92: Blutige Angelegenheit

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Steffen:

Es war ein schönes Gefühl seit langem Mal wieder von Anfang an auch im Angriff spielen zu können. In den letzten Wochen hatte immer Harald den Vortritt vor mir erhalten, weil er aktuell auch einen guten Lauf hatte. Ich war hauptsächlich nur noch in der Abwehr zum Einsatz gekommen und hatte meine wenigen Tore meistens nur über die zweite Welle erzielen können, die ich natürlich immer noch mitlief, bevor ich zum Wechsel wieder zurück auf die Bank lief. Doch heute hatte mich Filip mal wieder in die Anfangsaufstellung gestellt, schließlich hatten wir ein hartes Programm mit bis zu drei Spielen innerhalb einer Woche. Da musste man die Kräfte auf den Schultern aller Spieler gut verteilen. Umso mehr wollte ich ihm heute beweisen, dass er mich zukünftig auch mal wieder öfters im Angriff bringen sollte.

Ein letzter Griff in die Harzdose. Harald kam nochmal kurz her, um sich mit mir abzuklatschen, bevor ich mich dann zu meinen Mannschaftskollegen aufs Feld begab. Wir hatten Anwurf. Die Schiedsichter pfiffen das Spiel an. Wir ließen den Ball erstmal durch die Reihe wandern, sodass jeder einmal den Ball in der Hand hielt und ein Gefühl für den Spielball bekam. Dann noch ein kurzes Abklatschen mit seinen direkten Gegenspieler. Dann waren alle Nettigkeiten vorerst beiseite gelegt und der Fokus wurde auf den ersten Angriff gelegt. Miha, der als Spielführer das Wort hatte, was wir als erstes für einen Spielzug spielen würden, kooridinierte das Spiel gleich im ersten Angriff. Zwar blieb Sanders erste Wurfchance im Block hängen, trotzdem schaffte ich es, den Ball wieder aus der Luft zu fischen, sodass wir im Ballbesitz blieben. Die Schiedsrichter hoben kurz darauf die Hand, um passives Spiel anzuzeigen, weswegen uns nur noch sechs Pässe bis zum Abwurf blieben. Gerade kreuzte Miha mit Sander und ich kam von der Halb Rechten Position angelaufen und bekam den Ball weitergeleitet. Ich erkannte, dass der Mittelblock Spieler etwas zur Mitte aufgerückt war, um seinen Nebenmann bei einem möglichen Eins gegen Eins Versuch von Sander unterstützen zu können. So hatte sich eine kleine Lücke zwischen Mittelblock und Halbspieler gegeben. Auf diese zog ich mit purem Drang zum Tor. Im Fallen feuerte ich den Ball Richtung Tor ab und schaffte diesen am Torhüter vorbei im Tor unterzubringen.

Mit einem zufriedenen Grinsen auf den Lippen stand ich wieder auf und rannte mit einer Faust Richtung der Mitspieler auf der Bank, die alle jubelnd aufgesprungen waren, wieder zurück, um rechtzeitig wieder in der Abwehr zu stehen. Aber einen kurzen Blick warf ich in Filips Richtung der mir zufrieden zugrinste und gleichzeitig anfeuernd in die Hände klopfte, denn die Eulen begannen bereits ihren ersten Angriff. Durch gutes Verschieben in der Abwehr schafften wir es die Eulen bereits von Anfang an, nicht zu klaren Wurfchancen kommen zu lassen. Wir zwangen sie bereits von Anfang an zu einfach technischen Fehlern. Anschließend wurde der THW Express gezündet und wir überrannten sie in der zweiten Welle. Auch das 3:0 wurde von mir erzielt. Sofort spürte ich dieses zufriedene Gefühl in meiner Brust und das zusätzliche Adrenalin, welches von meinem Körper freigeschalten wurde. Ich hatte das Gefühl, dass dies heute eins meiner besten Spiele seit langem werden könnte. Ich war richtig motiviert. Die Spielfreude war sowas von vorhanden bei uns allen. Wir brachten die Eulen schnell zur Verzweiflung. Nachdem gerade mal 5:30 Minuten gespielt waren, stand es bereits 4:0 für uns, weswegen der Trainer der Eulen bereits früh seine erste Timeout Karte legen musste. Jubelnd rissen wir die Arme nach oben. Dies war immer ein gutes Zeichen, wenn die gegenerische Mannschaft bereits früh die Auszeit legen musste. Dies bedeutete, dass wir gut ins Spiel gekommen war. Breit grinsend lief ich auf auf den Mannschaftskreis zu. Harald kam mit meiner Trinkflasche auf mich zu und klopfte mir nochmal puschend auf auf die Schulter, bevor wir uns in den Kreis dazustellten und lauschten, was Filip uns zu sagen hatte. Als Erstes lobte er uns dafür, dass wir von der ersten Minute an hellwach waren und er forderte, dass wir genau mit dem gleichen Arrangement weiterspielen sollten.

Anschließend gab er Miha nochmal ein zwei Spielzüge an die Hand, die er in den nächsten Angriff gut spielen könnte, bevor er Miha das Wort überließ, damit dieser uns bereits mitteilen konnte, welchen Spielzug wir als nächstes spielen könnten. Dann riefen wir unseren Schlachtruf. Ich gab Harald meine Flasche zurück, klatschte nochmal mit ihm ab, bevor ich dann wieder zurück auf meine Position lief. Zwar schafften die Eulen anschließend ihr erstes Tor zu erzielen, doch in der 10 Minute waren wir bereits auf 7:2 davongezogen. Alles lief nach Plan. An Filips Miene konnte man erkennen, dass er mit unserem Spiel bisher mehr als zufrieden war, während sich auf der Stirn von Ben Matschke bereits erste Fragezeichen gebildet hatte, wie er unseren Lauf unterbrechen könnte, dass sie vielleicht nochmal eine Chance hätten ranzukommen. Erneut gelang es uns durch gutes Verschieben in der Abwehr Remmlinger zu einem etwas unvorbereiteten Wurf zu zwingen, der dann am Tor vorbeiging. Sofort drückten wir aufs Tempo, um eine eventuelle Überzahlsituation erzeugen zu können, während diese noch nicht geordnet in der Abwehr standen. Ich bekam im Laufen den Ball von Sander zugespielt, während wir zusammen mit zwei Kreisläufern die zweite Welle spielten. Mein Blick lag auf die Abwehr gerichtet, um eine eventuell noch so winzige Lücke erkennen können, auf welche ich dann im Eins gegen Eins ziehen konnte. Dies war mein Spiel. Die zweite Welle. Ich liebte das Eins gegen Eins Spiel. Ich war nicht der Spieler, der bevorzugt aus der zweiten Reihe warf. Ich ging immer dorthin, wo es auch mal wehtat und man einiges einstecken musste. Meine Stärke war das Eins gegen Eins. Auch jetzt erkannte ich wieder eine Lücke und zog direkt in diese. Dieses Mal schafften es die Abwehrspieler allerdings mich noch so beim Wurf behindern zu können, dass ich etwas unsanft auf dem Hallenboden landete und der Wurf von ihrem Torhüter entschärft werden konnte. Doch es wurde Freiwurf für uns gepfiffen. Ich rappelte mich wieder auf, während Peke zum Spezialistenwechsel auf die Bank rannte, um Miha zu holen. Dieser teilte uns sofort den nächsten Spielzug mit.

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