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Lias p.o.v.

Ymir, Connie und Sasha brechen in schallendes Gelächter aus. "Du bist größer als der Hauptgefteite?!", fragt Connie belustigt nach. Ich muss ebenfalls grinsen. "Das bin ich tatsächlich. Ich muss wohl in den paar Monaten etwas gewachsen sein.", gebe ich als Antwort zurück. Ich kann von Glück sprechen, dass die anderen nicht gehört haben, was Levi zu mir gesagt hat. Es wäre etwas darüber gesagt worden, da bin ich mir sicher.

"Ich komme immer noch nicht darauf klar, dass der Hauptgefreite eine gefühlvolle Seite hat.", sagt Eren. "Ich traue dem ganzen nicht wirklich.", fügt auch Mikasa ihre Gedanken hinzu. Ich schüttele seufzend meinen Kopf. "Er ist auch nur ein Mensch, genauso wie ihr."
Armin nickt zustimmend.

"Wenigstens ist er dir kräftemäßig überlegen.", murmelt Jean seufzend und stützt seinen Kopf auf seiner Hand ab. Es kommt fast so rüber, als würde er sich zwingen gute Dinge an Levi zu finden. "Bist du dir da so sicher?", frage ich und ziehe eine Augenbraue hoch. "Im Nahkampf komme ich selbst bestens klar."

"So eine Kleine wie du besitzt doch keine starke Kraft.", sagt er und sieht gedankenverloren auf sein Essen. Ist das sein Ernst?
Vielleicht hat er ja einen schwachen Eindruck von mir, weil er mich ,,retten" musste.

"Was? Soll ichs dir beweisen, Pferdefresse?", frage ich provozierend nach. "Lass uns kämpfen.", fordere ich ihn heraus. "Pff, du bist verletzt.", kommt immer noch ohne viel Motivation aus seinem Mund. "Da- Das sehe ich auch eher als unangemessen, Lia.", mischt sich nun Armin ein.
Könnte ich mich nicht verteidigen, wäre ich schon mindestens zwei mal vergewaltigt worden, verdammt.

"Wir haben es doch alle gesehen, Jean. Sie hat mich beim Training besiegt und konnte sogar mit Korporal Levi mithalten. Das würde niemand von uns schaffen. Nichtmal Eren in seiner Titanenform.", mischt sich Mikasa ein und spricht das erste mal in meiner Gegenwart für mich.
"Da gebe ich Mikasa recht!", kommt nun von Connie. "Ich würde mich nicht mit Lia anlegen, we-", sagt Sasha, doch wird unterbrochen.

"Ist ja gut! Ich habe es verstanden! Ich-", begreift Jean endlich. "Ich habe nur etwas Angst um dich.", flüstert er mir schlussendlich zu. Die anderen wissen nicht, dass Jean Gefühle für mich hat, was sie auch nicht unbedingt mitbekommen müssen.
"Keine Sorge.", sage ich und klopfe ihm auf die Schulter. Ich nehme meine Krücken und stehe vom Tisch auf. Ich hebe meine Schüssel vom Tisch und versichere ihm:"So leicht verrecke ich schon nicht." Ich lächele ihn schelmisch an und bringe verlangsamt die Schale weg. Mein Bein ist schließlich auch noch nicht ganz verheilt und es lässt sich nur schwer etwas tragen, wenn man sich mit beiden Händen abstützen muss.
Mein Handgelenk war auch angebrochen, aber nach der Zeit ist es auch schon fast komplett verheilt. Ich trage den Verband nur noch als Stütze. Eigentlich wäre ich auf einen Rollstuhl angewiesen, aber das ist wirklich das Letzte was ich will.

Ich glaube Jean hat sich den Arm verstaucht und Connie hat sich einen oder zwei Finger gebrochen. Schwerverletzte gibt es unter meinen Freunden also nicht. Nun ja, dann bin da halt noch ich.
Was für eine Schande.

Levi hat gesagt, er hätte viel zutun, weswegen ich ihn nicht stören möchte. In der Zeit nach der Expedition, habe ich übrigens darauf verzichtet bei ihm zu schlafen, da ich nicht die ganze Zeit in seinem Bett rumliegen wollte. Das hat sich irgendwie bis heute gezogen. Es gab aber auch Nächte, die Levi bei mir verbracht hat. Zum Beispiel als wir bis spät abends in meinem Zimmer geredet haben oder ich mich einsam gefühlt habe.

Ich habe schon wieder ein flaues Gefühl im Magen. Es ist allerdings nicht so, dass ich mich übergeben muss. Zum Glück. Ich werde ja schließlich noch meine Rationen essen können, ohne sie direkt wieder auszuscheiden.
"Smiii!", ertönt Hanjis Stimme hinter mir. Ich bleibe stehen und drehe mich in ihre Richtung. Die Fackeln an den Wänden erleuchten die Gänge. Es ist Herbst und es ist um diese Uhrzeit noch düster draußen.
Hanji bleibt vor mir stehen und ist etwas aus der Puste. Sie ist zu mir gerannt, obwohl ich sowieso nicht schnell weg kann. "Was ist los?", frage ich etwas verwirrt. "Du-", sie atmet aus und räuspert sich. "Du hast doch nicht vergessen, dass heute Kontrolle ist? ", fragt sie mich und verschränkt ihre Hände hinter dem Rücken. Ach ja, da war ja was.

"Hör zu, können wir das ausnahmweise nicht heute Abend machen, sondern irgendwann über den Tag?", will ich direkt von dem Abteilungsführer wissen. Ich werde heute Abend wahrscheinlich keine Zeit haben. Es kommt ja auch darauf an, was Levi geplant hat. Ein schelmisches Grinsen geht von der Älteren aus.
"Hast du heute abend etwas vor, oder warum willst du es verschieben?"
"Hanji! Kannst du mir nicht einfach die Frage beantworten?", frage ich noch einmal etwas.
Sie fängt an zu lachen. "Natürlich, natürlich. Wenn du jetzt mitkommst, kann ich dich jetzt untersuchen."
Irgendwie kommt sie mir verdächtig vor...
Ich nicke und gehe mit ihr zu ihrem Büro.

"Fühlst du dich soweit gut?", fragt Hanji mich und schließt die Tür auf. Wir treten ein.
"Ich fühle mich eigentlich ganz gut. Die ständige Kotzerei nervt nur.", antworte ich wahrheitsgemäß. Ich setze mich auf das kleine Sofa und lehne meine Krücken an der Lehne ab. "Tut dein Handgelenk noch weh?", fragt sie weiterhin und löst den Verband von meinem linken Arm. "Nein... können wir den Verband dann auch ablassen?" Hanji kichert ein wenig.
"Können wir.", bekomme ich als Antwort, was mich definitiv erleichtert. Das ständige Jucken und Schwitzen ist einfach nur nervig.

"Mein Bein habe ich heute morgen neu gewickelt. Da muss ich wohl noch Geduld haben.", sage ich und deute auf mein Bein. Sie nickt.
"Leg dich hin. Jetzt ist dein Bauch dran."
Auf diese Anweisung hin, lege ich mich hin, so dass mein Kopf auf der Lehne ruht.
Die Brillenträgerin schiebt meinen Pullover etwas hoch und muss lächeln. "Smi, deinem Kind scheint es gut zu gehen. Jedenfalls bekommt dein Bauch langsam Volumen.", erklärt sie mir ihr Lächeln, woraufhin ich ebenfalls lächeln muss.
"Hoffentlich bekommt es die Gene von Papa ab und wird groß.", lache ich und sehe Hanji an.
"Naja, nicht dass Shorty sich dann schämt.", lacht sie ebenfalls.

Sie drückt mit den Fingerspitzen leicht in meinen Bauch und tastet ihn somit ein wenig ab. Meine Rippen sind blau und grün. Wenn ich diese Flecken also mit den Lilalen von Beginn vergleiche, sieht es schon ziemlich gut aus.
Alles scheint sich gerade zum Guten zu wenden. Wäre da nicht noch die Außenwelt. Ich habe Angst davor, nichts ausrichten zu können oder noch mehr zu verlieren, wenn es hart auf hart kommt.
Und wenn es eine Sache gibt, worin mein Vater und ich uns gleichen, dann ist es die Sehnsucht nach Antworten und Frieden. Ich will wissen was in Erens Keller ist. Ich weiß einfach, dass sich darin die Antworten befinden, auf die wir Fragen haben. Ich will einfach dabei sein, wenn alles ans Licht kommt.

"Es scheint alles in Ordnung zu sein. Dein Bein sollte in einer Woche wieder in Ordnung sein, dann kannst du auch wieder ohne diese lästigen Krücken laufen."

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt