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"Levi.", sage ich und trete in das Büro meines Freundes. Er schaut vom Tisch hoch und fixiert mit seinen grauen Augen mein Gesicht.
"Ist dein Besuch bei Arlert schon vorbei?", fragt der Schwarzhaarige und zieht eine Augenbraue nach oben.
"Ja.", antworte ich. "Er muss sich ausruhen."

Ich gehe um den Schreibtisch herum, weshalb Levi sich zu mir dreht. Der Blickkontakt geht dabei nicht verloren.
So langsam wandert mein Blick aber runter zu seinen Lippen. Ich beuge mich ein wenig runter, um ihn dann erwidert zu küssen. Unsere Augen sind dabei geschlossen. Er legt seinen Stift beiseite und legt die Hand auf meine Wange, dann legt er seine Stirn an meine. Wieso kann es nicht immer so angenehm sein?

"Ich habe Neuigkeiten.", unterbreche ich seufzend die angenehme Stille und löse mich, um mich daraufhin auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch zu setzen. Emotionslos wandert sein Blick zu mir.
"Du hattest recht, Armin ist wirklich ein Genie. Er könnte wohlmöglich den Grund herausgefunden haben, warum die Titanen solch ein komisches Verhalten zeigen.", erläutere ich die Neuigkeiten.
"Tch, ein Junge kann mehr sinvolle Hypothesen aufstellen, als wir nach zig Jahren.", murmelt Levi und blickt nachdenklich zur Seite.
"Glaubt Erwin an die selbe Theorie?"

Ich bin etwas verwirrt, da er nichtmals die Vermutung hören will, sondern direkt wissen will, was mein Vater dazu sagt und lege deshalb meine Stirn in Falten. Entblößt kratze ich mich am Hinterkopf, woraufhin er seufzt und die Schultern hängen lässt. "Wieso kommst du zuerst zu mir?", fragt Levi dann schließlich.
"Ich-", fange ich an und versuche eine Notlüge zu finden, entscheide mich aber dazu, dann doch die Wahrheit zu erzählen. "Ich will ihn gerade nicht sehen."
"Es geht mich nichts an, aber wenn gestern erwas Schlimmes vorgefallen ist, dann rede mit mir.", sagt er sanft. Er wird ja immer fürsorglicher...
"Natürlich geht es dich etwas an. Ich will nur vermeiden, dass ich dich damit nerve.", gestehe ich. "Tch, es nervt mich nicht.", sagt er. "Und jetzt erzähle es mir." Wartend schlägt er die Beine übereinander und verschränkt seine Hände darauf.

"Er hat mir die ganze Wahrheit über den Tod meiner Mutter gebeichtet und fühlt sich unglaublich schuldig. Ihn trifft keineswegs die Schuld, aber ich habe das Gefühl, dass wenn ich jetzt in seine Augen sehen würde, dass ich den Mann sehe, der mich fast zehn Jahre lang anlog und das Gefühl ist sehr scheiße. Wirklich scheiße."
"Ich verstehe dich. Ich werde ein Treffen mit ihm und dem Jungen organisieren.", sagt er dann knapp darauf.
"Dich interessieren die ganze Geschichte und die Hypothesen also nicht?", frage ich verwirrt und lege meinen Kopf schief, weshalb die braune Aufklärungslegions Jacke an meinem Ohr kitzelt.

"Nein, ich tue immer nur das, was nötig ist. So oder so erfahre ich alles früher oder später, wofür dann der Stress?", gibt als direkte Antwort und steht auf, um dann zur Tür hinter mir zu gehen. Wahrscheinlich will er meinem Vater direkt Bescheid geben. Doch kurz bevor er den Raum verlässt, sage ich noch etwas.
"Danke, ich liebe dich."
Ohne mich umzudrehen merke ich durch die ins Schloss einrastende Tür, dass er aus dem Raum verschwunden ist, meinen Satz aber gehört hat. Ein leises 'Tch' hat ihn verraten, was ein Schmunzeln auf meinen Lippen verursacht.
Er verlangt so wenig von mir.

Levi p.o.v.

"Erwin.", sage ich, als ich die Tür des Commanders aufreiße. Er schreibt gerade mühsam etwas auf ein Dokument und lässt seinen Kopf hochschießen, als er mich entdeckt. "Levi, ist etwas passiert?", will er wissen und legt seinen Füllhalter zur Seite.

"Lia will, dass du mit Arlert sprichst. Er ist momentan auf dem Krankenzimmer und soll Theorien darüber gemacht haben, warum das gestern passiert ist.", gebe ich einfach an ihn weiter, so wie ich es Lia gesagt habe.
"Nun, das trifft sich gut.", sagt er und steht auf, um danach seinen Stuhl ranzuschieben. Dann geht er auf mich zu und an mir vorbei. "Hat sie dir gesagt, warum sie es mir nicht persönlich sagen kann?"
Ich bemerke die Trauer in seiner Stimme, obwohl er so tut, als wäre alles in Ordnung.
"Nein.", lüge ich stumpf um niemandem, der mir naheliegt, Probleme zu machen.

Es bleibt für einen Augenblick still, bis er etwas dazu sagt. "Ich kann sie ja verstehen, nur ist morgen ihr Geburtstag und vielleicht ist es der Letze zusammen. Man weiß nie, was auf einer Expedition passiert, deshalb möchte ich alles klären. Wer will schon mit einem schlechten Gewissen sterben?"
Lia hat morgen Geburtstag?...
Ich tue so, als wüsste ich es und sage einfach das, was für mich am Logischsten klingt. Schuldgefühle könnte ich später bekommen, keine Frage. Es ist immer wieder ein Schlag ins Gesicht, wenn man merkt, wie viel man über seinen Partner weiß. Am Anfang habe ich alles wirklich hinterfragt, aber jetzt stehe ich zu meinen Gefühlen für Lia. Alles geht vielleicht zu schnell, aber ich heul nicht rum, Geschehenes kann man so oder so nicht ändern.

"Dann bleibst du einfach hier. Du bist sowieso ein Krüppel mit nur einem Arm."
"Levi, selbst mit nur einem Arm habe ich die Aufgabe, meine Soldaten anzuführen und bin fähig dazu. Ich will ihr nur sagen, dass ich sie liebe.", sagt er emotionslos und versucht aus der Tür zu gehen, wovon ich ihn aber mit einem Satz von mir abhalte. "Dann breche ich dir eben auch die Beine, dann kannst du niemanden anführen."

Du bist wichtiger für Lia, als du denkst, Erwin. Ich muss beschützen, was ihr wichtig ist.

Erstarrt bleibt der Blonde im Türrahmem stehen und braucht einen Moment um sich zu festigen. Dann dreht er sich langsam mit zu Schlitzen geformten Augen um. "Ich bin dein Kommandant. Ich könnte dich dafür der Millitär Polizei ausliefern."
"Das würdest du nicht.", gebe ich sicher von mir und sehe ihn ernst an. Ich habe meine Drohung wirklich ernst gemeint und ich weiß, dass ich für ihn als Freund und für den Aufklärungstrupp als Krieger unaustauschbar bin. Das klingt zwar selbstlobend, es ist aber nunmal die pure Wahrheit, niemals würde er mich also anzeigen. Schon gar nicht bei der Legion, die er am meisten hasst. Die Millitär Polizei: faule und besoffene Schisser, die seinen Vater umgebracht haben.

"Levi, würde Lia das wollen?", fragt er nun, was mich meine Augen unauffällig weiten lässt.
Würde sie? Nein...
Er weiß genau, was er sagen muss, damit Leute umgestimmt sind.

"Ich denke, du kannst dir die Frage selbst beantworten.", sagt Erwin noch dazu und verschwindet aus der Tür, wahrscheinlich in Richtung Krankenstation, wo Arlert sich befindet.
Mein Blick wandert auf das Dokument auf seinem Schreibtisch. Man kann kaum erkennen, was drauf steht, schließlich lernt er noch mit links zu schreiben. Aber nach Hilfe würde er ja niemals fragen.

Lia würde nicht wollen, dass ich ihrem Vater das verbiete, was ihm wichtig ist...
Vielleicht bin ich auch der, der nicht will, dass Erwin mehr zustößt, nur will ich mir das nicht eingestehen...

Ich weiß noch. Damals, als ich aus dem Untergrund hochkam, war Erwin der einzig erdenkbare Mensch, der mich nicht auf meine Größe reduzierte. Irgendwie hat es mich nach dem Tod meiner einzigen Freunde gestärkt, ihm zu folgen. Vielleicht war es nur aus Rache gegen die Titanen, vielleicht war es auch einfach der starke Wille mit Hoffnung, der in ihm steckt. Er hat mir das Schreiben beigebracht und zu sehen, dass er es jetzt lernen muss, löst seltsame Gefühle in mir aus.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt