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Levi p.o.v.

Hanji ist mit Lia gerade aus dem Raum verschwunden und ich sinke stöhnend in meinem Stuhl, wobei ich mir die Schläfen massiere.
Was zum Teufel war das? Ich bin ihr viel zu nah gekommen, aber wieso? Wieso konnte ich meinen Körper nicht lenken, vor allem, wieso hat sie nichts gesagt?
Sie ist doch sonst immer so stur!
Ich vergrabe meinen Kopf in meinen Händen und bin verzweifelt.
Wie lächerlich. Schon seit Beginn, geht sie mir nicht aus dem Kopf. Was ist das für ein Gefühl? Kann man dies als Anziehung bezeichnen? Denn wenn dem so ist, bin ich absurd und ekelhaft. Erwins Tochter ist es also, die mir die Sinne verdreht, tch.
Sichtlich überfordert stehe ich auf und gehe aus meinem Büro.
Ich brauche frische Luft, weshalb ich mich auf den Hof bewege.
Ich atme den frischen Sauerstoff ein, der mich ein wenig beruhigt.
Ich bin mir im Klaren, dass ich nicht weiter über so etwas nachdenken sollte, aber es ist nun mal nicht leicht.
Wieso sagen alle immer, dass Gefühle etwas Schönes seien? Es ist überhaupt nicht schön.
Ich kann mit dieser neuen Emotion nicht umgehen...

Ich stehe da und denke über mein Leben nach.
Ich komme zu dem Entschluss, dass mein Leben scheiße ist. Aber trotzdem kämpfe ich immer weiter. Für meine gefallenen Kameraden und um Erwin zu helfen.

Ich gehe zum Essen nachdem ich etwas auf andere Gedanken gekommen bin.
Ich nehme das Essen auf einen Teller und setze mich auf meinen gewohnten Platz.
Fehler. Ich sehe genau in die schönen Augen von Smith. Sie wird rot und guckt verlegen zur Seite. Die Lautstärke des Speisesaals kommt nur abgedämpft bei mir an.

Ich mache jedoch keine Anstalten meinen Gesichtsausdruck zu verändern, da ich standhaft bleiben muss und keine Gefühle zeigen darf.
Ich darf einfach nichts von ihr wollen.
Ich bin über 10 Jahre älter, als sie und ich bin ihr Vorgesetzter. Punkt, Ende. Ich könnte mich erneut ohrfeigen, nur weil ich auch nur auf die Gedanken komme, sie in meiner Nähe haben zu wollen. Ich seufze in mich hinein und esse meine Suppe.

Komischer Weise lässt Hanji mich mal in Ruhe, was mich zwar verwirrt, aber nur gelegen kommt.
Nach dem Essen stehe ich wortlos auf und gehe zurück in mein Büro. Ich habe noch eine Menge an Papier Kram zu erledigen, weshalb ich erst die Tassen von vorhin wegräume und mir neuen Tee mache.

Es klopft an der Tür. "Levi, kann ich rein kommen?", fragt mich Erwin, dessen Stimme ich sofort erkenne.
"Ja, natürlich.", gebe ich zurück.

Der große Mann kommt in das Zimmer und setzt sich gegenüber von mir hin. "Levi, ich will ehrlich zu dir sein.", redet er nun direkt Klartext.

Ich sehe ihn nicht verstehend an. Ich weiß nicht, was er meint.
Er fährt fort:"Eure Mission konnte uns keine neuen Information bringen. Es tut mir Leid."
Der Blonde sieht herunter.
"Tch, Erwin. Ich hab ehrlicherweise nichts anderes erwartet. Es war klar, dass viele sterben werden und es zu nichts führt, aber wir leben nun mal in dieser Hölle.", gebe ich ihm als Antwort.

"Aber genau darum geht es!", setzt er an. "Immer wieder musst du zusehen, wie deine Kameraden sterben. Du solltest dir eine Auszeit nehmen. Hanji kann sogar deine-"
"Nein.", unterbreche ich ihn.
"Was bringen uns Auszeiten? Genau, nichts. Ich mache normal weiter.", lehne ich sein Angebot ab.

"Wieso wusste ich, dass du nicht auf mich hörst?", fragt Erwin mit einem Schmunzeln, welches seine Lippen umspielt.
Ich zucke mit den Schultern, doch insgeheim weiß ich es. Er ist die Person, die mich aus der Dunkelheit zog.
Er steht auf. "Na dann, kann man wohl nichts machen."
"Ach, und Levi!", bemerkt er noch.
Ich sehe zu ihm.
"Ich weiß, dass du Rücksicht auf Lia nimmst. Ich weiß, dass du es gut gegenüber mir meinst, trotzdem kann sie ruhig gerechte Strafen erhalten. Sie hat schließlich auch kein kleines Mundwerk.", sagte er und verlässt den Raum.
"Nein. Sie hat ein süßes Mundwerk.", korrigiere ich für mich selbst und ein leichtes Lächeln umspielt meine Lippen, welches ich mir direkt verbiete.
Was macht dieses Gör nur mit mir?
Tch, ich hab das Bedürfnis, sie zu sehen.

Ohne einen weiteren Gedanken, stehe ich auf und mache mich auf die Suche nach Lia.
Ich werde mit ihr ausreiten. Jedenfalls ist das mein Plan. Ich kann sonst nicht arbeiten, diese Gedanken machen mich verrückt. Diese Spannung zwischen uns beiden vorhin... Ich kann sie nicht vergessen.
Ich suche sie erst im Speisesaal, dann laufe ich die Flure in einem erstaunlich schnellen Schritt entlang, direkt zu ihrem Zimmer. Ich weiß über jeden meiner Kadetten bescheid, wo sie ihre Zimmer haben. Im ernsten Fall ist dies von hoher Wichtigkeit.
Vor ihrer Tür angekommen, streiche ich mein Hemd glatt und klopfe an.
Die Tür vor mir wird geöffnet und eine verwunderte Lia macht die Tür auf.
"Levi. Was machst du hier?", will sie wissen.
Sie scheint ziehmlich gelassen.
Bin ich ihr egal?
Schnell verwerfe ich den Gedanken und sage:"Komm mit!" und ziehe sie am Arm, mit zu den Pferdeställen.
"Was wird das?", fragt sie schockiert.
"Wir beide gehen jetzt reiten.", gebe ich als Antwort zurück.
"Warum? Kannst du mich aufklären? Ich dachte, du ignorierst mich jetzt komplett.", sagt sie ernst und läuft im Gleichschritt neben mir.
"Ich will dir etwas zeigen."
Ich merke, wie sie seufzt.
Ha, ich hab gewonnen. Es muss ja nichts passieren, ich will sie einfach nur in meiner Nähe haben. Etwas anderes, darf ich nicht tun. Aus Prinzip. Aber hier sind wir nicht ungestört.
Bei dem Stall angekommen, satteln wir unsere Pferde und begeben uns in Richtung der Tore unseres Quatiers.
Sie stellt keine Fragen und reitet mir einfach hinterher. Es ist fast schon eine bedrückende Stille. Ich bin für sie ja immer noch, dieser kalte Corporal, der keine Gefühle hat, vielleicht denkt sie aber auch, es geht um den Aufklärungstrupp hierbei. Das letzt Mal, als ich ihr etwas zeigen wollte, war es ein Haufen toter Soldaten.
Zugegeben habe ich so etwas aber auch noch nie getan.
Noch nie, hat ein Mädchen mit meinen Gefühlen gespielt.
Doch sie schaffte es, sie ist etwas Besonderes.

Nach einer guten Stunde des Ritts werden wir langsamer und wir binden unsere Hengste an einen Baum.
Ich deute ihr mitzukommen, was sie auch tut.
"Hier wären wir.", sage ich, als wir an der Stelle ankommen, die ich beabsichtigt habe.
Hier ist ein kleiner Wasserfall und es ist alles ziemlich abgedichtet durch die Bäume.
Ich war lange nicht mehr hier.

"Levi, es ist ja wirklich atemberaubend hier, aber... wieso zeigst du mir das?"
Ich wusste, das diese Frage auftaucht.
"Tch, sei lieber erfreut. Du bist die Erste, der ich das hier zeige. Nicht einmal dein Vater weiß von dieser Stelle."

Sie geht zu einem umgekippten Baumstamm, macht ein wenig Schmutz mit den Handflächen beiseite und setzt sich hin. Ich gehe zu ihr und geselle mich neben die Rekrutin.

"Ich war früher oft hier, wenn ich einfach meine Ruhe brauchte...Weißt du Lia, ich habe festgestellt, dass wir uns ähneln.", ich sehe sie mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen an.
"Pff, du lächelst ja.", stellt sie, allerdings auch mit einem Lächeln, fest.
Ihr Lächeln ist wunderschön.

Ich sehe mich etwas verwirrt um, als etwas Nasses meine Nase trifft. Keine Drei Sekunden später, fängt es an, wie aus Eimern zu regnen.
Verfluchtes Wetter!
Ich nehme sie bei der Hand und ziehe sie in eine kleine Höhle neben dem Wasserfall.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt