reflection / Levi x oc

003

Nach einer kurzen Zeit des Wartens, sammeln sich immer mehr Jugendliche auf dem Platz und scheinen teils sehr nervös zu sein.
Für mich sind alle Gesichter neu, denn auch wenn sie schon seit ein paar Tagen bei uns sind, ist das hier das erste Training.
Ich unterhalte mich mich mit niemandem, wozu denn auch? Ich will wieso keinen großen Wert auf Freundschaften legen.

"Alle auf Position!", höre ich eine bekannte Stimme schreien. Die Stimme gehört dem Hauptgefreiten. Wem auch sonst?

Alle von uns stellen sich in einer Reihe vor dem Corporal auf und salutieren.
Pff, nervt mich das alles.

"Ich gehe eure Namen durch.", kommt auch von ihm und er fängt an ein paar Namen aufzuzählen.
Ich mache mir keine Mühe, mir sie zu merken.
Brauchen würde ich sie ja sowieso nicht.

Ich bin einer der Letzten, irgendwann komme ich dann auch an die Reihe. "Smith, Lia?"
"Jawohl!", rufe ich in einem selbstsicheren Ton zurück.
Neben mir sehe ich dumme Blicke oder höre Getuschel, man kann sogar ein paar Sätze aufgreifen, wie 'Wie der Kommandant?!' oder 'Ist das seine Tochter?!'
Mir soll das alles am Arsch vorbei gehen...

"Hab ich euch gestattet zu sprechen?!", ruft unser Vorgesetzter. Fast im Gleichklang ertönt ein "Nein, Captain!"
Ich sage einfach gar nichts.
Man merkt schon in diesem Moment, wie viel Respekt alle vor dem Corporal haben.
Schon amüsant, welche Angst ein so kleiner Mann, allein mit seinem Blick ausrichten kann.

"Heute beschäftigen wir uns mit Nahkampf. Sucht euch einen Partner!"
Wenn ich genau hinsehe, sind wir eine ungerade Zahl.
"Captain, wir sind einer zu viel!", sage ich schließlich.
"Tch, hast du keinen Partner?", fragt er sichtlich genervt. Ich schüttele meinen Kopf.

"Dann kämpfst du halt mit mir.", ist seine endgültige Antwort auf meine Bemerkung.
Mir solls recht sein, mal sehen, ob er wirklich so stark ist.

Es geht ein Raunen durch die Menge. Ich verdrehe nur meine Augen. Ich merke auch, wie immer mehr Kadetten zusehen. Natürlich gehen alle davon aus, dass ich verlieren werde, schließlich ist der sogenannte ,'Stärkste Krieger der Welt' mein Kampfpartner. Aber so leicht zu besiegen bin ich nun auch mal nicht.
Mein Gegenüber und ich nehmen Kampfpositionen ein. Ich lasse ihm keine Zeit und renne auf ihn zu, was er nicht erwartet hat, trotzdem weicht er aus, bevor meine Faust sein Ohr trifft. Hätte ich es getroffen, hätte ich sein Gleichgewicht durcheinander gebracht.

Er ergreift die Chance und zieht mich an meinem Pferdeschwanz nach hinten.
Wofür brauche ich überhaupt diese Haare?!
Ich greife seine Hand an meinem Kopf, drehe mich in seine Richtung und kicke mit meinem Knie in seine Weichteile.
Pah, auch Männer haben Schwachstellen.
Seine Augen werden groß und er lässt für einen Moment los. Die 'Zuschauer' ziehen die Luft ein.

"Tch, dummes Balg...", hört man ihn flüstern.
Er rappelt sich wieder auf und sieht mich emotionslos an.
Er scheint mich wohl unterschätzt zu haben.
Nun ist er es, der auf mich zukommt und ehe ich gucken kann, liege ich mit dem Bauch auf dem Boden, er auf mir drauf, meine Hände zurück haltend. Ich sehe Blut vor mir auf dem Boden. Mist, meine Nase blutet! Wehe die ist gebrochen!
Ich nehme meine Kraft zusammen und drehe uns, so dass ich auf ihm liege.
Wie hab ich das denn geschafft?!
Ich schlage ihm mit der Faust ins Gesicht, genau gegen den Kiefer. Wir rangeln auf dem Boden, bis er mich wieder auf den Boden drückt.

Dann wird die Menge mit einem Mal still und alle salutieren. "Was passiert hier gerade?!", erkundigt sich eine mir zu bekannte Stimme.
Pff, das hat jetzt auch noch gefehlt, es wurde gerade so spannend!
Mein Vater muss natürlich stören.
Der Corporal, der gerade über mir ist, lässt ab und stellt sich hin. Er hält mir eine Hand hin, die ich annehme. Als ich stehe, wische ich mir mit dem Handrücken mein Blut von unter der Nase. Ist ja ekelig...
"Kommt nach dem Training in mein Büro... beide von euch.", befehlt mein Vater und geht wieder weg. Was war das denn jetzt?
"Was guckt ihr so?!", gaffe ich die Zuschauenden an.
Sie wenden schnell ihre Blicke ab. Genervt klopfe ich mir die Hose ab.
"Was steht ihr noch rum?! Kommt in die Gänge!", ruft unser Captain und alle wenden sich ihrem Partner zu.
Er sieht mich an:"Smith, du kannst gehen."
Ich nicke und gehe.
Als erstes gehe ich, auch wenn es nervig ist, zu Hanji, damit sie sich meine Nase ansehen kann.
Kurze Zeit später stehe ich also vor ihrem Büro und klopfe an. "Wer ist da?", höre ich von innen.
"Ich bins." Sie kichert:"Ich kenne kein Ich bins!"
"Man Hanji!", meckere ich und gehe einfach rein.

Als sie mich sieht, ist sie ein wenig überrumpelt.
"Gottchen, was ist denn mit dir passiert?!"
"Wir haben Nahkampf trainiert. Falls du fragst, es war der Hauptgefreite." Ich verdrehe meine Augen bei dem Gedanken an ihm.
"Levi hat dich so zugerichtet??!", fragt sie ganz außer sich. "Aber das hast du dir doch nicht gefallen lassen, oder??"

"Natürlich nicht. Ich erzähl dir alles, aber kannst du dir bitte mal meine Nase ansehen?"
Sie nickt strahlend und zeigt auf den Stuhl gegenüber von ihr.
Wie kann man nur so motiviert sein?

Als sie meine Nase untersucht, zucke ich nicht einmal mit der Wimper. Natürlich tut es weh, aber trotzdem ist dies kein Schmerz, für den man einen Aufstand machen müsste. Seelischer Schmerz ist viel Schlimmer als körperlicher.

Schon während Hanji meine Nase säubert, erzähle ich ihr alles, damit sie später nicht nachfragen wird.
"Und Erwin will euch beide gleich sprechen?"
Ich nicke genervt. Unnötiger Aufstand halt.
"So, deine Nase ist nicht gebrochen, du solltest sie nur ein wenig schonen. Ich hab dir eine Salbe draufgemacht. Wunder dich nicht, es bleiben blaue Flecken zurück."
Na toll.
Ich bedanke mich bei der Frau und gehe auf den Flur. Das Training müsste ungefähr jetzt zu Ende sein, also beschließe ich mich schonmal, zum Büro meines Vaters zu begeben.
Bah, bin ich dreckig und das nach der ersten Trainingseinheit. Wenn mein Vater fertig mit meckern ist, geh ich mich erstmal gründlich schrubben.
Ich sehe meinen Trainer gerade in das Büro gehen, also mache ich es ihm gleich und gehe einfach hinter ihm durch die Tür.