Als Steffen am nächsten Morgen die Augen aufschlug, schien die Sonne bereits durch die Schlitze des Rollladens hindurch. Ein Blick auf sein Smartphone, das neben dem Bett auf dem Nachttischchen lag, reichte um ihm mitzuteilen, dass es bereits kurz nach zehn war. Verschlafen rieb er sich die Augen und konnte sich ein herzhaftes Gähnen nicht verkneifen. Er fühlte sich vollkommen ausgelaugt, denn er hatte die ganze Nacht sehr unruhig geschlafen. Nicht mal nach einer Partynacht fühlte er sich so fertig, wie an diesem Morgen. Doch an schlafen war auch nicht mehr zu denken, weshalb er seufzend die Bettdecke beiseite warf und sich aus dem Bett quälte. Barfuß und noch nicht vollkommen bei Bewusstsein tapste er den Flur entlang Richtung Küche. An einem solchen Morgen half nur eins: Kaffee! Die winzige Hoffnung sich nach einer großen Tasse etwas wacher zu fühlen. Steffen war noch nie wirklich ein Morgenmensch gewesen. Beim Abbiegen stolperte er jedoch über irgendetwas was am Boden lag. Verwirrt schaute er vor sich auf den Fußboden: Erst jetzt entdeckte er die zahlreichen Domino-Steine, die überall auf dem Boden verstreut lagen. "Toby?", rief er den Namen seines Mitbewohners. "Man Steffi! Weißt du wie lange das gedauert hat aufzubauen", fauchte er als er sah, dass er seine Dominostrecke, die genaustens berechnet war, zerstört hatte. Entschuldigend wollte Steffen sich bücken und die umgefallenen Steine wieder aufzustellen, doch Toby riss ihm diese wieder aus der Hand. "Am besten du lässt die Finger davon, bevor du noch mehr zerstörst", fauchte er genervt. "Will ich wissen, was das hier wird?", fragte er ihn, doch dieser brummte nur: "Du würdest es eh nicht verstehen." Amüsiert schüttelte er den Kopf, bevor er in der Küche verschwand, um sich seinen Kaffee zu kochen. Schmunzelnd beobachtete er währenddessen seinen besten Freund, der sorgfältig sein Projekt wieder zusammenbaute. Es hatte sich einiges im Hause Weinhold verändert, als sein bester und ältester Freund vor gut drei Jahren vor seiner Tür gestanden war. Die beiden kannten sich bereits von Kindesbeinen an und wussten beide jedes noch so winzige Geheimnis des anderen. Er war auch der einzige Mensch, der darüber Bescheid wusste, dass Steffen schwul ist. Das einzige was die beiden von einander Unterschied: Toby besaß einen IQ von 170 und verhielt sich deswegen manchmal etwas seltsam, doch im Laufe der Jahre hatte sich Steffen daran gewöhnt. Während die Kaffeemaschine den Kaffee zubereitete wanderte sein Blick über die zahlreichen Bilder, die an der Wand neben der Küche hingen. Unter ihnen war auch eins seiner Lieblingsbilder mit Filip von ihrem Kurztrip an den Gardasee. Auch wenn dieses Bild ihn immer wieder daran erinnerte, was er an diesem einen Tag verloren hatte, brachte Steffen es nicht übers Herz das Bild abzuhängen. Gedankenverloren ließ er seinen Finger über dieses wandern. Wie gerne würde er die Zeit zurückdrehen und all die schönen Erlebnisse mit Filip wiedererleben. Es war eine wunderschöne Zeit, die er nie vergessen wird, dennoch hatte sie ein so schmerzhaftes Ende. Und während er das Bild betrachte, spielte sich der gesamte Tag in seinen Gedanken erneut ab:
Rückblick, Bardolino, Lago di Garda April 2015:
Die Sonne brannte vom Himmel, während Filip ihn unternehmungslustig durch die Gäschen des Urlaubsörtchens Bardolino führte, ohne ihm zu sagen, wohin er ihn entführen wollte. Der Schweiß topfte ihm bereits von der Stirn, weil Filip es so eilig hatte. Es war gerade einmal Mitten im April und es hatte bereits 30 Grad. Ein besseres Wetter hätten sich die beiden für ihr spielfreies Wochenende, an welchem sie spontan an den Gardasee gefahren waren, gar nicht vorstellen können. "Kannst du nicht kurz eine Pause einlegen! Wir laufen gefühlt seit einer Stunde durch irgendwelche Gäschen und du willst mir immer noch nicht sagen, wohin wir gehen?", erwartungsvoll schaute er den Tscheche an, der diesen amüsiert musterte, während Steffen vollkommen aus der Puste erstmal tief durchatmen musste. "Deine Kondition könnte auch besser sein, Raffi", grinste er und boxte ihm leicht gegen die Schulter. "Ich war nicht vorbereitet auf einen Sprint um den halben Gardasee. Ich dachte eher wir bummeln etwas gemütlich durch die Gäschen, aber du zerrst mich durch die Gassen und ich hab nur diese blöden Flipflops an", beschwerte er sich, "wenn ich mir eine Blase laufe, dann erklärst du das Alfred." Filip schien das Gejammer seines Teamkollegen zu amüsieren. "Du bist schon so eine Pussi", meinte dieser lachend. "Ich hasse dich, hab ich dir das schon mal gesagt", fauchte Steffen, bevor er sich langsam wieder in Bewegung setzte. Doch weit kam er nicht, denn Filip hatte seine Hand erwischt und zog ihn breitgrinsend wieder zu sich zurück, bis die beiden nur noch wenige Millimeter voneinander trennten. Auf Steffens Lippen hatte sich dieses verführerische Grinsen gebildet, wie immer wenn er dem Tschechen so nah kam. In seinem Bauch wimmelte es nur vor Schmetterlinge und die beiden schwebten zusammen auf Wolke siebe. Beide flehten danach, dass der andere sie erlösen würde und endlich ihre Lippen miteinandervereinen würde. Der Tscheche war es mal wieder, der den ersten Schritt wagte und seine Lippen behutsam auf Steffens legten. Aus dessen Kehle entfuhr ein leichtes Stöhnen. Unterdessen erwiderte er verlangend den Kuss und zog den Größeren näher zu sich heran. Die ganzen anderen Passanten, die an ihnen vorbeiliefen und den beiden verwirrte und teilweise distanzierende Blicke zu warfen, bemerkten die beiden gar nicht. Zu sehr hatten sie ihre Gefühle in eine andere Welt entführt, in welcher es nur die beiden gab. Wie gerne würden sie so unbeschwert auch durch Kiel laufen können. Doch dort kannte sie jeder, weshalb sie sich dort niemals in der Öffentlichkeit so leidenschaftlich küssen durften. Nicht einmal Händchen halten war erlaubt. Keiner durfte Verdacht schöpfen was zwischen den beiden lief. Sie achteten sogar darauf, dass sie nicht zu häufig morgens zusammen zum Training fuhren. Teilweise fuhren sie mit getrennten Autos zur Halle, obwohl sie vom selben Ort losgefahren waren, nur um keine Gerüchte entstehen zu lassen. Vollkommen außer Atem lösten sich die beiden voneinander und hielten noch für einen Moment inne, in welchem sie sich nur in die Augen schauten. Sie mussten nichts sagen, dennoch wussten sie, was der Blick des anderen sagte. Dann griff Filip seine Hand und zog ihn weiter als wäre nichts gewesen. Kurz darauf waren sie an dem Strand angekommen, wo das Foto aufgenommen wurden war. Diesen Nachmittag würde er nie vergessen.
Das Geräusch der Kaffeemaschine die ihm mitteilte, dass der Kaffee fertig war, ließ ihn wieder zurück in die Ralität kehren. Seufzend wand er sich von dem Bild ab und nahm sich seine Tasse Kaffee, mit welcher er sich wieder auf den kleinen Balkon setzte. Von hier oben konnte er über das kleine Wohngebiet, das zu der Stadt Kiel gehörte hinwegblicken. Ein leichter Wind wehte über das Wohnviertel hinweg und ließ seine lockigen Haaren im Wind wehen. Der Geruch nach salzigem Wasser stieg ihm in die Nase und ließ ihn in Gedanken wieder in der Zeit zurückgehen, an diesen einen besondere Ausflug:
Noch immer erinnerte er sich an seinen überraschten Gesichtsausdruck, als er über den Abgrund hinabschaute, unterdessen ein geheimer Zugang zum See verborgen war. Nie wird er diesen zufriedenen Blick von Filip vergessen, als er Steffens Reaktion auf seine Überraschung sah. "Komm", forderte er seinen Freund auf und lief den kleinen Abhang hinunter. Noch immer fassungslos lief Steffen ihm hinterher. Irgendwo auf dem Weg hatte er seine Flipflops verloren. Über den heißen Sand hinweg lief er bis seine Füße auf das erfrischende Wasser trafen. Zwei starke Arme legten sich von hinten um ihn, und ließen seine Gefühle wieder vollkommen am Rad drehen. Was machte der Tscheche nur mit ihm? Steffen hätte es niemals für möglich gehalten, für einen Mann derartige Gefühle empfinden zu können. Natürlich war Steffen bereits als Jugendlicher klar geworden, dass er keine Gefühle für Frauen hatte und sich immer mehr zu Männern angezogen fühlte, doch noch nie zuvor hatte er für irgendeine Person so starke Gefühle gehabt. Er strahlte mit der Sonne um die Wette. "Danke", hauchte er Filip zu und drückte diesem kurz einen Kuss auf die Wange. "Lass uns diesen Moment festhalten, wer weiß, wenn wir wieder so eine Gelegenheit haben", schlug er vor.
Anschließend war das Foto entstanden, dass seither nun in Steffens Küche hing. Schon so viele Menschen hatten es gesehen, doch bisher war keiner auf die Idee gekommen, dass zwischen den beiden damals mehr gelaufen ist. Von außen wirkten sie wie ganz normale beste Freunde, doch für Steffen bedeutete dies alles so viel mehr. Noch nie zuvor hatte er eine Person so sehr geliebt wie Filip. Trotz des ganzen Schmerz, den er während den letzten Jahren immer mal wieder zu spüren bekommen hat, waren noch heute tief in ihm diesen starken Gefühle, die er weder verstehen noch einordnen konnte. Trotzdem wusste er, dass er diesen nicht mehr nachgeben darf. Filip war nun sein Trainer. Jedes persönliche Verhältnis was es früher einmal gegeben hat, hatte nun keine Relevanz mehr. Sie mussten wie erwachsene mit dieser Situation umgehen. Filip musste seiner Aufgabe als Trainer gerecht werden können und musste sich jedem Spieler über gleich verhalten, egal welche gemeinsame Vergangenheit und Erinnerung er mit diesem teilte. Steffen musste seine Pflicht als Spieler erfüllen und durfte sich nicht erneut von irgendwelchen Gefühlen ablenken lassen. Obwohl ihn die bevorstehenden Tage Angst machten, war da auch diese gewisse Vorfreude. Er würde ihn endlich wiedersehen. Ob er sich verändert hatte? In seinem Unterbewusstsein war da immer noch diese Hoffnung, die er so gerne ausschalten wollen würde, doch einfach nicht konnte. Wie sehr er auch versuchte diese Gefühle zu verdrängen, sie waren trotzdem da. Er wusste, dass er nie eine Person so lieben werden kann wie Filip, dennoch durfte er sich nicht nochmal auf ihn einlassen und er würde auch alles dafür geben, seinen Gefühlen Widerstand zu leisten. Das was einmal war, darf nie weider geschehen, wie sehr er es auch hoffte.
Nachdem er seinen Kaffee getrunken hatte, verließ er wieder den Balkon. Er hatte gerade die Tasse in der Spüle abgestellt, da ertönte ein lautes Kreischen aus dem Flur. "Es hat funktioniert! Ich bin einfach so genial, dass muss ich nachher unbedingt den anderen zeigen", quiekte Toby und hüpfte aufgebracht auf und ab, während sich über Steffenes Stirn ein großes Fragezeichen bildete. Kurz darauf war Toby in seinem Zimmer verschwunden, um vermutlich mit einem der anderen Genies, mit welchen er in einer abglegenen Garage unten an der Kiel Linie arbeitete, woran auch immer. Steffen hoffte einfach, dass Toby das Choas nachher wieder wegräumen würde, aber so gut wie er seinen Freund kannte, würde dies nachher wieder an ihm hängen bleiben. Seufzend verschwand er im Badezimmer, denn er sollte sich mal frisch machen, schließlich war er in gut zwei Stunden mit den anderen zum Essen verabredet. Was Steffen jedoch nicht ahnte, dass er eine bestimmte Person früher als gedacht wiedersehen würde.....
Für alle die nach diesem Spiel etwas zur Aufmunterung brauchen🙈😂 Hoffe das Kapitel gefällt euch🥰👍🏻!
P.S.: Sorry wegen Rechtschreibfehler hab das nicht mehr überprüft
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Hidden Kisses
Fanfiction~Man, denkst du nicht auch manchmal auch an uns zwei? Egal, was heute ist, es war 'ne wunderschöne Zeit~ Sie hätten sich niemals so nah kommen dürfen und doch geschah es unüberlegt und aus dem Bauch heraus. Entscheidungen wurden unüberlegt getroffen...