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Lia p.o.v.

"Kommst du auch zurecht?", fragt mich mein Vater wirklich ernst, nachdem er einen Schluck von seinem Tee genommen hat.
Ich bin früh mit Levi aufgestanden, damit ich ihn und andere noch verabschieden kann, bevor sie sich in vielleicht entgültige Lebensgefahr begeben.
Gerade sitzen wir an unserem Tisch im Speisesaal.

Leicht verdrehe ich meine Augen. "Ich bin mein ganzes Leben lang zurecht gekommen, außerdem seid ihr es, die jede Minute sterben könnt.", sage ich und gucke mit einem ernsthaften Blick zurück, woraufhin Papa seufzt und leicht schmunzelt.
Er weiß, dass ich recht habe.

"Smi, denk daran, du hast einen Termin. Ich meine, natürlich gibt es schlaue Köpfchen, wie Armin, die eine Person durchschauen, ab-"

"Armin weiß davon.", unterbreche ich Hanji, die schon am frühen Morgen wirklich gut gelaunt ist.
Und das auch noch vor so einer wichtigen Expedition.
Sie guckt ein wenig überrascht, was der Kommandant ihr gleichtut.

"Wenigstens hast du dann einen Ansprechpartner in der Zeit, wo wir weg sind.", sagt mein Vater.
Von Levi geht ein genervter Blick aus.
Er mag die Vorstellung von mir und anderen nicht, wenn er selbst nicht dabei ist.
Er kann teilweise wirklich eifersüchtig sein, was ich nicht sehr begrüße, aber das weiß er. Schließlich hatten wir deswegen eine große Auseinandersetzung, aber danach hat er mir versprochen, dass er mich machen lässt, was ich möchte. Das ist der Grund, warum er jetzt nichts dazu sagt. Ich hätte vor ihm ja auch niemals auch nur an eine enge Beziehung gedacht, als ob ich ihn dann hintergehen würde.

Vielleicht ist es auch gar nicht das, sondern der Gedanke daran, dass andere etwas von mir wollen. Naja, Erfahrungen habe ich ja schon damit gemacht und deshalb könnte ich mir sogar vorstellen, dass Levi denkt, dass Ymir etwas von mir wollen würde, was total absurd klingt. Nicht der Punkt, dass sie ein Mädchen ist, sondern der Punkt, dass sogar Blinde merken, dass sie nur Augen für Christa hat.

"Er weiß von euch?", fragt Hanji ganz aufgeregt. Eigentlich soll sie nicht so laut gegenüber von anderen Soldaten reden, aber gerade sind sie zu aufgeregt, als dass sie sich konzentrieren könnten.

"Ja.", beantwortet Levi knapp die Frage. Natürlich habe ich ihm davon erzählt.
"Nach der Expedition, kannst du es ja den anderen erzählen.", sagt Papa und streift sich mit seiner Hand den anderen, leeren Jackenärmel glatt.

"Kommt erstmal alle lebend zurück.", sage ich mit vollem ernst. "Natürlich, aber pass gut auf dich auf, du bist jetzt eingeschränkt, denk daran."

"Wenigestens habe ich noch beide Arme.", necke ich meinen Vater augenverdrehend, was Hanji in lautes Gelächter ausbrechen lässt. "Wo du recht hast...", stimmt Levi mir zu und greift nach seiner Tasse, um daraus zu trinken und sein Grinsen zu verdecken.

Obwohl der schwarze Tee, den Levi immer trinkt, koffeinhaltig ist, hat er eine wirklich beruhigende Wirkung, was Levi schon immer gut getan hat.
Durch seine Schlaflosigkeit, wenn er allein ist, ist er schnell nervös.
Das hat mir Petra mal verraten, als ich noch nicht so viel von ihm wusste.
Ich glaube ja, dass sie gewisse Gefühle für Levi hatte...

"Es ist gleich soweit.", grinst mein Vater und steht mit ernstem Blick auf.
"Versammelt euch auf dem Platz!", ruft er zu der Mannschafft, die im Gleichklang "Jawohl!" zurückruft und salutiert.

Danach stehen sie nacheinander auf und gehen diszipliniert aus dem Raum. Ich glaube sogar, dass Eren und Mikasa schon auf dem Platz sind, schließlich kann ich sie nirgends entdecken und höchstwahrscheinlich wird Eren dort bewacht.
Er war jetzt eine Woche lang im Kerker. In der Zeit, habe ich nichts von ihm gehört, was wahrscheinlich ein gutes Zeichen ist.

"Lasst uns gehen.", sagt Hanji und folgt meinem Vater, der uns schon mit einem Schritt voraus ist.
Levi und ich stehen still auf und lassen, wie jeder, einfach unsere Sachen auf dem Tisch stehen.
Vor einer Expedition, übernehmen die Küchenfrauen das Abräumen der Tische.

Vielleicht ist es auch gar nicht so gut vor Operationen etwas zu essen, aber bis zum Titanengebiet, sind es noch mindestens zwei Stunden und da ist es nicht gut, wenn man einen leeren Magen hat. Manche haben sich auch wirklich vollgegessen, schließlich könnte es deren letzte Mahlzeit in diesem Leben sein.

Die mindestens dreißig Leute laufen in einem Schwarm auf ihre bereitstehenden und platzierten Pferde zu und haben in vielen Fällen auch noch ein weiteres Pferd zum mitführen, was als Ersatz dienen soll.

Auch Levi begibt sich zu seiner Eliteeinheit und steigt auf sein Ross. Ich stehe neben ihm, wobei meine Augen die Seinen verfolgen.

Es könnte tatsächlich sein, dass ich Blicke von Jean, Reiner oder anderen wie Ymir bekomme, da sie ja in unserer Nähe stehen müssen, doch das ist mir wirklich egal. Mir ist es sogar scheiß egal.

Die Position der gesamten Eliteeinheit, ist meistens direkt hinter dem Kommandanten und in diesem Fall auch hinter Jäger positioniert.

"Es ist gleich soweit.", sagt Levi, wobei er die Handlungen des Kommandanten beobachtet.
Paps sitzt schon auf dem weißen Pferd, an der Spitze der Formation.

Die Person über mir, dreht ihren Kopf in meine Richtung und sieht zu mir herunter, wobei sie nach meinen Händen greift.
"Na dann, sorg dafür, dass viele lebend zurückkehren. Und... gib Acht.", sage ich ernst.

"Natürlich, junge Dame.", antwortet er und beugt sich runter um mir einen Kuss auf die Lippen zu geben. Das könnte in vielen Wegen erläuternd für so manche gewesen sein, aber genauso, wie mich keiner fragt, warum ich bleibe, fragt auch keiner, warum Levi mich geküsst hat.
Sie haben Angst vor ihm und trauen sich nicht.

"Pass auf dich auf.", sagt er und schmunzelt leicht. "Und denk daran, was ich gestern abend im Bett gesagt habe.", ergänzt er sich, dann lässt er los und wendet sich von mir ab.

Ich gehe auch ein paar Schritte zurück und muss ebenfalls dabei Schmunzeln.

Er will mich tatsächlich heiraten, vielleicht ist es sogar das Beste für das Kind, abgesehen davon, was ein Ehebund für uns bedeutet.

Ich sehe hinter mich und erkenne Armin, der noch einen Verband um seinen Kopf trägt und auch da ist um sich von seinen Kameraden zu verabschieden. Der Blonde sieht ebenfalls in meine Richtung und lächelt mich an. Er hat Levi und mich beobachtet.

Ich drehe mich wieder um und sehe die Pferde entlang, bis ich bei einem enttäuschten und verletzten Blick hängen bleibe, der mich mustert. Es ist Jeans. Er wusste zwar, dass ich in einer Beziehung bin, aber, dass es gerade der Haupgefreite ist, hat ihn wohl noch mehr entmuntert.

Ich kann diesem Blick aus unbekannten Gründen nicht standhalten und drehe mich deswegen wieder um, um zu Armin zu gehen.

"Ihr macht es also öffentlich?", begrüßt mich er lächelnd. "Ich weiß nicht genau, es scheint so.", gebe ich schulterzuckend von mir und stelle mich neben ihn, was einen Blick auf die viele Leute ermöglicht. Es muss so oder so passieren.

"Möge die 59. Expedition beginnen! Opfert eure Herzen!", wird ganz vorne von Paps geschrien, wobei mir auffällt, dass ich mich gar nicht richtig von ihm und Hanji verabschiedet habe.

Die ganze Mannschafft gibt einen kriegerischen Schrei von sich und streckt für einen kurzen Augenblick ihre Klingen in den rot beleuchteten Himmel. Dann hört man die ersten Pferde und nach einer Minute ist der gesamte Trupp nicht mehr zu sehen.

Ich freue mich auf den Moment, wo ich die Kommandantin bin und starke Soldaten anführen kann. Ich wäre soweit ich weiß, sogar die erste Frau, ich muss nur noch einiges lernen.

Vielleicht hätte ich doch eine öffentliche millitärische Ausbildung bei dem ehemaligen Kommandanten Keith Shadis machen sollen. Er hat also die nötige Erfahrung, trotzdem hat er wohl zum Ausbilder gewechselt, weil er nicht mehr klar kam.

reflection / Levi x ocWo Geschichten leben. Entdecke jetzt