchte sie zu beruhigen, während er sein Shirt auszog und es um ihren Arm wickelte. 

"Was tust du hier?", fragte Ethan mit starker Stimme. Seine Anspannung und die Wut die er verspürte, schlugen in Wellen auf mich nieder, während seine wachsende Dominanz ihn wie eine Aura umgab. Fast schon automatisch senkte ich meinen Kopf um einige Zentimeter, als ich mich neben ihn stellte und mein Knurren an Lautstärke verlor. Jedoch war es noch immer da, tief brodelnd in meiner Kehle begleitete es Ethans Stimme. Doch er schenkte mir keine Beachtung, seine ganze Aufmerksamkeit lag auf dem Biest im Schatten vor uns. Er hatte zum letzten mal einen meiner Freunde verletzt! Heute würde sein letzter Tag auf Erden sein. 

"Du verletzt Menschen!", sprach Ethan mit bebender Stimme. "Das kann ich nicht durchgehen lassen und das weißt du!" Er trat einen Schritt auf das Biest zu, welches sich kein Stück eingeschüchtert fühlte und ihn nur weiterhin anknurrte. Zeig es ihm, Ethan!  Jubelte ich ihn innerlich an und freute mich schon auf den Moment, an dem er dem Biest die Kehle heraus riss. Jedoch bewegte sich Ethan kein Stück von der Stelle, sondern blickte missbilligend auf ihn herab. "Ich weiß, dass du keinen verletzen möchtest..." Verwirrt von Ethans Worten blickte ich zu ihm herauf. Wovon redete Ethan da? Er möchte keinen verletzten? Totaler Bullshit. Es hat Rudelmitglieder getötet, Menschen und vor allem Emil! Wie konnte er nur denken, dass ihn ein Gespräch beruhigen würde? Erst recht da es nicht unsere Sprache kannte...

Ethan musste meinen Zweifel an seinem Satz gespürt haben muss, denn seine blutrot glühenden Augen blickten auf mich herab, mit einem Zorn den ich noch nie bei ihm gespürt hatte. Ich wich augenblicklich seinem Blick aus. "Verwandel dich zurück, dann können wir darüber Reden!" Seine Augen funkelten das Biest an. Jedoch gab es wie erwartet keine Antwort und eine Reaktion zeigte es auch nicht. "Ich sagte verwandel dich zurück! DU hast einen Menschen verletzt!" Er blickte für einen winzigen Moment zu mir herunter, was jedoch so schnell ging, dass ich dachte ich hätte es mir eingebildet. "Jenna wird dir das nicht verzeihen." Wieso lenkte Ethan das Gespräch auf mich?Gespannt lagen meine Augen auf dem Biest und als er eine Reaktion seiner Worte zeigte, lief mir ein Schauer über den Rücken. "Ich kann dich nicht ewig schützen, nicht nach so einer Aktion." Die Ohren des Biests zuckten, während sein Knurren flacher wurde und in ein unzufriedenes und krankes Hecheln über ging. "J-Jenn...a" Das frische Blut tropfte aus seinem Mund, als er plötzlich röchelte und eine blutige Masse spuckte, bevor er zusammen brach und reglos liegen blieb. Entsetzt schaute ich zu dem Biest herab. Es hatte mich noch nie Jenna genannt... Zögernd setzte ich meine Pfote nach vorne und zog vorsichtig die Luft ein. Ich erwartete den Geruch von Verwesung und Blut, jedoch war der Geruch anders... er war kaum vorhanden...
Doch wie konnte das sein? Neben Ninas Blut roch ich Schlamm, den Wald und... Salz?
Wieso denn Salz? Und dann roch ich noch etwas anderes. Etwas vertrautes. Etwas liebliches. Etwas beruhigendes. Das Gefühl von Heimat überkam mich. Heimat und Freiheit. Dieses Gefühl hatte nur eine Person bei mir ausgelöst. Ich hatte ihren Duft immer geliebt und auch wenn ich mich mal gefangen gefühlt hatte, nahm sie es augenblicklich von mir. Ich vermisste sie so unglaublich, dass sich mein Herz zusammen zog. Jedoch gab es neben Nana noch Jemanden der mir dieses Gefühl gegeben hat...

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Entschuldigt fürs lange warten und dann noch für so ein kurzes Kapitel.

Hatte viel um die Ohren.

Hoffe es hat euch trotzdem gefallen. :)

Wer wird diese Person wohl sein?
Lasst euch überraschen \(*-*)/♡
Bis nächste Woche♡

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt