54: Ein Fehler, der am Ende doch das Aus bringt?

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Der Gang zu seiner Wohnung, nachdem er aus dem Training heimkam, fühlte sich für Filip an diesem Abend besonders schwer an. Er spürte, dass dieser Abend noch irgendwas unangenehmes mit sich bringen würde. Selbst wenn es heute zwischen Aneta und ihm zu ersten Mal wieder zu einem Wortwechsel gekommen ist, wusste Filip, dass die Sache mit Steffen vermutlich für immer Spuren in ihrer Beziehung hinterlassen hatte. Wieder suchten ihn diese Schuldgefühle heim, die ihm seit dem Tag verfolgten, an dem er mit Steffen diese eine Schwelle überschritten hatte. Diese Schuldgefühle stand in ständiger Konkurrenz zu den starken Gefühlen, die er immer noch für Steffen hatte und ihm immer wieder aufs Neue sagten, dass die Sache mit Steffen kein Fehler gewesen war. Trotzdem fühlte es sich nicht richtig an. Die Konsequenzen für ihr unüberlegtes Handeln aus dem Bauch heraus trug er nun. Doch das Schlimmste war, dass nicht nur er lid sondern auch seine Familie, die es nicht verdient hatte für seine Fehler büßen zu müssen.

Mit einem komischen Gefühl im Bauch schloss er die Wohnungstür auf. Ein vertrauter Geruch legte sich durch den Wohnungsflur. Als er kurz darauf die Küche betrat, sah er ein vertrautes Bild, nach welchem er sich so lange gesehnt hatte. Seit Wochen hatte er seine Tochter nicht mehr so sehr strahlen gesehen als heute, da sie zusammen mit ihrer Mutter wieder in der Küche stand und das Abendessen vorbereitete. Wenn er eine Fotoapparat Griff bereit gehabt hätte, hätte er vermutlich den Moment festgehalten, denn er spürte, dass er dies zukünftig vermutlich nicht mehr so häufig zu Gesicht bekommen würde. Sein Gefühl sagte ihm, dass ihre Familie vermutlich bald nicht mehr so exsistieren würde, wie sie es vor einigen Wochen hat. Auch wenn Filip hoffte, dass ihre Ehe noch irgendwie zu retten war, kannte er Aneta mittlerweile genug, um ihre distanzierte Haltung richtig interpretieren zu können. Die Angst vor dem endgültig Aus durchfuhr seinen gesamten Körper und hinterließ auf dem eigentlich so schöne Bild ihrer wiedervereinten Familie einen bitteren Geschmack. "Hey", ließ seine Stimme die beiden Damen am Herd sich überrascht umdrehen. "Hey Papa, es gibt Pfannenkuchen, weil Matej ja so schwer verletzt ist", teilte ihm seine Tochter mit, was sie gerade vorbereiteten. "Wo ist denn unsere Patient?", suchend schaute sich Filip nach seinem Sohn um, von dem er bisher seltsamerweise nichts gehört hatte. "Wohnzimmer - Barcelona spielt", lautete die knappe Antwort von Aneta, die sofort erklärte, wieso sein Sohn sich bisher noch nicht blicken gelassen. Breitgrinsend lief er zu seinem Sohn ins Wohnzimmer, der in seinem Barcelona Trikot gebannt vor dem Fernseher saß. "Hey mein kleiner Patient, wie geht es dir?", erkundigte er sich und ließ sich neben seinem Sohn auf das Sofa fallen. "Besser, aber wenn ich gleich noch leckere Schokopfannenkuchen bekomme und Barcelona die arroganten Bayern platt macht, dann geht es mir sogar noch besser", erklärte dieser seinem Vater breitgrinsend ohne dabei nur eine Sekunde den Blick vom Fernseher zu wenden.

Matej war wieder in seinem Element. Es dauerte keine Sekunde, da sprang Matej bereits auf um zu jubeln, doch dann landete der Ball doch neben dem Tor und er ließ sich wieder frustriert aufs Sofa zurückfallen. Vermutlich hätte man Matej nicht mal mit Pfannenkuchen vom Fernseher weglocken können, weshalb Filips Tablett nun als Fernseher zwischen den beiden männlichen Vertretern der Familie aufgestellt wurde, während die Familie zum ersten Mal seit langem wieder gemeinsam zu Abend aß. Unterdessen war Matej einmal laut jubelnd aufgesprungen und mit einem Freudentanz um den Esstisch gelaufen, bevor seine Eltern ihn ermahnten sich wieder zu setzen, schließlich war es nur die 0:1 Führung und das Spiel dauerte noch gute 60 Minuten. "Fußball?", stöhnte Lucie dabei nur genervt, die sich für diesen Sport im Gegensatz zu ihrem Bruder noch nie begeistern konnte. Die Teenagerin hingegen beschäftigte sich hingegen mit gewissen anderen Themen, nämlich der Beziehung ihrer Eltern. Gab es noch Hoffnung, dass ihre Eltern wieder zueinander finden würden und sie auch noch inZukunft alle zu viert zu Abend essen? Oder stand die Scheidung kurz bevor? Was würde das dann für Matej und sie bedeuten? Tausend solcher Gedanken jagten durch den Kopf des Mädchens. Sie hatte Veränderungen schon immer gehasst und hatte Angst davor, dass sich noch mehr ändern würde. Immer wieder schaute sie seufzend zwischen ihren Eltern hin und her, die sich zwar ab und zu kurz unterhielten, trotzdem spürte sie deutlich die Anspannung der beiden. Schließlich war es das erste längere Aufeinandertreffen der beiden seit ihrem heftigen Streit, der mit dem fluchtartigen Verschwinden ihrer Mutter geendet war.

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