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Levis p.o.v.

Angst. Es ist eine unglaubliche Angst durch meinen Körper gefahren, weil ich nicht wusste wie es um Lia steht.

Ich konnte vor Sorge noch weniger als sonst schlafen und saß somit wach in meinem Büro und habe einfach ein paar Arbeiten erledigt, um mich abzulenken.

Ich könnte mich selbst dafür schlagen, dass ich es verdammt nochmal nicht übers Herz gebracht habe, meine Kleine zu besuchen.
Tch, sie hasst es Kleine genannt zu werden...

Ich war einfach zu feige. Ich musste Hanji um den Gefallen bitten an ihrer Seite zu bleiben. Das war erniedrigend, eine Sache die ich nie getan hätte.
Hanji mag nervtötend sein, trotzdem ist sie sich in vielen Siuationen bewusst, was sie tun muss und würde sich für jeden ihrer Kameraden sofort opfern.

Ich glaube aber tatsächlich, dass sie auch so bei Lia geblieben wäre, hätte ich sie nicht gefragt. Sie ist ja immerhin auch so etwas wie Familie.

Lia ist ein starkes Mädchen...nein. Sie ist eine starke Frau. Sie fragt nicht einmal nach, was genau sie hat. Sie hat ein verstauchtes Bein, ein angebrochenes Handgelenk, eine Gehirnerschütterung und zu guter letzt die vier gebrochenen Rippen, weshalb sie operiert werden musste. Eine von ihnen hätte ihr Herz treffen können.

"Sind sehr viele Menschen ums Leben gekommen?", fragt sie, nachdem sie fertig gegessen hat. Ich betitle dies anfänglich mit einem Seufzen.

"Insgesamt sind 58 unserer Soldaten gestorben und bei den Bürgern sollten es... Beinahe ein Drittel des Dorfes wurde bei der Attacke getötet."
Sie schluckt schwer.

"Ich habe ja gehört, dass diese Schweine in Ehrmich nur hundert Leute reingelassen haben, aber... ein Drittel?!"
Sie atmet einmal viel Luft aus.

"Ich weiß, es i-"
"Verdammt, das ist alles meine Schuld!"

Ich breche mitten im Satz ab und schaue sie unglaubwürdig an. Das...

"Wäre ich dort geblieben, hätte ich vielleicht mehr kämpfen können. Ich hätte euch einfach vertrauem müssen, dass ihr das Fehlen der Titanen bei euch bemerkt. Ich- Ich hätte merken müssen, dass mit Bertholdt etwas nicht stimmt. Ich hä-"
Genug.
Mehr halte ich nicht aus.
Ich lege meine Hand grob auf den Mund, aus dem wirklich unlogische Worte herauskommen, so dass diese verstummt werden.

Ich bekomme einen geschockten Blick von unter mir. "Ist mit deinen Erinnerungen auch deine Klugheit verschwunden, oder warum redest du so ein behindertes Zeug?", frage ich monoton und nehme langsam meine Hand von dem Mund.

"Niemand, verdammt nochmal niemand hätte allein diese Zahlen an Verlusten verhindern können. Niemand. Kurz nachdem das Loch verstopft wurde, konnte man Braun auch nicht mehr auffinden. Entweder ist er Titanenfraß geworden oder er steckt wirklich mit Hoover unter einer Decke und ist mit ihm abgehauen. Und du hast von Beginn an gesagt, dass Braun zu auffällig ist. Gib dir doch nicht an allem die Schuld, denn sie ist es nicht. Ja ich...ich bewundere deine Willenskraft."

Der geschockte Blick von vorhin wandelt sich langsam zu einem überraschten Gesichtsausdruck.

"A-Also steht es fest? Bertholdt ist der Ko-Kolossale?", fragt sie und redet absichtlich nicht über ihre Stärke, die ich soeben genannt habe.

"Es spricht alles dafür."

Es kommen ein paar abwertende Lacher aus ihrem Mund. Nebenbei fährt sie sich mit der Hand übers Gesicht. "Dass ich nicht lache... Es sind immer die, von denen man es am wenigsten erwartet."

"Wir können fast niemandem trauen. Wir können schon fast davon ausgehen, dass Braun der Gepanzerte ist."
Es vergeht ein kurzer Augenblick der Stille, indem Lia nachdenkt.

"Levi, ich will mit meinem Vater sprechen.", sagt sie plötzlich und sieht geradeaus, als würde sie sich in einer Trance befinden. "Ich hab dich noch nie so fertig gesehen, wie an jenem Tag und du willst mit dem Auslöser jener Situation sprechen?"

