103: Auf und Ab

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Niko:

Der Pfiff der Schiedsrichter hallte durch die leere Lanxess Arena. Das Finale war eröffnet. Mit einem gemischten Gefühl ließ ich mich, nachdem ich nochmal aufmunternd in die Hände geklatscht hatte, um meine Mannschaftskollegen auf dem Spielfeld nochmal kurz anzufeuern, neben Magnus auf der Tribüne auf meinen Platz nieder. Einerseits war da dieses unbeschrieblich schönes Gefühl hier heute im Finale zu stehen und bei der Mannschaft sein zu können und diesen Moment miterleben zu können. Andernseits war da dieser schmerzhafte Beigeschmack nur auf der Tribüne sitzen zu können und nicht mitwirken zu können. Wie gerne würde ich da jetzt auch unten auf dem Spielfeld stehen. Wer weiß, wann ich wieder die Gelegenheit hätte im Final4 um die Championsleague mitspielen zu können. Ich warf einen kurzen Seitenblick zu Magnus hinüber, der total nervös auf seinem Stuhl hin und herruschte und vermutlich auch lieber unten bei den anderen sein würde, anstatt hier oben untätig rumzusitzen und den anderen nicht helfen zu können. Es war einfach ein beschissenes Gefühl. Doch auch damit musste man klarkommen. Dies gehörte nun mal zum Sport dazu. Ich glaub jeder macht irgendwann diese schmerzliche Erfahrung, bei einem so wichtigen Spiel verletzt nicht mitwirken zu können und zum Zuschauen verdonnert zu sein. Doch ich wusste auch, dass mir dies hier heute Extramotivation geben würde so schnell wie möglich wieder einsatzbereit zu sein. Ich wollte das nächste Mal nicht wieder hier oben sitzen, sondern mit den anderen unten auf der Platte stehen.

Ich verdrängte diese Gedanken jedoch recht schnell wieder und konzentrierte mich auf das Spielfeld, wo das Finalspiel so eben begonnen hatte. Wir starteten in derselben Formation wie gestern im Halbfinale. Mit Rune, Sander, Bammbamm, Peke, Raffi und Niclas. In der Wechselzone saßen bereits Harry und Miha bereit, um den Angriffpart zu spielen. Gleich in ihrem ersten Angriff schafften es die Spanier einen 7 Meter rauszuholen. "Niklas halt ihn", hallte die Stimme unseres sonst eigentlich so stillen kleinen Landins durch die Halle, der seinen großen Bruder lautstark anfeuerte, als dieser sich für den sieben Meter bereitmachte. Als hätte der Däne seinen kleinen Bruder gehört, schaffte er es den Schützen so zu verunsichern, dass dieser den Ball zu stark aufsetzte, sodass dieser weit ins Aus katapultiert wurde. Magnus und ich sprangen beide jubelnd auf und applaudierten. Ein guter Start! Wir brauchten etwas um uns im Angriff zu ordnen und uns gegen die starke Abwehr von Barcelona durchzusetzen, doch mit etwas Geduld schafften wir es einen Lücke für Miha freizumachen, der sofort diese nutzte und uns mit 1:0 in Führung brachte. Ich atmete zum ersten Mal spürbar aus. Während wir uns in der Abwehr wieder aufstellten, beobachtete ich unseren Trainer schmunzelnd am Spielfeldrand, der wieder voll und ganz dabei war und wild gestikulierend am Spielfeldrand auf und ablief, als würde er selbst mitspielen wollen. Für ihn musste dies heute auch ein ganz besonderes Spiel sein, schließlich spielten wir gegen den Verein, für welchen er als letztes als Spieler aufgelaufen war.

Den Ausgleich erzielte für die Spanier niemand anderes als Aron Palmarsson, von welchem wir heute bestimmt noch das ein oder andere Tor hinnehmen werden müssen. Er ist und bleibt einfach immer noch einer der besten Spieler. Trotzdem fand ich, dass wir ähnlich wie gestern gut ins Spiel kamen und von der ersten Minute an hellwach waren, was schonmal ein gutes Zeichen war. Vermutlich beruhigte dies auch Filip etwas. Schließlich konnte er uns so gut vorbereiten wie er wollte. Er hatte keinen Einfluss darauf, ob wirklich alle von Anfang an, vollkommen im Spiel sein werden. Unsere Antwort auf den Ausgleich folgte wenige Sekunden später durch den nächsten weltklasse Spieler. Niemand geringeres als Sander Sargosen. Die ersten Minuten war es wie erwartet ein ausgeglichenes Spiel. Der eine legte vor, die anderen setzten nach. Das was uns vermutlich alle jedoch überraschte, die das Halbfinale der Spanier gegen Paris gesehen hatten, dass sie nicht mit so viel Tempo spielten, wie wir es vermutlich alle erwartet hatten. Doch für uns war dies gut, schließlich hatten wir etwas Angst davor gehabt vom spanischen Express ähnlich wie die Franzosen überrollt zu werden. Zumindest war dies in den Anfangsminuten nicht der Fall.

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