Kapitel 11: Vergangenheit

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Wie ich auch schon gedacht hatte, kam ich kaum aus dem Bett und quälte mich unter die Dusche. Nachdem ich mich angezogen hatte, schminkte ich mich wie üblich und entschied mich heute dafür, meine Haare offen zu tragen. Aus meinen herum stehenden Umzugskartons kramte ich mir meine schwarzen Dr. Martens und eine Wollmütze Nana hatte sie gestrickt und mir zu Weihnachten geschenkt. Irgendwo lag auch der passende Schal dazu. Gähnend stolperte ich die Treppe hinunter und machte als erstes einen Abstecher zu Nana. Auf dem Weg begrüßte ich John und Louis, die auf dem Weg zum Kindergarten waren. "Guten morgen Mama", meine Mutter stand in der Küche und kochte schon einiges an Kräutern und Gemüsesorten zu einem Brei. Ich kannte Nanas Naturmedizin nur zu gut. Sie half gegen alles, war aber verdammt ekelig. Das schlimme daran war, dass ich als Kind fast immer kränkelte und das Zeug regelmäßig bekam. Ich schauderte bei dem Gedanken daran, es jemals wieder trinken zu müssen. "Morgen.", murmelte sie und ich hatte das Gefühl, dass sie mich eigentlich garnicht bemerkt hatte. Nana lag in ihrem Schlafzimmer und so setzte ich mich in den Schaukelstuhl neben ihrem Bett. "Guten Morgen Nana. Wie geht es dir?" "Hallo kleiner Wolf.", krächzte sie. Ich schluckte schwer. Sie sah so zerbrechlich aus und man roch deutlich, dass sie krank war. "Mir geht es schon deutlich besser, liebes." "Das ist gut zu hören, aber Mama kocht Eimerweise Medizin für dich." Sie schaute mich nur erschrocken an. "Bitte nicht, deine Mutter hat keine Gabe für so etwas wichtiges. Selbst als junger Wolf hat sie es nicht geschafft, alles richtig zu machen.", sie lachte kurz. "Du hingegen hast es früher schon richtig gemacht!" Nana legte ihre Hand auf meine. "Naja, ich hatte eine gute Lehrerin." "Papalapap, gute Lehrerin. Du hast Talent! Alice hab ich es immerhin auch gezeigt und sie versteht nichts davon." Wir fingen beide an zu lachen. "Was gibt es denn bei dir neues?" "Nicht so viel interessantes, Nana. Ich hab jetzt eine Freundin, ihr Name ist Nina." Nana schaute mich an, als wüsste sie, dass da noch mehr wäre. Als ich nichts weiter sagte, räusperte sie sich. "Du musst wissen, als ich der Mate deines Großvaters wurde, war ich gerade einmal 15. Wir lebten zusammen in einem Rudel und er war schon 18. Er merkte es nicht sofort, doch ich fühlte mich immer zu ihm hingezogen. Er hat mich in dieser Zeit oft verletzt und einmal tötete er sogar einen Menschen, weil er mich bedrängte. Es dauerte seine Zeit, doch wir heirateten und bekamen zwei wunderbare Kinder.". Ich hörte ihr gerne zu wenn sie über die Vergangenheit sprach, doch ich sah deutlich die Trauer in ihren Augen. Nicht nur verlor sie eines ihrer Kinder, sondern auch ihren so geliebten Mann, ihren Mate. Es muss furchtbar sein, diese Person zu verlieren. "Jedoch will ich dir damit nur sagen, dass es schwer sein kann, doch dass man immer zusammen findet, wenn man für einander bestimmt ist." Ich antwortete nicht, daraufhin sprach sie weiter. "Ich weiß, du willst deiner alten Oma nicht alles erzählen, aber du weißt, ich behalte all deine Sorgen für mich. Ich war immerhin selber einmal jung und wurde ein Mate." "Du bist doch nicht alt Nana.", ich zögerte etwas. "Also weißt du es?" "Dass Ethan Davis dein Mate ist? Das habe ich schon gespürt, bevor ihr beide es erst wusstet!" "Ach echt?", fragte ich neugierig. Ich wusste, dass Nana viele Talente hatte, ich hätte jedoch nie gedacht, dass sie so etwas erkennen kann. Sie fing an zu lachen. "Nein ehrlich gesagt nicht. Ich bin doch keine Hellseherin meine Liebe." Ich schaute sie nur verdutzt an. "Man Nana, ich glaub dir so einen Mist auch noch! Woher weißt du es denn dann?" "Als ich euch an Vollmond gesehen habe, so wie er in seiner Wolfsgestalt versucht hat dich zu betören und für sich zu gewinnen. Das hat mich an deinen Großvater und mich damals erinnert.", ihre Stimme war sanft und doch sprach die ernst. "Jenna. Ich möchte, dass du weißt, dass du besonders bist und aufpassen musst. Nicht nur weil du ein Omega bist! Es steckt so viel mehr in dir, du kannst aus dir heraus wachsen und doch musst du aufpassen. Habe aber keine Angst deinem Mate dein wahres ich zu zeigen. Er wird dich nämlich trotzdem lieben und sich für dich entscheiden!", sie fing stark an zu husten und in dem Moment kam meine Mutter ins Zimmer. "Jenna was machst du hier? Ab in die Schule!", fuhr sie mich an und widmete sich dann Nana.

Nachdem ich mich von Nana verabschiedet hatte, ging ich zurück in unsere Wohnung und machte mich fertig. Jace saß mit einer Schüssel Cornflakes und in Boxershorts auf der Couch. "Jace? Der Unterricht beginnt in 20 Minuten." "Mir egal", schmatzte er mir entgegen. "Ich bleib heute Zuhause." Ich verdrehte nur die Augen und schon klingelte es. Ich öffnete die Türe und starrte Ethan an. "Morgen.", grinste er. "Du fährst heute mit mir!" Bevor ich etwas sagen konnte, saß ich auch schon auf dem Beifahrersitz. Während wir zur Schule fuhren liefen einige gute Lieder, die Ethan einfach schief mit sang. Es machte unheimlich Spaß und als wir auf dem Schulparkplatz ankamen, nahm er mein Handy. "Hey!" Er tippte auf seinem Handy herum und kurze Zeit später, klingelte meins. "Erledigt." Er warf mir gezielt das Handy zu und stieg aus. "Warte mal. Hast du dir jetzt einfach meine Nummer eingespeichert?" "Ja hab ich, na und?" Er kam auf mich zu und drückte mich gegen das kalte Auto. Sofort schlug mein Herz schneller. Ethans Blick wanderte kurz zu meinen Lippen und dann wieder in meine Augen. Sein Ausdruck in den Augen fesselte mich. Bedrohlich? Verführerisch? Lustvoll? Oder doch sadistisch? Ich weiß nicht was er ausstrahlte, doch ich spürte das Verlangen. Ich biss mir auf die Unterlippe. Mein Körper handelte von alleine und zog ihn an seiner Jacke zu mir hinunter. Ich drückte meine Lippen auf seine. Er war überrascht, doch erwiderte sofort den Kuss. Seine Arme legten sich um meine Hüfte und er drückte mich heftiger gegen das Auto. Mein ganzer Körper prickelte. "Jenna", stöhnte er leise. Als wir voneinander abließen, küsste er mich noch einmal flüchtig. "Komm, wir sind spät dran.", er packte meine Hand und zog mich hinter sich her. Mein Gesicht war knall rot und ich konnte einfach nur an den Kuss denken. Was tust du nur Jenna?

Der Wolf in MirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt