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Lia p.o.v.

"Gehen wir dann zum Abendessen? Es wird langsam Zeit.", fragt Hanji in die Runde.
Levi hat eine wirklich gute Reaktion gezeigt und er schien sich gefreut zu haben. Irgendwie muss das alles bald auch ans Licht kommen, dessen bin ich mir bewusst. Und tatsächlich davor, habe ich Respekt.
"Lasst uns gehen.", beschließt Levi dann und wir gehen alle gleichzeitig aus dem Raum zum Speisesaal. Levis Büro ist ist eine Etage über der Kantine, weswegen wir die Treppen im Flur hinunter gehen und den Gang entlang laufen.
Vor der Tür des Speisesaals, sehe ich meinen Vater.
Hanji tut das auch und geht auf ihn zu.
Jetzt wo ich die Beiden so sehe, denke ich an früher. Früher habe ich immer gedacht, dass Hanji und Paps füreinander bestimmt sind. Sie hat so oder so die Mutterrolle übernommen und hat mir Halt gegeben. Wenn ich so darüber nachdenke, ist dieser Gedanke ziemlich dreist. Meine Mutter war frisch verstorben und ich habe nur an ein perfektes Familienbild gedacht, was allein mich glücklich machen würde. Das habe ich aber erst etwas später verstanden.
"Hallo Lia, Hallo Levi.", begrüßt der Blonde auch uns, als wir zu ihm laufen. "Hallo.", sagen wir fast im Gleichklang und gehen alle zu unserem Platz und setzen uns mit Essen. Es ist nicht viel los heute, genauso sehe ich nur ein paar Leute meiner Einheit an ihren Tischen sitzen.
"Unsere nächste Mission steht bald an. Hast du schon mit deiner Einheit gesprochen?", fragt Paps an Levi gerichtet. Nein, hat er nicht...
"Nein, das hatte ich aber demnächst vor.", gibt er als Antwort und sieht mich entschuldigend an.
Er würde mich am liebsten davon fernhalten, allerdings werde ich ganz sicher an dieser Expedition teilnehmen. Ich kann mich da einfach nicht enthalten. "Lia wird nicht daran teilhaben.", sagt Levi noch knapp, woraufhin Hanjis geschockter Blick in seine Richtung fliegt. "Wie bitte?", frage ich nach, obwohl ich genau verstanden habe, was er gesagt hat. Er hat einfach meinen Gedanken verdreht.
"Du wirst hier bleiben.", wiederholt er sich und sieht mich monoton an. "Pff, das kannst du nicht einfach so bestimmen.", gebe ich als Antwort, mit einem verfinstertem Blick.
Der hat ja mehr Stimmungsschwankungen, als ich.
Wie kann er so etwas einfach so sagen?!
"Levi, dürfte ich erfahren, worum es hierbei geht? Ich kann deine Sorgen gut nachvollziehen, allerdings-", fragt mein Vater nach und wird direkt mit einer Aussage von Levi unterbrochen, die ich niemals so direkt erwartet hätte.
"Lia ist schwanger."
Hanji spuckt ihre Suppe vor Schock aus und die Augen von meinem Vater weiten sich. Meine hingegen, formen sich zu kleinen Schlitzen aus Wut oder vielleicht aus dem Wissen, was Levi damit angerichtet hat. So sicher bin ich mir da nicht, vielleicht ist es auch beides.
Was fällt dir ein...
"Lia, ist das wahr?", fragt mein Vater leise und sieht mich mit einem wirklich leeren Blick an.
Wir können wirklich von Glück reden, dass uns niemand Aufmerksamkeit schenkt.
Ich atme tief ein und aus und gebe ein zögerliches Nicken von mir. Es ist der reinste Horror. Jetzt ist es raus, ohne jegliche Vorbereitungen darauf. Ich frage mich wirklich, warum Levi so voreilig ist. Es ist keine Stunde her, dass wir beschlossen haben, das Kind zu behalten und er geht so damit um? Ich schätze das Vertrauen zu Paps ja, aber...jetzt hat er mich gewissermaßen enttäuscht.

"Hör zu Erwin, wir haben uns ausführlich darüber unterhalten und-"
"Hanji, du wusstest darüber bescheid?", unterbricht der Blonde die Abteilungsführerin, woraufhin er ein kurzes "Ja." als Antwort bekommt.
Er schließt seine Augen und stützt seinen Kopf mit seinem Mund auf seiner Faust ab. Ich kenne diese Position, die nimmt er immer ein, wenn er nachdenkt. Er öffnet die Augen wieder und sieht Levi und mir abwechselnd in die Augen. Ich weiß wirklich nicht, wie ich über Levi in diesem Moment denken soll. Er hat es einfach so gesagt, ohne jegliche Abmachung. Ist das wirklich ein gutes Vertrauen wirklich wert? "Wir sind uns der scheiß Situation bewusst, aber sie bekommt das Kind. Eine andere Option kommt nicht in Frage.", gibt der Schwarzhaarige bedrohlich von sich.
Ich frage mich wirklich, wie er kein einziges Anzeichen einer Nervosität zeigen kann, in mir ist zum Beispiel auch ein Stück voll Scham, da mein Vater jetzt weiß, dass wir miteinander geschlafen haben. In Gefühle verstecken ist Levi wirklich gut, das wissen wir alle, aber selbst in so einer Situation kann er seiner kalten Miene treu bleiben.
Um ehrlich zu sein, muss ich Levi doch Recht geben. Er hat es zwar verraten, uns allerdings eine große Lügerei erspart. Ich kann verstehen, dass er keine Lust auf Verleugnung hat, habe ich ja selbst nicht. Trotz der Enttäuschung, muss ich mir dies eingestehen. Er hätte es mit mir absprechen müssen.
"Ich- Ich weiß nicht, was ich sagen soll.", sagt Paps schließlich und sieht mich hilflos an. Verständlich. "Natürlich könnt ihr es nicht einfach töten, aber... Du bist- du bist so jung, Lia. Du hast Pflichten zu erfüllen.", sagt er noch, atmet schwer aus und richtet sich auf, so dass ich seinem Gesicht hoch folgen muss, um den Blickkontakt nicht zu unterbrechen. Es wird auch immer leerer in diesem Raum. Es sind noch kaum Leute hier und trotzdem tippt mich jemand an der Schulter an. Wer auch immer das ist, er stört gerade gewaltig. Ich drehe mich also kurz um und sehe in das lächelnde Gesicht von Jean. Hau ab, jetzt ist es ganz schlecht. "Hallo Lia.", sagt er. "Ich hab mich gefra-"
"Hau ab, Pferdefresse. Jetzt.", unterbricht ihn der Hauptgefreite, woraufhin der Junge ein ängstliches Gesicht bekommt.
Du sprichst mir aus der Seele, Levi.
"J-Ja, Captain!", stottert er und salutiert. "Wir sehen uns!", ruft er mir noch zu und rennt weg.
Was ein Weichei.

"Nun, jetzt da wir allein sind, könnt ihr mir auch sicherlich eure Strategie erklären. So wie du gerade sagstest, Hanji, habt ihr euch ausführlich darüber unterhalten. Hört zu, eigentlich bin ich wirklich nicht dagegen, aber solange es euch einschränkt, zu tun was wichtig ist, habe ich als Vorgesetzter die Pflicht, eine Lösung zu finden.", sagt der Kommandant in einem angenehmen Ton, wobei man ihm anmerkt, dass er auch nicht wirklich weiß, was er tun soll. Es sieht beinahe so aus, als würden ihm gleich ganz viele Schweißperlen die Stirn herunter laufen. Das würde zu seinen zusammen gepressten Lippen passen.
"Paps, bevor wir darüber diskutieren können, möchte ich dich etwas fragen.", sage ich.
"Mama und du wart doch auch beide Soldaten und habt mich bekommen. Wie seid ihr damals damit umgegangen?", frage ich mit wirklich brennender Interesse.
Mein Vater seufzt und sieht herunter.
"Das kann man nicht wirklich vergleichen, aber du hast Recht. Obwohl wir so einen Beruf ausführten, haben wir uns für dich entschieden. Deine Mutter und ich haben uns bei der Soldaten Ausbildung kennengelernt und uns ineinander verliebt. Nach 3 Jahren haben wir dann geheiratet, das war kurz nach der Aufnahme im Aufklärungstrupp. Wir bewohnten das Haus, was mir zugesprochen wurde, als mein Vater starb. Ein paar Jahre später, übernahm ich die Stelle des Kommandanten. Ich hatte also eine feste Stelle, die uns genug Geld zum Leben brachte, so dass deine Mutter und du ein angenehmes Leben haben konnten. Ich hab euch immer seltener gesehen, bis wir einfach beschlossen, alle gemeinsam in dieses Quatier zu ziehen. So konnte deine Mutter auch ein paar Arbeiten erledigen und gleichzeitig auf dich achten. Wir hatten einfach Glück, außerdem waren wir nicht in der Situation, wie sie heute ist. Und dann, vor 9 Jahren...egal, das weißt du ja alles.", erzählt er die ganze Geschichte und ich merke, wie es ihn herunter zieht.
Ein paar Kerzen beleuchten den Tisch und erhellen die Dunkelheit ein wenig.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt