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Lias p.o.v.

Ich laufe vorsichtig und voller Achtsamkeit durch die Flure unseres Hauptquatiers. Dass ich auf meinen Vater treffen könnte, muss ich unbedingt beachten. Er würde mich wiederholt wie ein Kleinkind behandeln und meine Pläne durchschauen. Er versteht wohl nicht, dass ich bis auf seine Befehle eigentlich gar nicht mehr auf ihn angewiesen bin, höchstens moralisch betrachtet. Ich bin die Person, die leidet, aber das merkt er nicht.

Ich laufe nun also die zweite Treppe herunter und gehe den Gang entlang. Nach zwei Türen auf der linken Seite, bin ich auch schon an Levis Zimmertür angekommen. Ich halte mein Ohr an die Holztür, um potenzielle Gespräche wahrzunehmen.
Zu meiner Erleichterung scheint jedoch niemand in dem Raum zu sein.
Ich öffne also die Tür des Büros und schließe sie genauso schnell hinter mir. Bevor ich auch meinen Blick hochschwenken kann, wird mein Name erschrocken in den Mund genommen. "Lia?!" Levis Kopf schellt hoch. "Wenn Erwin das hier sieht, da-"
"Pshh, halt doch deine Klappe.", unterbreche ich ihn uns sehe ihm mit einem ernsten Blick in die Augen, obwohl es mich verdammt verletzt.
Es ist einige Zeit, ziemlich still im Raum.
"Ich-", beginne ich mit einem tiefen Atemzug in meinen Lungen, doch werde dieses mal von Levi unterbrochen.
Er steht auf und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Ich gucke recht verwirrt in sein Gesicht, als er direkt vor mir steht. Er gibt mir noch einmal einen langen Blick in meine trüben Augen, wonach er seine Arme fest um mich schließt. Er küsst mehrmals sanft meinen Hals. Ich muss die Situation kurz realisieren.
"Du hast recht, verdammt. Ich bin so ein Idiot. Ich hätte für dich da sein müssen. Ich liebe dich doch.", sagt er einsehend und legt seine Stirn auf meiner Schulter ab.
Ich atme tief ein und spüre, wie meine Lippe zu zittern beginnt. Ich schließe ebenfalls meine Arme um seinen Körper und lasse meine Tränen die Wange runterlaufen.
"Nein, mir tut es leid... Nur wegen mir...hast du dich doch mit Papa zerstritten...", sage ich leise und merke wie einige Tränen auf Levis Uniform tropfen.

"Da- Das stimmt nicht!", widerspricht er mir und schüttelt mich nun etwas an den Schultern und sieht mir nun wieder ins Gesicht. Ich sehe ihn schon wieder irritiert an. "Tch, ich- ... Ich habe eine dumme Lüge erfunden, weil ich verdammt nochmal nicht weiß, wie man mit diesem beschissenen Schmerz umgeht! Ich habe fast jegliche Kameraden verloren, die mir wichtig waren und hab es einfach so runtergeschluckt, aber ich bin total... verzweifelt! Ich wusste mir nicht zu helfen und dachte, dass anderer Schmerz mir helfen würde. Und doch verabscheue solche egoistischen Gesten."
Er hört auf meine Schultern so fest zu packen und lässt den Kopf hängen. Er kämpft völlig mit sich.

"Wi-...", ich muss nochmal überlegen was ich sage. "Was für eine Lüge?", will ich wissen und ziehe eine Augenbraue nach oben. "Tch..."
Was kann es bitte sein?

"Ich hab gesagt, dass du gegen deinen Willen mit mir geschlafen hast.", teilt er mir mit und schaut mich monoton an.
Ich bin sprachlos. "Damit hätte ich nicht gerechnet.", gebe ich offen zu, was ihn etwas verwundert.
"Das ist alles?", will der Mann von mir wissen und und nimmt nun auch seine Hände von meinen Schultern.
"Was bringt mir das, dich darüber auszufragen? Viel wichtiger ist, was du mit der Information anfängst, dass du ein Ackermann bist.", beantworte ich seine Frage, woraufhin er die Arme vor der Brust verschränkt.

"Zunächst gehen wir erstmal ins Schlafzimmer und ich bitte dich, jedenfalls wenn du bereit dazu bist, mir genau zu erzählen, was überhaupt passiert ist.", geht er der Frage aus dem Weg, da ihn verständlicherweise mehr interessiert, was passiert ist. Ich nicke mit einem leichten Lächeln und gehe vor ins Schlafzimmer und setze mich auf das gemachte Bett, welches gegenüber von der Tür steht.
Levi setzt sich neben mich und nimmt meine Hände in Seine, wobei ich meinen Ring ansehe, den ich nicht abgenommen habe. Seine Hände zittern ein wenig und doch zeigt sein Gesichtsausdruck alles andere als Nervosität. Er hat sein ganzes Leben lang versucht seine Gefühle und Emotionen zu verbergen und zu unterdrücken. Auch wenn sein Blick also neutral wirkt, weiß ich, welch Sturm in seinem Inneren tobt.
Ich war schließlich auch mal so.

Ich sehe also in seine trüben Augen und atme tief ein, bevor ich beginne zu reden.
,"Puh...", kommt von mir, gefolgt von einem Seufzer. "Wie du vielleicht weißt, bin ich, nachdem ihr zur Besprechung gegangen seid, baden gegangen. Ich hatte vorher schon so ein... naja, ein komisches Gefühl im Bauch. Als ich dann also in die Wanne stieg, schloss ich kurz meine Augen. Als Ich sie wieder öffnete, da...", ich mache eine kurze Pause, da der Knoten in meinem Hals meine Worte wegschnürrte.
Levi drückt meine Hände mit einem festen Druck.
"... da hab ich nur noch das rote Wasser gesehen. Dann wurde ich anscheinend bewusstlos..."

Er schluckt. "Es tut weh... aber wir müssen jetzt stark sein. Danke, dass du mir das erzählt hast.", kommt von ihm, wobei er etwas in Gedanken ist. Er fühlt sich wahrscheinlich miserabel, weil er selbst etwas getan hat, was alles andere als stark ist. Ich würde ihm so gern helfen, doch seinen inneren Schmerz kann ich ihm nicht nehmen. Nur er selbst ist dazu in der Lage. Er wollte diese starken Gefühle einfach mit körperlichem Schmerz bedecken, damit er sie für kurze Zeit vergisst.
Ich sehe ihn bemitleidend an.
"Hanji meinte, dass das Kind noch kein Leben in sich trug, weswegen es auch keinen Schmerz verspürt hat.", sage ich und versuche aufmunternd zu lächeln.
Er versucht es mir nachzumachen.
"Pff...Ich bin eine Lachnummer von Mann.", flüstert er nüchtern und sieht mir in die Augen. Ich wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, doch mir fällt einfach nichts ein, was ich noch sagen kann. Nicht, weil ich zustimme, sondern weil ich selbst noch nicht so lange über Gefühle nachdenke.

Ich schüttele einfach meinen Kopf etwas und streiche mit meinem Daumen über seine rechte Hand.
"Kirstein war übrigens heute morgen hier.", sagt der Schwarzhaarige und spannt dabei seinen Kiefer an. "Er hat wohl irgendwie mitbekommen was passiert ist. Jedenfalls kam er rein und wollte... naja, er wollte mich zum Kampf herausfordern."
Jean, warum kannst du mein Leben nicht einfach mir überlassen?

"Was ist dann passiert?", frage ich aus brennender Interesse nach.
"Er wollte mich schlagen, weswegen ich ihm ein dickes Auge verpasst habe.", sagt Levi und muss bei seinen Gedanken sogar fast Grinsen. Ich muss abrupt kichern und lasse von Levis Händen ab um mein Gesicht in Meinen zu verstecken.
"Urgh, gerade dafür liebe ich dich. Du lässt dir einfach nichts gefallen."
In den meisten Fällen.

"Ich liebe dich auch.", kommt ernst von ihm, weswegen ich meine Hände von meinem Gesicht nehme und diese an seine Wangen lege, um ihn danach zu küssen.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt