SAMU
Bevor Samu runter zum Frühstück ging und die Gesellschaft der anderen ertragen konnte, nahm er einen kräftigen Schluck aus der Whiskeyflasche, die neuerdings immer an seinem Bett stand. So hielt er einen angenehmen Pegel, an dem er nicht völlig neben der Spur war, aber die Gedanken an Anna ihn auch nicht gleich wie einen schmerzhaften Tritt in den Unterleib trafen. Er vermisste sie und er konnte sich ihr Verhalten nicht erklären. Er malte sich die unmöglichsten Szenarien aus und zog sogar die Möglichkeit in Betracht, dass sie zu ihrem gewalttätigen Ex zurückgegangen war, dass er es geschafft hatte, sie wieder um den Finger zu wickeln. Er wankte zur Tür und nahm seine Zimmerkarte. Als er unten im Frühstücksraum des Hotels angekommen war, bemerkte Riku gleich, wie es ihm ging. „Ey Hapa, alles klar mit dir? Du scheinst mir ein bisschen neben der Spur zu sein. Wir fahren gleich zur Konzerthalle rüber. Ich hoffe, du schaffst den Tag heute." „Jaja", er winkte ab, "mach dir keine Sorgen, Kumpel, ich schaff es schon." Samu winkte ab und griff nach der Kaffeekanne. Mikko und die anderen Jungs sahen ihn prüfend an, sagten aber nichts. Nach dem Frühstück ging es rüber in die Halle. Samu schnappte sich eine seiner Gitarren und stimmte sie. Er hatte Kopfschmerzen und konnte ihren Klang kaum aushalten. Fahrig ging er sich mit der Hand durch die Haare und langte heimlich in die Jacke seiner Weste.
Dort hatte er sich einen „Schluck für zwischendurch" eingepackt. Schnell schaute er sich verstohlen um, trank einen Schluck und steckte das Fläschchen wieder ein. Wirklich besser fühlte er sich nicht, aber der Herzschmerz ließ ein wenig nach. So quälte er sich irgendwie durch den Tag bis zu Beginn des Auftritts. Beinahe hätte er beim ersten Song seinen Einsatz verpasst und bei „Beautiful" vergaß er den Text und musste improvisieren, aber zum Glück feierte das Publikum ihn und die anderen Jungs trotzdem. Seine Fans kannten jede einzelne Textzeile und retteten ihm quasi den Hintern, auch wenn er es sich selbst nicht so eingestehen wollte und würde. Nach dem Auftritt kam Mikko zu ihm. Er war sichtlich sauer: „Ey Hapa, was war das denn da auf der Bühne? Was ist los mit dir?" Samu senkte seinen Blick. „Ich weiß auch nicht, es ist....es ist", stammelte er, „wegen Anna. Sie meldet sich nicht mehr. Reagiert nicht auf meine Anrufe und SMS, dabei war alles super, als sie aus Helsinki abgereist ist. Wir waren glücklich. Ich liebe sie, Mikko, verstehst du das? Ich habe Angst und ich mache mir Sorgen. Sobald ich auch nur die geringste Zeitlücke sehe, muss ich zu ihr. Bitte versuch, mich irgendwie mindestens 2 Tage freizuschaufeln. Ich werde sonst verrückt." Er hatte sich richtig in Rage geredet und fuchtelte wild mit den Armen. Mikko sah, wie verzweifelt er war. „Ok, Samu, ich sage dir Bescheid. Ich versuche, ein bis zwei Termine abzusagen und dich irgendwie freizumachen, aber ich verspreche nichts." „Danke, Mikko. Das bedeutet mir wirklich viel."
ANNA
Zwei Tage später saß ich meiner Frauenärztin gegenüber. „Herzlichen Glückwunsch, Frau Hausmann, ihr Verdacht hat sich bestätigt, sie sind schwanger." Wirklich überrascht war ich nicht. Die Anzeichen waren schließlich eindeutig. Ich hatte mich ja schon mit dem Gedanken angefreundet, bald eine alleinerziehende Mutter zu sein. Sie gab mir noch verschiedene Infobroschüren und die ersten Ultraschallbilder mit und verabschiedete mich. „Wir sehen uns in 4 Wochen zur nächsten Untersuchung." Ich trat hinaus in die kalte Winterluft, die ersten Geschäfte hatten bereits ihre Weihnachtsdeko herausgeholt und überall leuchteten die Licherketten. Ich warf einen Blick auf die Ultraschallbilder. Bei dem Gedanken an Weihnachten zog sich mein Magen zusammen. Wie gern hätte ich mit Samu zusammen gefeiert, aber es sollte nicht sein. Ich würde mit meiner Familie unter dem Weihnachtsbaum sitzen und musste ihnen irgendwie erklären, dass ich schwanger bin. Bei der Frage nach dem Vater des Kindes musste ich mir irgendetwas einfallen lassen. Zu groß war das Risiko, dass sich jemand verplapperte und die Öffentlichkeit davon erfuhr.
Ich wollte Samu auf jeden Fall daraushalten. Wenigsten würde ich in ein paar Tagen in meine neue Wohnung können. Ich beschloss, ein wenig durch die Geschäfte zu bummeln und die ersten Kleinigkeiten zu besorgen. Der Weihnachtsmarkt hatte auch bereits geöffnet und von überall stieg mir der köstliche Glühweingeruch in die Nase. Nicht mal den durfte ich trinken. Ich gönnte mir einen Kinderpunsch an einem der Stände, weil mir wirklich kalt war und wärmte mich damit auf. Aus der Entfernung glaubte ich Tim zu sehen. Ich versteckte mich hinter der Ecke der Glühweinbude und schaute nochmal hin. Er war es tatsächlich. Schnell trank ich meinen Becher aus, holte mir das Pfand zurück und eilte nach Hause in der Hoffnung, er hätte er mich nicht gesehen. Wie ein Verbrecher auf der Flucht schaute ich mich immer wieder um, aber ich sah nichts. Erleichtert steckte ich den Schlüssel in die Haustür und eilte nach oben in Ria's Wohnung. Ich lud meine Einkäufe ab, zog meine Jacke aus und kochte mir einen Tee als es klingelte. Wer konnte das sein?
SAMU
Samu saß im Auto. Er war zuletzt mal wieder in Dortmund gewesen und Mikko hatte es irgendwie geschafft, ihn für 2 Tage aus den ganzen Terminen rauszuholen. Er hielt es einfach nicht mehr aus. Er musste unbedingt mit Anna sprechen, musste wissen, wieso sie ihn ignorierte und ihre gerade erst begonnene Beziehung beenden wollte. Er konnte es sich einfach nicht erklären. Sie blockte jeden seiner Anrufe, meldete sich nicht auf seine Nachrichten zurück. Er hatte Riku solange bearbeitet, bis er ihm die Adresse von Ria's Wohnung gegeben hatte. Wenigsten schien sie in Sicherheit zu sein und hatte jemanden, der auf sie aufpasste. Diese Tatsache beruhigte ihn etwas. Noch ein paar Minuten, dann war er endlich da und bekam vielleicht Antworten auf all die Fragen, die in seinem Kopf herumschwirrten, ihn seit Tagen nicht schlafen ließen.
ANNA
Ich ging zur Tür, vielleicht hatte Ria ja etwas bestellt und es war der Paketbote. Als ich sie öffnete, traf mich der Schlag und ich bekam augenblicklich Herzklopfen, vor Angst. Draußen stand Tim. „Hallo mein Schatz, hast du mich vermisst?", lallte er. Offensichtlich war er betrunken vom Glühwein und mir doch unauffällig bis zu Ria's Wohnung gefolgt. „Verschwinde Tim, es ist vorbei." Ich versuchte, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen, doch er stellte einen Fuß vor und die Tür prallte daran ab. Er machte einen großen Schritt vor und stand nun mit ca. 10 cm Abstand vor mir und baute sich vor mir auf. Ich roch seinen Atem, er hatte wohl nicht nur einen Glühwein gehabt. Angst überkam mich und meine Beine wurden weich. Ich konnte mich nicht bewegen. „Du bist wirklich eine kleine miese Schlampe, weißt du das? Krallst dir einen kleinen reichen Rockstar, obwohl du noch verheiratet bist und holst heimlich deine ganzen Sachen aus unserer Wohnung. Ist das der Dank für alles, was ich für dich getan habe?" „Verschwinde, oder ich hole die Polizei." Endlich hatte ich meine Stimme wiedergefunden. „Das machst du nicht." Er lachte und stieß mich weiter in die Wohnung. Er holte aus und schlug mir ins Gesicht, sodass ich ins Wanken geriet. Meine Wange brannte. Dann holte er erneut aus und boxte mir mit voller Wucht in den Bauch. Mir blieb die Luft weg, ich riss die Augen auf und ging zu Boden. Tränen schossen mir in die Augen. Mein Baby...
„Lass sie ihn Ruhe, you fucking asshole", hörte ich eine mir vertraute Stimme? Samu? Was machte er hier. Ich lag dort und sah verschwommen, wie Samu Tim wegriss, ihm eine verpasste und ihn nach draußen trat. „Verpiss dich und komm ihr nicht nochmal zu nahe, verstanden? I'll kill you." Samu warf die Wohnungstür zu, kniete sich neben mich und holte sein Handy hervor. Er rief einen Krankenwagen. „Anna? Sag doch was bitte." Er hatte Tränen in den Augen und streichelte mein Gesicht. „Samu", wimmerte ich. „Es tut so weh." „Der Krankenwagen kommt gleich, sydämeni, ich bin jetzt bei dir. I'm here." Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und beugte sich über mich. Fest nahm er mich in den Arm. Endlich klingelte es. Er öffnete die Tür und ließ die Sanitäter rein, dir sofort sahen, dass ich zwischen den Beinen stark blutete. Sie hoben mich auf die Trage, legten mir einen Tropf an und trugen mich in den Krankenwagen. Samu stieg ebenfalls hinten mit ein und hielt die ganze Zeit meine Hand an seinem Gesicht. Immer wieder küsste er sie und weinte dabei die ganze Zeit. „Warum hast du dich nicht gemeldet, Anna, du fehlst mir so. Rakastan sinua, ich kann nicht aufhören, an dich zu denken." Als wir ankamen, wurde ich sofort in den OP gebracht. Samu blieb zurück. Ich sah ihn, wie er dort stand und weinte.
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...save me once again... (Anna & Samu Teil 1)
RomanceDiese Geschichte nimmt an den Wattys2021 teil in der Kategorie Fanfiction. Wer sie mag, lässt gern ein Sternchen da. Vielleicht hilft es ja. Vielen Dank im Voraus für Eure Unterstützung. :))) Eure Sunriserfinnlove ___________ Anna ist in einer gewal...