Steffen:
Es war ein vertrautes Gefühl, als sich meine Finger aus dem Harztopf etwas von klebrigen Substanz holten und auf meinen Handflächen verteilte. Andere Menschen würden angewidert das Gesicht verziehen, wenn sie sich Harz auf die Finger schmieren würden, doch für mich war das klebrige Haftmittel ein Stück Lebensfreude. Es war Teil des Sportes, den ich über alles liebte. Mein Herz pochte aufgeregt gegen meinen Brustkorb, während ich mir einen der Bälle aus dem Ballsack holte und ihn geschickt über das Handgelenk rollend auf den Boden prellen ließ. Es war das erste Mal nach der Sommerpause, dass wir eine Trainingseinheit mit den Bällen absolvieren würden. Bisher hatte die Vorbereitung hauptsächlich aus Lauf und Krafttraining bestanden. Nun würden wir endlich in den schönsten Teil der Vorbereitung einsteigen. Es war endlich wieder die Gelegenheit das machen zu dürfen, was wir alle am liebsten machten: Handball spielen! Nach der morgentlichen Laufeinheit und der dreistündigen theoretischen taktischen Einweisung in die neuen Spielzüge, die Filip in den nächsten Wochen mit uns erarbeiten wollte, war der Ball nun die richtige Gelegenheit um das Geschehene der letzten Tage sich von der Seele zu spielen. Ungeduldig wackelte ich hin und her und wartete darauf, dass Filip die nächste Ansage starten würde. Kurz darauf bekamen wir die bereits erwartete Anweisung: "Immer zu zweit einen Ball und dann werft ihr euch ein", forderte uns die ruhige Stimme des Tschechen auf. Ich ließ meinen Blick durch die Reihen meiner Mitspieler wandern. Harald schaute mich bereits fragend an und ich gab ihm mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass ich mich gerne mit ihm einwerfen würde. Es bildeten sich die gewöhnlichen Gruppen. Ich ließ meinen Ball am Seitenrand liegen und stellte mich gegenüber von Harald hin und wartete darauf, dass er mir den Ball zu passen würde. Auch wenn wir seit Wochen keinen Handball mehr in der Hand hatten, waren alle Abläufe noch immer gespeichert und jede Bewegung lief automatisch ab.
Nachdem wir uns locker eingeworfen hatten, war es an der Zeit Niklas und Dario nacheinander einzuwerfen. Nun hatte ich die perfekte Gelegenheit, meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und alles was sich in den letzten Wochen angestaut hatte, rauszulassen. Wut! Angst! Verzweiflung! Frust! Hier und da landete einige Würfe laut krachend am Pfosten oder der Latte, doch dies sorgte noch mehr, dass sich das Gefühlschaos in meiner Brust etwas beruhigte. Ich blendete alles um mich herum aus und für diesen Moment gab es nur den Ball, das Tor und mich. Ich war in der Welt, in welcher ich mich am wohlsten fühlte. Aber nicht nur ich, schien mir die Gefühle vom Leib spielen zu wollen. Auch Niko feuerte den ein oder anderen wütenden Wurf aufs Tor. Nachdem das Aufwärmprogramm beendet war, wurde die Mannschaft in zwei Gruppen aufgeteilt und an zwei unterschiedlichen Toren wurden der neue Spielzug in Kleingruppen eingeübt. Ziel des neuen Spielzugs, der den schönen Namen Förde links bekommen hat, ist es die gegnerische Abwehr auszuspielen und eine Überzahl zu generieren auf einer Seite. Nach einem normalen Spielaufbau, beginnt der Spielzug mit einem Kreisel des Kreisläufers mit dem Spielmacher. Während sich der Kreisläufer in der Abwehr zwischen 2 und vier absetzt, läuft der Spielmacher eine Kreuzung ohne Ball mit dem Halb Linken, während ich als Rückraum Rechts Spieler, den Ball von Kreisläufer weitgeleitet. Zeitgleich während dieser sich zum Sperre absetzen in die gegnerische Abwehr fallen lässt, gehe ich in der Naht Stelle ins eins gegen eins, um einer Überzahl Situation auf der linken Seite zu schaffen. Ist dies der Fall leite ich den Ball an den aus der Kreuzung heranlaufenden Halb Linken weiter, der auf die sich entstehende Lücke Richtung Tor zieht. Nachdem die groben Laufwege ohne Abwehr eingespielt waren, wurden die Teilübungsgruppen zusammengelegt und der Spielzug mit Abwehr geübt. Doch so geschmiert wie es in den Einzelngruppen gelaufen lief, es dann in der großen Gruppe doch noch nicht. Vor allem, weil mich die ständig beobachteten Augen von Filip vollkommen aus dem Konzept brachten, was bereits schnell dazuführte, dass nicht nur meine Nerven an ihre Grenzen kamen.
Beim ersten Versuch stolperte ich beim Eins gegen Eins Versuch gegen Sander Sargosen über meine Füße und schaffte es zwar noch irgendwie den Ball Richtung heranlaufenden Niko weiterzuleiten, doch dieser schaffte es nicht diesen zu kontrollieren. Beim zweiten Mal verlor ich beim Eins gegen Eins einfach den Ball. Dann kamen einige Versuche rein, bei denen ich es schaffte den Ball an Niko weiterzuleiten und dieser auf die freie Lücke zog, doch den Ball mehrmals an die Latte oder den Pfosten hämmerte. Mit jedem weiteren Versuch, bei dem nicht alles rund lief spürte ich, wie ich immer mehr gefrustet war, dass mein Plan mir durch eine gute Leistung im Training bessere Laune zu verschaffen in weite Ferne rückte. Ich war unzufrieden mit mir und meiner Leistung. Doch am meisten regte es mich auf, dass das alles nur geschieht, weil ich nicht bei der Sache war, weil mich Filips Anwesenheit nervös werden ließ. Wieso schaffte ich das nicht einfach auszublenden? Wieso hatte ich denn überhaupt noch das Bedürftnis Filip von mir beeindrucken zu wollen? Einen Moment war ich nicht konzentriert, weil ich mal wieder in Gedanken versunken war, und verpasste meinen Einstieg und der Pass von Bammbamm flog an mir vorbei einmal quer durch die Halle. Zu allem Überfluss hatte Niko nicht realisiert, dass ich geschlafen habe und war zu seinem Einsatz in die Mitte des Spielfelds gelaufen, wo auch er diesmal stolperte und sich bauchlangs auf den Hallenboden legte. Nun war es auch Filip zu viel. Er unterbrach die Übung für einen kurzen Moment und bat Niko und mich zu sich.
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Hidden Kisses
Fanfiction~Man, denkst du nicht auch manchmal auch an uns zwei? Egal, was heute ist, es war 'ne wunderschöne Zeit~ Sie hätten sich niemals so nah kommen dürfen und doch geschah es unüberlegt und aus dem Bauch heraus. Entscheidungen wurden unüberlegt getroffen...