Sie sieht mir stur in die Augen und nickt dabei.
Tch.
"Du bist ein wahnsinniger Sturkopf."
"Ich muss einfach wissen wie seine Worte gemeint waren.", gibt sie von sich.
"Liegt es denn nicht auf der Hand? So viel muss man da nicht überlegen.", argumentiere ich.
"Nein Levi, ich kenne meinen Vater. Selbst wenn seine Worte offensichtlich sind, steckt dahinter immer eine Begründung."
"Das weiß ich auch. Scheiße! Ich will doch nur nicht, dass du mit ihm so viel zutun hast!", sage ich und lasse den Kopf ein wenig hängen.

"Er ist mein Vater! Das Einzige, was mir von meiner Familie übriggeblieben ist.", versucht sie ihren Gedankengang zu erklären. Ich verstehe dies nur zu gut, und doch will ich nicht, dass es passiert.

Manchmal muss man mit Schmerz leben, um größeren Schmerz zu verhindern.

Es schmerzt mit einer nahestehenden Person zu leben, die einen hintergangen hat. Ein noch größerer Schmerz wäre jedoch diese Person zu verlieren. Gerade dann, wenn sie seine letzte Familie ist.

Ich seufze etwas genervt.
"Unter einer Bedingung.", fordere ich, woraufhin ich ein Nicken bekomme. "Ich werde dabei sein. Ich werde nicht riskieren, dass er dir nochmal Tränen verursacht." Ich will diese Tränen nie wieder sehen.

"Abgemacht. Ich habe nichts vor dir zu verheimlichen.", stimmt Lia mir zu und versucht dabei ein wenig zu lächeln, was allerdings nicht wirklich echt rüberkommt.
Mir ist es egal worüber sie reden, solange er nicht meine Freundin und mein Kind runtermacht.

"Gut.", sage ich und stehe auf. "Ich werde Erwin jetzt hier herholen. Wenn es sein muss, schleife ich ihn hierher."
Ich gehe aus dem Zimmer und atme tief ein und aus.

Ich gehe schnellen Schrittes die Flure entlang, bis hin zu Erwins Büro. Es ist einen Gang weiter als mein eigenes. Ich stelle mich vor die Tür und reiße diese auf. Es laufen ein paar wenige Soldaten auf dem Flur herum, die wahrscheinlich geschockt sind, dass ich die Tür vom Kommandanten einfach so aufreiße. Es soll mir allerdings am Arsch vorbeigehen. Sie sind ja sowieso zu eingeschüchtert von meiner Präsenz, als dass sie mich ansprechen würden.

Ich bin mir auch sicher, dass ein paar Leute-wenn nicht sogar alle-aus meiner Einheit nun von Lias und meiner Beziehung wissen und sich sicherlich von meiner gefühlvollen Seite erzählt wird. Ich verstehe den Sinn dahinter nicht. Ich weiß, dass ich kalt- und so aussehe als hätte ich keine Gefühle, aber am Ende bin ich auch nur ein Mensch.

Ich stehe nun also im Türrahmen seines Büros und sehe auf ihn herab. Sein Kopf schellt nach oben und er legt die Feder beiseite, die er noch eben in der Hand hielt. "Levi.", kommt erleichtert aus seinem Mund. "Wie kommt es, da-"

"Schnauze.", unterbreche ich ihn, weshalb der große Kommandant verstummt. "Deine Tochter wünscht dich zu sprechen."

"Sie ist wach und will mit mich sehen?", fragt er lächelnd und steht von seinem Stuhl auf. "Ja.", gebe ich von mir. "Würde sie sich aber an das erinnern, was du zu ihr gesagt hast, würde sie dies sicher nicht."

"Ich-", beginnt er und seufzt. "Lia hat ihre Erinnerungen verloren?"
"Tch, hat dir Hanji denn gar nichts gesagt?!", frage ich genervt nach.
"Nein, dass einzige was sie mir vor zwei Tagen sagte war, dass niemand zu ihr dürfte."

Hanji, das hätte ich nicht von dir erwartet.

"...Unwichtig. Wir gehen jetzt zu ihr und...Erwin. Du sagtest mir eins, dass du für nichts garantieren könntest, würde ich ihr wehtun. Solltest du ihr allerdings gleich nur in kleinster Weise Schaden zufügen, kann ich dir garantieren, dass du diesen Tag nicht unverletzt beenden wirst.", drohe ich ihm.

"Das ist absolut verständlich. Danke, dass du dich so um Lia sorgst."

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt