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Er sah, dass Anna ihn mit großen Augen ansah. Samu wollte sie treffen, indem er vor ihr in der Vergangenheitsform sprach und das war ihm auch gelungen. Dicke Tränen kullerten ihr die Wange herunter. Jetzt wusste sie wenigstens, wie er sich fühlte, als sie ihn im Krankenhaus weggeschickt hatte. Anna verdrehte die Augen, ihre Beine sackten weg und sie kippte um. Sogleich beugte sich Ria über sie, die Sanitäter bahnten sich einen Weg durch die Menge und legten sie auf die Krankentrage. "Paska", dachte er. DAS hatte er nicht beabsichtigt. Er sang den Song tapfer zu Ende. Als der letzte Akkord verklungen war, beeilte er sich, sich vom Publikum zu verabschieden und zu bedanken. Dann stürmte er zusammen mit Riku ins Sanitätszelt, wo man Anna bereits einen Tropf verpasst hatte, doch sie war noch ohnmächtig. Ria funkelte ihn wütend an. "Scheiße, Haber, war es das, was du wolltest? Hat sie nicht schon genug gelitten? Wir sind hergekommen, damit ihr euch endlich aussprechen könnt, du verdammtes...." Das letzte Wort sprach Ria nicht mehr aus. Sie ballte die Hände zu Fäusten und hatte einen hochroten Kopf vor Wut. "Das wollte ich nicht", flüsterte Samu. "Verpiss dich", fauchte Ria ihn an.

"Komm Samu, wir gehen lieber", Riku fasste ihn an den Schultern und schob seinen Freund aus dem Zelt in den Backstagebereich. Dort ging Samu direkt an den Kühlschrank und nahm sich ein Bier heraus. Er ließ sich auf eines der Sofas fallen und starrte ins Leere. "Fuck", fluchte er laut. "Sie wird schon wieder", beschwichtigte Riku seinen Freund. "Ich muss dir etwas gestehen, Samu. Ria und ich haben das Ganze eingefädelt. Wir konnten und wollten uns nicht mehr mit ansehen, wie ihr beide Euch quält und gegenseitig vermisst. Wir dachten, das Konzert hier, sei eine gute Gelegenheit, damit ihr reden könnt und alles klärt, was zwischen Euch steht. Scheinbar war das keine so gute Idee", schloss er seinen Monolog. Samu war wütend, wütend auf sich selbst, er brauchte jetzt dringend eine Ablenkung. Er stand wortlos auf, ging in Richtung Dusche und nahm sein angebrochenes Bier mit. Als er fertig war, rief er sich ein Taxi und fuhr in einen Club, den er in Hannover kannte. Dort ließ er sich weiter an der Theke vollaufen und ging auf den erstbesten Flirtversuch mit einem Mädel ein.

ANNA

"Endlich", hörte ich Ria sagen. Ich lag auf dem Hotelbett und schaute in ihr erleichtertes Gesicht. "Ich dachte schon, du willst heute gar nicht mehr aufwachen und schläfst bis morgen früh durch." "Ria, was ist passiert?" Mein Kopf tat weh und mir war noch etwas schwindelig. "Du bist umgekippt, als Samu gesungen hat." Allmählich kamen die Erinnerungen wieder. Samu hatte mich absichtlich verletzen wollen und das war ihm auch gelungen. Die Mischung aus der Wärme in der Konzerthalle, meine allgemein schlechte Verfassung und schließlich der Song hatten dazu geführt, dass mein Körper scheinbar irgendwie den Schalter umgelegt und gestreikt hatte. "Und wie bin ich hergekommen?" "Zuerst waren wir im Sanitätszelt. Riku hat mir dann geholfen, dich herzubringen", erklärte Ria mir. "Und Samu?", wollte ich wissen? "Riku hat gesagt, dass er die Nerven verloren hat und abgehauen ist. Sie wissen nicht, wo er ist. Mikko tobt, weil sie schon morgen wieder nach Helsinki fliegen müssen und er Samu nicht finden kann. An sein Handy geht er auch nicht. Es kann wer weiß was passiert sein." Es klopfte an der Zimmertür. Ria ging zur Tür. Draußen stand Riku. Ria bat ihn herein und er setzte sich auf die Bettkante. "Moi Anna, miten voit?" erkundigte er sich nach meinem Befinden. "Menettelee", antwortete ich ihm. "Habt ihr Samu gefunden?" "Nein, wir haben keine Ahnung, wo er sich aufhält und ob es ihm gutgeht. Wir machen uns alle große Sorgen um ihn."

Ria rutschte nervös auf ihrem Stuhl hin und her. "Anna, würde es dir was ausmachen, wenn Riku und ich unten an der Bar etwas trinken gehen? Wir wollten ein bisschen reden." Ich zog die Augenbrauen hoch, winkte aber ab. "Geht ruhig. Ich bleibe liegen. Es wird schon wieder." "OK, danke, ich nehme mein Handy mit", versprach Ria mir, "wenn es dir schlechter geht, ruf mich bitte sofort an, ja?" "Mache ich. Geht schon." "Danke, du bist ein Schatz." Sie drückte mir einen Schmatz auf die Wange und verschwand zusammen mit Riku im Flur. Nach ein paar Minuten döste ich wieder weg.

...save me once again... (Anna & Samu Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt