Kapitel 80: Das Ende?

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Dem Heulen folgte ein Knurren, welches ganz allein Nahuc galt. "Du wirst sterben!", blaffte ich ihn an. Seine Augen weiteten sich vor Belustigung und Erregung. Er leckte sich über die Lippen, bevor er all sein Gewicht auf den schwarzen Wolf unter sich verlagerte. Ethan schrie auf, als seine Rippen einer nach dem anderen Brachen und er unter der Last bewusstlos wurde. Wutentbrannt stürzte ich auf ihn zu. Er zog seine Klauen aus Ethan und holte zum schlag aus. Ich bückte mich unter seinem Körper hindurch und begann seine Kehle zu bearbeiten. Seine Pranke erwischte und drückte mich zu Boden. Doch bevor er mich auch nur ansatzweise verletzen konnte, kratzte ich ihm das Bein auf und windete mich hervor. Ich sprang ihm in sein Gesicht und biss in sein Ohr, während ich begann ihn mit meinen Hinterläufen zu bearbeiten. Nahuc schnappte nach meinem Bein und schleuderte mich von sich weg, dabei riss ich ihm sein Ohr in fetzen. Er knurrte und sein Ausdruck veränderte sich auf eine Art, die mir sagte, dass er genug von Spielchen hatte. Er machte ernst. Ich ließ meine Augen über die Körper schweifen, welche am Boden lagen. Aidan war der einzige Wolf bei Bewusstsein. Für einen Moment dachte ich, dass auch er Kampfunfähig sei, doch er stürzte sich auf Nahucs Rücken und krallte sich in ihm fest. "Töte ihn Jenna!", schrie er. Der Schmerz in seiner Stimme jagte mir einen Stich durchs Herzen. Hitze überkam mich von innen. Sie brannte in meinem Körper und wollte einfach einfach nur heraus brechen. Nahuc preschte zur Seite und warf seinen Körper gegen einen Baum, Aidan rutschte ab und geriet zwischen ihm und dem Baumstamm. Als sich Nahuc löste und auf mich zu schritt, sackte Aidan zu Boden. Knurrend sprangen wir einander an. Seine Klauen gruben sich in meine Seite. Er packte mich und schleuderte mich umher, wie eine leblose Stoffpuppe. Ich rappelte mich gerade auf, da schlug er mich wieder zu Boden. 

Von einem auf den anderen Moment war ich auf der Lichtung. Vor mir stand Kathawee in ihrem menschlichen Körper. Ihr silbrig weißes Haar strahlte so hell wie ihre Augen. "Du hast mir die Kraft gegeben, die mir all diese Jahre gefehlt habt. Lass mich diesen Kampf zuende tragen.", ihre Stimme klang noch nie so hell und kraftvoll wie in diesem Moment. Sanft berührte ihre Stirn die meine und ein grelles Licht überflutete die Lichtung. Sie vertrieb die Dunkelheit und gab mir Geborgenheit, Wärme und Liebe. Die schwarze Flüssigkeit, die mich in ihre Tiefe gezogen hatte, verdampfte. Mein Geist brach aus meinem Körper. Ich schaute auf ihn herunter. Auf diesen weißen Wolf der strahlte. Nahuc wich einen Schritt zurück, doch die Wölfin sprang fast schon schwebend auf seinen Rücken und versenkte ihre Zähne in seinen Nacken. Nahucs Augen weiteten sich, bis sie sich verdunkelten und das Licht verloren. Seine Glieder zuckten bevor er auf der stelle schlaff zusammen sackte. Das reinliche weiße Fell war von Blut überströmt. Der Kampf war vorbei. Nahuc war besiegt. Doch was geschah jetzt aus mir? Die Wölfin setzte sich neben den toten Körper ihres einst geliebten Mannes. "Ich danke dir.", sagte sie sanft. "Ich habe meine einstige Macht zurück erlangt und werde diese Welt verlassen." "Und was geschieht mit mir?", fragte ich unsicher. "Ich bin doch ein Teil von dir." Ein Lächeln legte sich auf die Lippen der Wölfin. "Du kannst mit mir kommen, aber ich weiß, dass du dies nicht möchtest. Als Dankeschön schenke ich dir dieses Leben." Ihre schnauze berührte meine Finger. Ein plötzliches drücken zog mich zurück in meinen ursprünglichen Körper. Mein Herz klopfte schwer in meiner Brust und alles fühlte sich viel schwerer an, als es jemals war. Ein kühler Wind packte mich und hob meine Augen gen Himmel. Der Mond strahlte heller und größer als je zuvor. Das war es also. Das Ende. 

Ich schloss die Augen und zog den Duft des Waldes ein. Ein kribbeln packte mich, als ich die zwei Wölfe vor meinem inneren Auge sah. Einer muskulös und blond mit eisigen Augen die sich bis in deine Seele brannten und der andere klein und braun, mit einem verschmitzten Ausdruck in den Augen. Ein letzer Blick galt mir, bevor sie dem Mond entgegen liefen. Ein Lächeln breitete sich auf meinen Lippen aus und ohne dass ich es wollte, begann ich vor Erleichterung zu weinen. 

Ethan zog scharf die Luft ein, als ich die genähte Wunde an seiner Stirn mit medizinischem Alkohol abtupfte. "Tut es sehr weh?", fragte ich besorgt und begann vorsichtig die Bandage um seinen Kopf zu wickeln. Er löste die Hand von meinem Bett und griff nach meiner Hand, sodass ich ihm in die Augen schaute. "Es ist zu ertragen.", sagte er gespielt schwächelnd und durchbohrte mich mit seinem Blick, sodass mir heiß und kalt wurde. Der Bernstein in seinen Augen wabbte umher wie die unruhige See, während sich ein roter Ring in ihnen ausbreitete. Ohne unsere Augen voneinander zu lösen, küsste er meine Handfläche. Er verschränkte seine Hand mit der meinen und strich mit der anderen über meine Taille, während er meinen Hals als Angriffsfläche nutzte und begann sie zu küssen. Seine Finger wanderten behutsam unter mein Top. Die Stellen an der seine Fingerspitzen meine Haut berührten brannten vor hitze. Mein Kopf legte sich in den Nacken und ließ ihm mehr Spielraum seine Lippen über die empfindliche Haut zu führen. Obwohl meine Augen geschlossen waren, spürte ich seine Augen wie sie auf mir lagen. Als seine Finger meinen Rücken hinauf kletterten und seine andere Hand sanft mein Gesicht hielt, stoppte ich ihn. "Du bist verletzt.", sagte ich ernst und riss mich mit aller Kraft zusammen, ihm nicht gleich in die Arme zu fallen. Überzeugt davon meinen Patienten Erholung zu gönnen, brachte ich einen Meter Abstand zwischen uns und deutete auf das Bett, von dem er aufgestanden war. "Setz dich.", sagte ich bestimmend und war überrascht wie fest meine Stimme klang. "Du bist erschöpft und verletzt." Ethan rührte sich nicht, stattdessen bohrten sich seine Blicke weiter in meinen Körper und ließ eine überwältigende Hitze empor steigen. Ich räusperte mich und ging in Richtung Badezimmer. Als ich die Türe gerade einen Spalt geöffnet hatte, schnellte eine Hand an meinem Kopf vorbei und schloss Sie wieder. Ich hielt den Griff fest umschlossen, während Ethans Körper sich an mich presste. Er löste die Hand von der Türe und strich meine Haare zur Seite, um die Stelle in meinem Nacken zu küssen. Seine andere Hand strich an meiner Taille nach vorne über meinen Bauch, meine Brust zu meinem Hals. Mein Herzschlag verschnellerte sich bei jeder Berührung. "Du gehörst mir ganz allein und ich will dass die ganze Welt das weiß!" Bei dem Klang seiner Bass gefüllten und trockenen Stimme, schoss die Hitze in meine Wangen. Er wartete auf eine Antwort die nicht kam, weshalb er meinen Nacken weiter küsste und seine Zähne vorsichtig durch meine Haut drangen. Brennende Elektrizität durchfuhr meinen Körper...

"Seid ihr euch ganz sicher?", fragte Shila als sie mit verschränkten Armen vor uns stand. "Ja das sind wir, Mutter." Ethan, der fest meine Hand umschlossen hielt, lächelte voller Überzeugung. Seit dem Kampf mit Nahuc war ein ganzes Jahr vergangen. Die Beerdigung von Isaac und Ben hatte uns alle nach hinten geworfen und es hatte viel Zeit gebraucht, damit diese Wunden verheilen konnten. Dalia, Isaacs Bewunderin und Freundin, war am Boden zerstört gewesen. Es brach mir nur noch mehr das Herz, dieses kleine Bündel so verletzt und gebrochen zu sehen. Adam hatte jeden Tag trainiert und wurde von Tag zu Tag besser. Das ein oder andere Mal passierte es mir sogar, dass ich vergaß, dass er blind war. Sein Gespür war einfach so gut geworden. Nina war ein anderes Thema. Ihre erste Verwandlung und ihr mangel an Wissen über unsere Kultur, war für uns so, als würden wir einem Welpen etwas beibringen. Aber sie lernte schnell, was sie zu einer großartigen Wölfin machte. Nach all dem was passiert war, konnten wir Shila und Antonio nichts mehr verheimlichen. Wir klärten sie über alles auf. Naja, fast alles. Den Teil mit Kathawee und mir wurde bewusst umgangen. Als Dankeschön für meine Ehrlichkeit und den Sieg gegen Nahuc, wurde ich eingeladen dem Rudel erneut beizutreten. Doch bevor ich zustimmen konnte, hatte Ethan eine Entscheidung für uns beide getroffen.
"Ich werde mich um ihren Sohn kümmern, Mr. Davis." Ertönte eine angriffslustige Stimme hinter uns, bis uns ein schwerer Arm um die Schulter gelegt wurde. Ich blickte auf und konnte mir ein grinsen nicht verkneifen. Adam, der blinde Beta eines Rudels das noch nicht existierte, stand lächelnd zwischen uns. Ethan schnaubte abfällig und doch wusste jeder, dass er es nicht so meinte. "Habt ihr euch jetzt endlich mal verabschiedet? Oder wollt ihr uns noch länger warten lassen?", sagte er belustigt und löste sich wieder. "Wir kommen ja schon.", lachte ich und schenkte meiner Familie einen letzten Blick. "Komm uns mal wieder besuchen.", sagte John mit einem lächeln, während Louis, auf seinem Arm mit den Tränen kämpfte. Ich schluckte schwer, doch auf uns wartete etwas neues und das erfüllte mich mit Freude. "Wir haben dich lieb, Tiger!", sagte meine Mutter lächelnd und auch sie vergoss einige Tränen, das dazu führte , dass auch ich sie nicht mehr länger zurück halten konnte. "Kommst du?", flüsterte Ethan und küsste meine Wange, bevor ich nickte und ihm folgte. Ein Rudel in dem ich immer Willkommen sein würde, mit Freunden die einen Unterstützen. Adam hatte seinen Arm um Nina gelegt, ihre Wangen knallrot, durch die Hitze der so offensichtlichen Gefühle. Aleyna stand schnaubend daneben und Aidan grinste uns entgegen. Ab hier, wird alles erst beginnen. 

Ende.

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt