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"Wohin reiten wir?", frage ich Levi, als wir dabei sind unsere Pferde zu satteln.

Vorhin in dem Büro meines Vaters, da habe ich wirklich gespürt, dass Paps sich wirklich wie ein schlechter Mensch fühlt. Ich habe ihm versucht, sicher zu machen, dass es nicht so ist.
Es war schwer, aber dann mussten wir los, da Levi noch vor Sonnenuntergang losreiten will.
Es war zwar kein sehr langes Gespräch und ich weiß nicht, wie oft ich ihm noch sagen muss, dass er ein guter Vater ist, bis er es mir glaubt, aber wenigstens haben wir uns vor der Expedition ausgesprochen.
Unglaublich, wie viele er Jahre er diese Gedanken schon als Last mit sich führt.

"Wirst du schon sehen.", sagt Levi nüchtern und schwingt sich auf sein schwarzes Pferd, was ich ihm gleichtue.
Ich weiß nicht, ob reiten in einer Schwangerschaft in Ordnung ist, aber ich tue es einfach. Ich werde sicherlich nicht auf meine Leidenschaften verzichten. Jedenfalls jetzt noch nicht.

"Hmpf, na schön, du wirst es mir sowieso nicht verraten.", sage ich letztendlich und schreite mit ihm durch die Tore. Jetzt galoppieren wir, ohne dass er etwas sagt, nur geradeaus.

Er will es mir nicht sagen und das muss einen speziellen Grund haben. Vielleicht sieht er meinen Geburtstag doch als Anlass, mir eine Überraschung oder sonstiges zu machen, was ich mir nicht gern erhoffe.
Na toll, und ich bin so schön durch den Tag gekommen. Aber... seit wann macht Levi denn Überraschungen? Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Sicherlich ist es auch keine, du Idiot!

Ich sehe in die Richtung von dem Mann. Sein schwarzes Haar macht durch den entgegenkommenden Wind Seine Stirn frei, so dass man sein Gesicht perfekt sehen kann. Seine markanten Gesichtszüge schmeicheln seinem Ebenbild und lassen ihn viel stärker herüberkommem, als er es im Inneren vielleicht ist.

"Gefalle ich dir?", fragt er und sieht weiterhin einfach nur nach vorn. Anstatt zu erröten, wie es wahrscheinlich viele Frauen in meiner Situation tun würden, fange ich an zu Schmunzeln und sehe auch wieder nach vorn.

"Wäre ich sonst mit dir zusammen?", stelle ich schelmisch die Gegenfrage, was ihm ein kleines Grinsen entlockt. Es ist nur kurz da, aber lang genug, damit ich es sehen kann.
"Nein.", sagt er. "Da bin ich mir ziemlich sicher. Wenn dir etwas nicht gefällt, lässt du es jeden sofort anhand deines Verhaltens wissen."

Da hast du wohl recht.

Egal gegenüber wem, halte ich mich meist nicht zurück, wenn mir etwas nicht passt. Hanji sagt, dass es daran liegt, dass ich keine öffentliche militärische Ausbildung vollbracht habe. Soweit ich weiß, ist der jetzige Kommandant Keith Shadis und ich habe wirklich nichts Gutes über ihn gehört, schließlich soll er einen Knacks davon haben, vor meinem Vater im Aufklärungstrupp der Kommandant gewesen zu sein.
Mich schüchtert niemand so schnell ein, aber sogar Mikasa soll großen Respekt vor ihm haben und er soll Sasha mal verboten haben über einen längeren Zeitraum etwas zu essen. Unvorstellbar.
Ich habe kein Problem mit dem, was ich tue, mir ist es auch egal, was andere über mich denken, aber sogar Paps findet, dass ich disziplinierter an mein Leben herangehen soll.

Ich weiß nicht, wie lange Levi und ich schon unterwegs sind, aber ich meine den Weg wiederzuerkennen.
Ist das nicht...?

Ich merke wie Levi ein paar mal nacheinander zu mir nach hinten schielt. Er bemerkt wohl meinen nachdenklichen Blick.
"Kannst du dich noch erinnern?", kann ich seine Frage hören, woraufhin auf seine Hinterseite gucke, die auf- und ab mit dem Rythmus des Pferdes geht.
"Ich denke schon.", sage ich dann und hole auf, so dass ich jetzt neben ihm reite und in sein Gesicht sehen kann. Es zeigt, wie fast immer, keine Emo- und Reaktionen. Ich bin auch kein emotionaler Mensch, aber dann doch nicht so emotionslos wie Levi. Und doch ähneln wir uns so sehr. Es ist so, wie Hanji es von Beginn an sagte:
"Du erinnerst mich stark an Levi."

Ich kann froh sein, dass ich ihn kennengelernt habe. Vorher habe ich nie daran gedacht, wie eine Person wie ich rüberkommt und der Schwarzhaarige hat mir dabei vielleicht die Augen geöffnet. Vielleicht ist es auch das, was uns so stark verbindet.

Wir reiten in einen Wald hinein und um ein paar Ecken, wobei ich Levi folge.
Und wie könnte ich es nicht wiedererkennen?
Der kleine Wasserfall, der umgekippte Baumstamm und die kleine Höhle.

Wir steigen vom Pferd und binden sie an einen Baum, wo sie grasen können.
Was möchte er hier tun?

"Komm mit.", sagt der Grauäugige und greift nach meiner Hand, um mich hinter ihm herzuziehen.
Perplex stolpere ich ihm hinterher und klettere in die Höhle neben dem Fließgewässer.

"Es ist- wow. Hast du das etwa gemacht?", frage ich den Älteren erstaunt, als wir zum Stehen gekommen sind und ich das auf dem Boden betrachten kann.
Viele Rosenblätter liegen auf dem Boden mit einer Decke, wo ein großer Piknikkorb draufsteht.
So wie es aussieht, ist um ihn herum eine Spur von Salz gestreut worden, damit keine Krabbelviecher dran gehen.

Eigentlich wäre mir all das zu kitschig. Gerade in dieser Höhle, wo eigentlich so gut wie alles angefangen hat, aber wenn ich daran denke, dass Levi mich so überraschen wollte...

"Tch, es ist viel zu kitschig geworden, Vierauge.", murmelt und versucht ein paar Rosenblätter wegzutreten.
"Hey, was tust du denn?", frage ich verwirrt und gehe auf ihn zu, was ihn stoppen lässt.
"Ich hab dieser Brillenschlange nur eine Aufgabe gegeben.", sagt er genervt und dreht seinen Kopf zu mir.
"Pff, sag so etwas nicht, denn es ist schön. Hast du dir das ausgedacht?", frage ich dann gerührt.
Blöde Hormone.
"Ich- Ich hatte Hilfe, aber sonst schon.", antwortet er mir, was meine Tränen aus den Augen fließen lässt und ich einmal aufschluchze.

"Es gefällt dir nicht. Tut mir leid, war eine blöde Idee.", entschuldigt er sich sofort.
"Du Idiot.", sage ich und Schlinge meine Arme um ihn. "Was-", will er ansetzen, doch ich unterbreche ihn sofort.
"Diese scheiß Hormone lassen mich heulen, weil ich wirklich gerührt von deiner Geste bin."

"Ich dachte, dass es dir nicht gefällt.", gibt er von sich und löst sich aus der Umarmung.
Lachend schüttele ich meinen Kopf und ziehe meine Nase einmal hoch, was ihn auch ein ganz kleines Lächeln zeigen lässt.

"Na dann.", sagt er schließlich. "Komm."
Er schiebt mich am Rücken zu der Decke und er setzt sich drauf. Das Tageslicht von draußen scheint perfekt auf diese Stelle, was sie umso schöner macht. Ich setze mich neben Levi und lege meinen Kopf auf seiner Schulter ab.

"Weißt du was an diesem Ort geschehen ist?", fragt er nach einer kurzen Zeit der Stille.
"Wie könnte ich das vergessen?", frage ich zurück und bekomme ein leises Seufzen zu hören.
"Wir sollten das wiederholen.", sagt er und sieht nach vorn. "Auf jeden Fall.", sage ich schmunzelnd zurück, bei dem Gedanken an unseren ersten Kuss. "Wie wäre es mit jetzt?", fragt er und bevor ich eine Reaktion zeigen kann, liegen seine Lippen schon verlangend auf meinen.

Eine Geburtstagsüberraschung, die ich eventuell akzeptieren könnte...

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt