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Lia p.o.v.

Nach dem Essen gehe ich mit meinen Kameraden zum Training. Armin fragt zwar, warum ich so schlecht gelaunt bin, allerdings antworte ich, dass ich diese Frage nicht beantworten möchte.
Jean läuft neben mir und grinst die ganze Zeit.
Oh nein, ich habe ihm doch deutlich gemacht, dass ich nichts von ihn will. Warum guckt er so bescheuert?
Angekommen, erwartet Levi uns schon, der mich quasi schon mit seinem Blick durchbohrt.
Aus Provokation, hake ich mich bei Jean ein, was ihm natürlich gefällt, mir aber egal ist.
Levi hingegen, guckt anstatt sauer, so wie ich es ewartet habe, traurig weg und stellt sich vor die neuen Mitglieder seiner Einheit.
...

Das Training war nicht wirklich anstrengend für mich, was die anderen allerdings nicht für sich behaupten können.
"Lia, können wir reden?", fragt eine Stimme hinter mir, die dem Korporal gehört.
Reden? Ist das sein Ernst?
"Entschuldige bitte Hauptgefreiter. Ich gehe jetzt zum Mittagessen. Heute gibt es Kartoffeln mit Hähnchen, oder Sasha?!", gebe ich ihm als Antwort und bekomme eine laute Zustimmung von dem Kartoffelmädchen. Fleisch gibt es im Aufklärungstrupp wirklich unglaublich selten.
Er atmet hoffnungslos aus und geht in die Richtung der Pferdeställe.
Wenigstens nicht in meine Richtung.
Wahrscheinlich verhalte ich mich so provokativ, weil ich ihm einfach deutlich machen möchte, dass ich tun und lassen kann, was ich will, so lange ich niemandem damit schade. Vielleicht überspiele ich so aber auch einfach meine Trauer. Vielleicht hätten wir uns, bevor wir irgendetwas begonnen haben, einfach besser kennenlernen sollen.

Bei den Tischen im Speisesaal, esse ich mein Essen nur zur Hälfte, da ich keinen großen Appettit habe. Naja, Sasha freut sich darüber, da ich ihr den Rest gebe.
Ich spüre, dass sich eine Person neben mich setzt und stelle überrascht fest, dass es Reiner ist. Leicht verwirrt sehe ich ihn an.

"Sag mal Smith. Willst du mich heiraten?", fragt er komplett ernst und überzeugt von sich.
Was denkt er sich? Bist du dumm?

"Lass mich kurz überlegen... mhhh... nein.", gebe ich als Antwort auf seine dumme Frage und setze ein ironisches Lächeln auf.
Ich beobachte, dass er niedergeschlagen weg guckt, nur um zu bemerken, dass Bertholdt neben ihm sitzt. Warum müssen alle so nerven? Und wieso wollen so viele was von mir?

Ich entschuldige mich, da ich für mich allein sein möchte. "Lia, was ist los? Du bist heute irgendwie...anders.", merkt Eren mir noch an, weshalb ich ihm kalt in die Augen sehe. "Pff, Jäger. Ich bin wie immer.", erkläre ich dem Titanenwandler kurzer Hand und bekomme dafür einen wütenden Blick von Mikasa. Ich kann nichts tun, außer lügen. Ich kann niemandem von meinen Problemen erzählen, weil ich verdammt noch mal Gefühle für den besten Freund meines Vaters hatte. Moment... hatte? Pff, ich hab diese Gefühle immer noch, aber das ist alles so lächerlich!

Ich mache auf dem Absatz kehrt und laufe die großen Flure des Hauptquatiers entlang. Meine Augen fangen an zu brennen und ich merke, wie sie sich mit Tränen füllen. Was? Ich heule schon wieder? Macht mich dieser kleine Mann wirklich so fertig?

I-Ich will nicht allein sein. Ich brauche seine Nähe. Pah, wir sind gerade mal einen Tag getrennt, ich-                                                                                                                    Ich kann nicht weiter nachdenken, da ich in eine sehr große Person laufe, die sich leicht erschreckt. Ich sehe die Person an und erkenne meinen Vater. Paps...      "Hey, was ist pa-", weiter kommt er nicht, da ich meine Arme ausstrecke und ihn umarme. Ich brauche das jetzt. In solchen Momenten, vermisse ich meine Mutter wirklich sehr, aber das tolle Leben wollte sie ja nicht mehr und schickte sie fort.

Ich drücke mein Gesicht fest gegen die Brust meines Vaters und fange an zu schluchzen. Er scheint ein wenig überfordert zu sein, streichelt dann aber meinen Kopf mit der einen Hand und mit der Anderen umarmt er mich zurück. "Schhh... Was ist denn los?", fragt der Kommandant ruhig, aber immer noch verwirrt. Ich kann mich nicht an das letzte Mal erinnern, dass ich ihn so umarmt habe, aber es tut gut.

"Das Leben ist scheiße. Sag mal... Was hast du damals gemacht, wenn Mama und du euch gestritten habt? Hat sie dir dann verziehen?", murmele ich die Frage in seine Uniform, die frisch riecht und warte auf seine Antwort. Papa atmet tief ein und aus und muss kichern.

Oi, ist das lustig oder was? "Papa! Warum lachst du?", will ich wissen und sehe hoch in die blauen Augen, die zu mir runter gucken. "Es ist nur so... Levi wollte heute morgen auch so etwas Ähnliches von mir wissen und-"

"Levi also...", flüstere ich leicht und gucke wieder runter. Ob er wohl dabei an mich gedacht hat... Bin ich ihm denn so wichtig?

"Oh! Uhm, aber bitte erzähle niemandem davon. Ich... Ich hätte das nicht erwähnen sollen.", sagt er und tritt etwas peinlich berührt von mir weg. "Keine Sorge.", verischere ich ihm und gucke ihm mit einem leeren Blick an. 
"Hey... ich muss jetzt leider weiter, aber wenn etwas ist, dann kannst du dich auf mich verlassen. Ich denke es ist wichtig, dass wir uns als Vater und Tochter helfen, denn es sind ja nur noch wir beide...", sagt er liebevoll und geht.

Er hat mir die Frage gar nicht beantwortet. Egal, was solls.

Ich reibe mir über die Augen und gehe still zu meinem Zimmer, nur um mir mein Gesicht und meine Hände zu waschen.

Ich frage mich, wie die Operation verlaufen wird. Schließlich muss ich mich ja auch auf wesentliche Dinge konzentrieren. Ich darf mich nicht weiter von meinen Emotionen leiten lassen und das weiß ich auch genau. Eigentlich bringt es nichts, wenn man Menschen liebt, wenn man immer Angst haben muss, sie zu verlieren und dann um sie trauert. Es macht jemanden doch wirklich nur kaputt.

Nach kurzer Zeit mache ich mich auf den Weg zu Hanji. Sie muss mittlerweile auch fertig gegessen haben und in ihrem Büro sein. Ich klopfe also an der Tür und werde herein gebeten. Die Abteilungsführerin sitzt an ihrem unordentlichen Schreibtisch, der ebenfalls von herumliegenden Sachen umhüllt ist. Ekelhaft.

"Oh Lia, was bereitet mir die Ehre?", fragt die Braunhaarige und sieht mich lächelnd an. Ich antworte nicht auf ihre Frage, sondern gehe zu ihr und gucke ihr ins Gesicht. "Hanji. Eigentlich wollte ich nur mit dir reden, aber...", ich atme aus. "Zu erst räumen wir diesen Saustall auf!"

Ich nehme ihren Arm und ziehe sie hoch, damit sie aufsteht. Jetzt sieht sie entsetzt zu mir runter und schmollt. Moment, wie alt war sie noch gleich? 32? Also dafür kommt sie mir manchmal wirklich kindisch vor, so wie jetzt. "Ach komm schon, aufräumen macht dir doch auch keinen Spaß!", beklagt sie sich.
"Tja, ich kann aber nicht still sitzen, wenn es nicht sauber ist, das weißt du doch."

Nach einer kurzen Diskussion, gibt sie sich schließlich geschlagen und wir säuberen ihr Büro.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt