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"Guten Morgen.", sagt Levi und streicht mir durch mein braunes Haar, als ich meine Augen langsam aufschlage.
"Morgen.", nuschele ich und strecke mich, wobei ich mich aufsetze. Ich bemerke Levis Blick auf mir, den ich als leicht unangenehm empfinde.
"Was?", frage ich misstrauisch. "Hab ich was im Gesicht?"
Er schüttelt seinen Kopf und sieht mir in die Augen. "Nein, ich war nur in Gedanken.", antwortet er mir. "Woran hast du gedacht?", frage ich und gucke interessiert.
"Nichts besonderes."
"Sag schon."
"Tch, ich hab nur überlegt... ob es ein Mädchen oder ein Junge wird.", gibt er schließlich als Antwort. Daran habe ich wirklich noch nie gedacht...
"Hauptsache gesund.", lächle ich dann und schiebe mein Hemd hoch, um an meinen Bauch zu fassen. "Ja.", sagt der Schwarzhaarige und steht auf um sich anzuziehen.
"Was machst du heute?", fragt er und wirft mir einen Blick über die Schulter zu.
"Hm, ich hab mir vorgenommen, Armin einen Besuch abzustatten.", antworte ich wahrheitsgemäß und schlage die Decke zur Seite, um dann mit einem Ruck auch aufzustehen.
"Arlert hat wirklich Köpfchen. Ich mag den Jungen.", gibt Levi zu. "Interessant.", schmunzel ich. Ich hatte nie den Eindruck, dass Levi überhaupt jemanden von unserem Jahrgang mögen würde. Mich ausgeschlossen, obwohl das komisch klingt.
Fertig angezogen und gewaschen, machen wir uns auf den Weg zum Speisesaal und ich muss zugeben, dass ich es satt habe, immer darauf zu achten, nicht auffällig beieinander zu sein. Ich meine, Levi und ich sind wirklich keine Turteltauben, trotzdem wäre ein wenig Zuneigung in der Öffentlichkeit manchmal nicht übel, gerade in Tagen wie diesen. Ich habe gestern erfahren, dass meine Mutter von einem sadistischen Bastard vergiftet wurde, muss aber meine Emotionen in den Griff bekommen.

Für die Presse wäre das natürlich etwas Schönes.
'Hauptgefreiter Levi und die Tochter von Erwin Smith sind zusammen!', so würde das Titelblatt in der Zeitschrift wohl heißen und für viel Aufmerksamkeit sorgen. Die Leute machen einen wirklich kaputt. Ich kann mir schon die Reaktionen und Kritiken Außenstehender vorstellen: "Konzentriert euch auf die Arbeit, die wir bezahlen!", "Der Corporal verliert an Stärke durch sie!", "Die Kleine ist doch viel zu jung!", oder auch "Was sagt Kommandant Smith dazu?!"
Einfach zum kotzen, die Wahrheit ist mit zu vielen Defiziten verbunden, definitiv.

Lustlos setze ich mich gegenüber von Hanji, weswegen Levi sich neben mich setzt. "Schönen guten Morgen!", sagt die Brillenträgerin und lächelt blöd. "Morgen, ich nehme an du willst über das reden, was gestern passiert ist? Ich hab jedenfalls keine Motivation dazu.", sage ich und sehe auf meinen Brei.
"Ach nein, nicht nötig, Erwin hat mir gestern nacht alles erzählt, nachdem ich neben seinem Bett stand.", sagt sie, als wäre dies nichts.
Bei dir wundert mich rein gar nichts mehr...
"Moment, wusstest du etwa von Allem?", Frage ich und richte meinen Blick auf die Augen, hinter ihrer Brille. "Nein. Mich geht das aber nichts an."
"Wow, das aus deinem Mund mal zu hören...", staunt Levi.

"Lia, warum isst du nichts?", fragt er dann noch zusätzlich, weil er wohl meinen Blick auf die Schüssel vor mir bemerkt hat.
"Ich hab keinen Appetit.", antworte ich und sehe ganz kurz in seine Richtung.
"Du solltest nichtsdestotrotz etwas essen.", sagt er. "Ich habe aber keinen Hung-", argumentiere ich, doch werde durch einen vollen Löffel Haferbrei-der mir in den Mund geschoben wurde- unterbrochen.
"Hey!", beschwere ich mich und schlucke. Levi drückt mir dann den Löffel in die Hand. "Du musst jetzt für eine weitere Person mitdenken.", sagt er und widmet sich wieder seinem eigenen Essen.
Na wenn es sein muss...
Ich hätte unter anderem nie gedacht, dass Levi fürsorglich sein kann, aber da habe ich mich getäuscht.
Ich halte den Löffel richtig fest und höre ausnahmsweise auf ihn und esse mein Frühstück, auch wenn unfreiwillig.
"Shorty! Du kannst ja richtig fürsorglich sein! Du wirst sicherlich ein ausgesprochen toller Vater!", kommentiert Hanji das Geschehen und spricht somit meine Gedanken fast aus. Schon wieder etwas zu laut, meiner Meinung nach. Das mit dem leise sprechen, müssen wir noch einmal üben.
"Tch, halt deine Fresse du Brillenschlange.", zischt der Grauäugige. Er ist sich wirklich selbst nicht sicher, wie das Vater sein funktioniert. Ich weiß, dass er Respekt davor hat, genauso wie ich.
"Pah, Schlangen haben aber ein Maul!", korrigiert sie den Mann. Er verdreht nur die Augen.
Ich sehe auf meinen Teller, den ich gerade geleert habe. "Naja, viel Spaß beim Papierkram heute.", sage ich und stehe auf. "Ich gehe dann mal!"
Ich mache mich auf den Weg ins Krankenzimmer.

"Hallo Armin. Wie geht es dir?", begrüße ich den Blonden und setze mich auf den Stuhl, neben seinem Bett. Er hat einen Verband um seinen Kopf gewickelt, der an einer hinteren Stelle etwas getrocknetes Blut an sich kleben hat.
"Lia!", sagt der Blonde erfreut und legt sein Buch zur Seite. "Schön, dass du mich besuchst. Mir geht es soweit ganz gut, danke der Nachfrage."
"Der Sturz hat dir wohl eine Gehirnerschütterung verpasst, was?", Frage ich und deute auf seinen Kopf. "Keine Sorge, ist nichts ernstes. Apropos Sturz, weißt du zufällig, wo Eren sich aufhält? Ich würde ihm gerne sagen, dass ihn keine Schuld betrifft. So wie ich ihn kenne, macht er sich sicherlich Vorwürfe.", gibt er von sich.
"Hat Mikasa dir denn nichts gesagt?",  frage ich verwirrt. "Mikasa ist nachdem ich aufgewacht bin gegangen, um Eren davon zu berichten. Danach kreutzten ein paar unserer Freunde auf, die aber genauso ahnungslos sind, wie ich.",  erläutert er mir die Situation. "Pff, sie ist wohl bei ihm...was auch sonst?", murmel ich mir selbst zu. "Eren wird aus Sicherheitsgründen und zum Wohle der Aufklärungslegion, die Woche bis zur Expedition im Kerker verbringen müssen. Mikasa ist wohl bei ihm, etwas anderes kann ich mir nicht erdenken.", erkläre ich ihm alles.
"So ist das... Sag mal, von welcher Expedition sprichst du?"
Ach ja, er weiß ja nichts davon.
"Ich weiß auch nichts Genaues, der Hauptgefreite wird euch noch alles erklären.", sage ich dann und merke, wie mein Magen sich schwer anfühlt. Mein Lächeln wandelt sich zu einen genervten Blick.
Nicht jetzt...
"Ich geh mal kurz auf die Toilette.", sage ich und stehe schnell auf, um ins Bad zu rennen.
Es liegen ein paar Menschen auf der Krankenstation, aber die Meisten sind tatsächlich am schlafen oder andersartig beschäftigt.
Ich falle auf meine Knie und übergebe ich über den Schüsselrand. Der ganze Haferbrei von vorhin, wollte wohl wieder raus. Ich hab Levi gesagt, dass ich nichts essen will!
Nach einer kurzen Pause, nachdem nochmal etwas raus musste und ich meinen Mund ausgespült habe, gehe ich zurück, wobei ich eine Hand auf meinem Bauch liegen habe. Die Übelkeit ist immer noch da und ich würde mich am liebsten schlafen legen. Mein ganzer Alltag wird beeinträchtigt...
Genervt lasse ich mich wieder auf dem Stuhl nieder und sehe in zwei blaue, besorgte Augen.
"Du hast dich übergeben, oder? Geht es dir gut, willst du dich untersuchen lassen?", fragt Armin.
Schmunzelnd seufze ich.
"Nein, schon gut. Vor dir kann man aber auch wirklich nichts geheim halten."
"Ich mache mir Sorgen. Bist du sicher, dass es dir gut geht?", fragt er dann nochmal.
Ich kann ihm doch vertrauen oder etwa nicht?
Es würde wirklich mal gut tun, jemandem meiner Freunde an meinem Leben teilhaben zu lassen...

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt