Kapitel 72: Das Spiel

5.5K 253 5
                                    

"Von welchem Spiel redet ihr?"
Mein Bauch kribbelte bei dem Gedanken daran und meine Augen glühten voller Leidenschaft. Gewinnen oder Verlieren war mir immer gleichgültig gewesen, für mich ging es um den Spaß bei der Sache. Ich hörte Jace aufmerksam zu wie er begann Ben das Spiel zu erklären und auch wenn ich ihn nicht ansah, spürte ich seine kalten Augen auf meinem Körper. "Catch.", sagte Jace und seine Stimme bebte schon fast vor Aufregung, doch Benjamin zog nur eine Augenbraue nach oben. "Ein Kinderspiel?" Unser grinsen wurde nur noch breiter. "Es ist kein einfaches Kinderspiel.", sagte ich und konnte mir einen amüsierten Unterton nicht verkneifen. Auch wenn ich es nicht wollte, funkelte ich ihn spielerisch an. "Wir spielen es schon seit Generationen.", ergänzte Jace. "Selbst unsere Großmutter hat mitgemacht." "Und immer gewonnen.", lachte ich amüsiert. "Wir spielen das erste mal mit Wölfen außerhalb unserer Familie." "Es ist nicht das einfache Fangen wie es die Menschen spielen. Es gibt nicht wie bei Menschen einen Fänger und viele Gejagte. Bei uns gibt es nur einen Gejagten. Ein rosa Kaninchen." "Ein rosa Kaninchen?" Ben klang weder amüsiert noch angetan von der Idee einen Wettstreit auszutragen. Er klang oberflächlich, als wäre er etwas besseres, und genau das biss sich an meinem Ego fest. "Ja, ein rosa Kaninchen. Es wird freigelassen und wir jagen es. Verletzungen nicht ausgeschlossen." Ich funkelte ihn an, konnte das spielerische dabei  jedoch nicht verkneifen. "Und ich werde dich am gewinnen hindern." Etwas flimmerte in seinen Augen auf und während er das Bier an seine Lippen setzte, meine ich ein kleines Grinsen gesehen zu haben. Er sah es als Herausforderung. Allerdings konnte ich nicht sagen ob es daran lag einen Wettkampf auszutragen oder an der Tatsache, dass er mich noch immer töten wollte und dabei endlich seine Chance sah.

Ich kehrte Ben den Rücken zu und gesellte mich zu Aleyna und Ethan, der mich die ganze Zeit beobachtete. Als ich mich setzte warf er noch einmal einen Blick zu Ben und wandte mir dann seine Aufmerksamkeit zu. "Bis jetzt ist es recht langweilig was?", fragte ich und wechselte dabei einen schnellen Blick mit Beiden. "So schlimm ist es garnicht.", sagte Aleyna gelassen. "Auch wenn hier nur Wölfe sind?", sprach Ethan meine Gedanken aus. Aleynas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. "Abgesehen davon.", gab sie schnippisch zurück und setzte ihr Glas Wein an. Ich konnte mir ein Grinsen kaum vermeiden und auch Ethan lächelte amüsiert. Aleyna lächelte auch, jedoch verschwand es dann wieder. "Was ist los?", fragte ich sie verwundert. Aleyna verschränkte ihre Beine und schwenkte das Glas umher. "Ich denke nur gerade an Nina. Was wenn es ihr wieder schlechter geht und ich nicht bei ihr bin?" "Ich glaube nicht, dass es ihr wieder schlechter gehen wird. Ich habe ihre Wunde gesehen und sie war soweit verheilt, dass nichts in irgendeiner Weise passieren sollte." Sie nickte, jedoch spürte ich kein Einverständnis. "Dafür dass dir deine andere Seite nicht gefällt, hast du einen stark ausgeprägten Beschützerinstinkt." Ethan wollte sie weder ärgern noch herunterziehen, er war interessiert, was mich selber ein wenig überraschte. Aleyna spürte es auch, was wohl verhinderte, dass sie ihm einige unangenehme Sachen an den Kopf schmiss, stattdessen schnallste sie nur mit der Zunge und verschränkt dazu noch ihre Arme. "Aber da bist du nicht die einzige." Überrascht schaute ich ihn an. Sein Ausdeuck wurde ernst, während sich sein Körper unscheinbar anspannte. Mir fiel es auf, wie immer. Such Aleyna scheint er damit die Sprache genommen zu haben, denn wir beide wussten sofort, dass er nicht mich meinte.
"Redest du von Adam?", flüsterte ich unter vorgehaltener Hand, während ich näher an den kleinen runden Tisch rückte. Ethan nickte nicht, doch verneinen tat er es auch nicht. Er schaute stattdessen auf seine Hände, die er unter dem Tisch verschränkte und zu einer Faust ballte.
Aleyna stellte ihr Glas ab und rückte ebenfalls näher heran. Ich beobachtete sie dabei und bemerkte ihre neugierigen Augen. "Ihr wisst, dass er Nina fast getötet hat.", zischte sie leise. "Und ihr seid besorgt um ihn?" Auch wenn sie sich anstrengte abweisend und genervt zu klingen, spürten wir, dass sie es nicht wirklich so meinte. Sie hatte sich um Nina gesorgt, aber sie wusste auch, dass Adam zu dem Zeitpunkt mehr als weggetreten war und selber nicht wusste was er tat. Er sah nur rot. In zwei Hinsichten... Dennoch war es nicht alles. Sie hatte es genauso gemerkt wie ich. Nina hatte Interesse an Adam gewonnen. Sie wollte ihren Angreifer kennenlernen, auch wenn sie es nie erwähnt hatte.aus Gründen die uns unbekannt waren, verabscheute sie uns nicht.
"Was wenn er hier heute nicht sicher ist? Ich kann ihn deutlich wittern, auch wenn er nicht bei uns ist-" "Hey Leute!", unterbrach Isaac Ethan, packte einen Stuhl und setzte sich, mit der Lehne voran an den Tisch. "Was geht. Ihr seid spät dran.", begrüßte Ethan die Zwillinge. Aidan setzte sich auf Aleynas andere Seite und wir begrüßten die beiden mit einem kurzen Hallo. "Ja sorry, unsere Mutter hat ewig gebraucht sich fertig zu machen und hat dann noch über unser Outfit getadelt." "Wir mussten uns extra umziehen-" "Du musstest sich umziehen. Ich sah gut aus.", korrigierte Aidan Isaac, sodass er ihm eine Olive, die in einem kleinen Schälchen auf dem Tisch standen, an den Kopf warf. "Na warte du Kleiner!", knurren Aidan seinen Bruder an, packte Isaacs Kragen und warf sich halb auf den Tisch, als sie plötzlich inne hielten und zu unserer Terrasse schauten. Purer Schock lag in ihren Augen. Auch Aleyna war wie eingefroren. Ethans und mein Blick kreuzten sich bevor wir uns umdrehten und zur Terasse schauten. Oh Scheiße. "Warum ist er hier?!", zischte Isaac, während er sich aus dem Griff seines Bruders befreite. Ich hatte ihm versprochen, dass nichts passieren würde und doch setzte mein Herz aus. In genau diesem Moment trat mein Vater mit Adam auf die Terasse. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich Adams Schweißperlen auf der Stirn sehen. Doch von seiner Angst war nichts zu wittern. Es beruhigte mich wenigstens etwas, dass er seine Präsenz unterdrückte. Unscheinbar und doch da. Was ein Schlitzohr.

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt