Prolog

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Wieso war eigentlich alles so beschissen? Patrick starrte auf die zusammengetackerten Blätter und die 3 MSS-Punkte die groß oben rechts standen. Er hatte gelernt, verdammt und nicht nur einen Tag vorher, nein er hatte dieses Mal eine Woche vorher angefangen, weil er wusste, dass er in Mathe eine Niete war und trotzdem hatte es nichts gebracht. Frustriert drehte er die Blätter um, damit er diese Scheiße nicht mehr sehen musste. Wie sollte er das bitte seinen Eltern erklären?

„Was hast du?“, fragte eine Stimme neben ihm und seufzend schob er die verhauene Arbeit zu seinem neugierigen Sitznachbarn. Blätter raschelten und Patrick legte deprimiert seinen Kopf auf dem Tisch ab und beobachtete wie Manuel seine Brille zurechtrückte, um die Note betrachten zu können. Für einen kurzen Moment schien es so als würden seine grünen Augen freudig aufleuchten. Es war schon irgendwie komisch, dass sein Sitznachbar mit den grünen Augen sich immer zu freuen schien, wenn andere schlechter waren als er, was so gut wie immer der Fall war. Manuel stand überall auf 15 Punkten und heulte rum wenn er 14 oder, Gott bewahre, nur 13 Punkte hatte. Wenn er nur 13 Punkte hatte, war seine sowieso schon bescheidene Laune noch mehr im Keller und das sollte was heißen. Aber am allerschlimmsten war die Laune des Grünäugigen, wenn andere besser waren als er, dann sollte man sich in Sicherheit bringen, denn dann können Blicke wirklich töten. Patrick selbst hatte diesen todbringenden Blick noch nie zu spüren bekommen und das würde auch niemals der Fall sein. Betrübt blickte er auf die Arbeit seines Nachbarn. 15 Punkte, Unterschrift des Direktors und trotzdem hatte Patrick das Gefühl der Einserschüler neben ihm war erst richtig glücklich gewesen, als er seine verkackte Arbeit gesehen hatte. „Mach dir nichts draus, ist doch nur eine Arbeit und das Jahr hat doch erst angefangen“, fing Manuel an und Patrick fand das sein Mitleid irgendwie unecht wirkte. Nicht, dass er unbedingt Mitleid haben wollen würde, aber auf falsches konnte er definitiv verzichten. Bildete Patrick es sich nur ein oder hatten die Augen seines Sitznachbarn sich hinter der schmalen Brille kurz verengt? „Hey, wenn du möchtest kann ich dir etwas helfen.“

„Was?“, hatte Patrick sich verhört? Hat Manuel ihm gerade angeboten ihm zu helfen? Das konnte nicht sein. Das passte so gar nicht zu ihm. Ein Schnauben ertönte.

„Ist das jetzt wirklich so erstaunlich, dass du gleich ungläubig nachfragen musst?“, Manuel schien wirklich verletzt zu sein. Ach Mist, da bietet der beste Schüler der Stufe ihm seine Hilfe an und er verhielt sich so bescheuert.

„Sorry, es ist nur etwas ungewohnt?“, erklärte Patrick vorsichtig. „Ich meine, dass ist nicht die erste scheiß Note, die ich geschrieben habe -das wissen wir beide-, also warum willst du mir jetzt plötzlich helfen?“

„Weil die Noten ab jetzt fürs Abitur zählen“, sagte Manuel und zuckte mit den Schultern. Patrick wollte etwas sagen, aber dann klingelte es und Manuel schulterte seinen Rucksack. „Wenn du nicht willst, dann halt nicht.“

„Nein, warte!“, schnell griff Patrick nach Manuels Handgelenk was diesen dazu veranlasste stehenzubleiben und abwartend zu ihm zu schauen. „Du bist meine Rettung, wenn ich mit dir lernen darf, werden meine Noten bestimmt besser. 7 Punkte würden mir schon reichen, selbst mit 6 wäre ich zufrieden!“ Wenn jemand Patrick helfen konnte, dann war es Manuel. Manuel war zweifelsohne intelligent und ehrlich gesagt wunderte es Patrick, dass der Grünäugige nie eine Klasse übersprungen hatte, denn das Zeug dazu hatte er. Vielleicht könnte er mit Manuels Hilfe auf stabile 8 Punkte kommen. Das würde ihm schon reichen. Patrick sah bittend zu Manuel und dieser sah ihn eine Weile lang an, dann verzogen seine Mundwinkel sich zu einem leichten Lächeln.

„Auf 6 Punkte bekommen wir dich schon, vielleicht auch auf stabile 8“, grinste Manuel und Patrick freute sich. Manuel hielt stabile 8 Punkte also auch für möglich, also glaubte der Grünäugige wenigstens ein kleines bisschen an ihn. Vielleicht war ja doch nicht alles so beschissen wie er zuerst dachte. Manuel und er verabredeten sich für ihre gemeinsame Freistunde, die sie in der achten hatten und würden die kleine Pause zwischen den ätzenden Fächern wohl dazu nutzen für eins der ätzenden Fächer zu lernen. Das würde bestimmt seltsam werden die Freistunde mit Manuel zu verbringen. Er kam zwar mit ihm klar und sie hatten auch relativ viele Kurse gemeinsam (fünf um genau zu sein), aber sie waren nicht wirklich miteinander befreundet. Also schon irgendwie, auf dieser Ebene auf der man sich auf dem Gang grüßt, oder nach Hausaufgaben fragt oder über Lehrer herzieht, aber richtig befreundet waren sie nicht. Patrick verbrachte seine Pause lieber draußen mit seinen Freunden und Manuel saß mit seinen Freunden meistens in einem der MSS-Räume. Es würde auch witzig werden seinen Freunden zu erklären, dass er die Freistunde mit Manuel drinnen verbringen würde und Manuels Freunde würden es bestimmt auch seltsam finden.

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