88: Angst um Steffen

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Filip:

Die Kabinentür fiel krachend ins Schloss und in diesem Moment wurde mir bewusst, dass Steffen weg war. Sofort begannen diese tiefen Schuldgefühle sich in meiner Brust breit zu machen. Hatte ich einen Fehler gemacht? Hätte ich ihm zu hören sollen? Hatte ich soeben als Freund versagt? Natürlich konnte ich nachvollziehen, wie Steffen sich gerade fühlte. Auch für mich war es ein kompletter Schock und ich hatte keine Ahnung, welche Konsequenzen das alles jetzt für uns haben würde. Doch ich musste auch als Trainer reagieren. Wie sehr ich auch Steffens Wut nachvollziehen konnte: Als Trainer konnte ich es ihm einfach nicht durchgehen lassen, dass er so über Sander sprach. Natürlich hatte dieser einen großen Fehler gemacht, der weitreichende Konsequenzen für uns alle haben könnte. Doch dieser war doch bereits gestraft genug damit, dass er sich nun diese Vorwürfe machte, dass er an allem Schuld war. Man sah es Sander förmlich an, wie sehr er es bereute. Trotzdem fühlte es sich so an, als wäre ich jetzt der Verräter. Ich spürte diesen stechenden Schmerz in meiner Brust. Mein Herz sagte mir, dass ich ihm nachlaufen sollte. Mein Verstand sagte mir, dass ich ihn jetzt lieber in Ruhe lassen sollte.

Ich spürte wie sich die erste mitfühlende Hand auf meine Schulter legte. "Mach dir keine Vorwürfe: Ich glaube wir alle hätten sagen können, was wir wollen, es wäre gerade alles in Steffens Augen falsch gewesen. Ich glaub wir müssen einfach warten, bis er sich wieder beruhigt hat", hörte ich die beruhigende Stimme von Rune. Ich wusste, dass der Kieler wie immer Recht hatte, doch in diesem Moment fühlte es sich einfach so schrecklich an. Erschöpft ließ ich mich auf Steffens Platz in der Kabine nieder und fuhr mir erstmal seufzend durchs Haar. Ich brauchte einfach einen kurzen Moment, um wieder klar denken zu können. "Es tut mir so leid - ich wollte das alles nicht", brach die verzweifelte Stimme von Sander die Stille und einige von den Mannschaftskollegen setzten sich mitfühlend zu ihm und versicherten ihm, dass alle wussten, dass er dies nicht mit Absicht gemacht hatte. So langsam begann auch ich zu realisieren, was für einen großen Stein Sander da losgetreten hatte. Ich hatte noch nicht mal erfahren, wie es dazu überhaupt gekommen war.

"Sander: Wie kam es überhaupt dazu?", fragte ich schließlich in einem ruhigen Ton an unseren zusammengekauerten Norweger. "I was asked for an interview in German: And at the end he asked me this question I not really understood and I don't know irgendwie es ist mir wie sagt man...", stammelte der Norweger vollkommen neben der Spur vor sich herum. "Rausgerutscht", half ihm Peke auf die Sprünge, woraufhin Sander nickte. Auch wenn ich auch dieses seltsame Gefühl in meiner Brust spürte, welches ich einfach nicht einordnen konnte, wusste ich einfach, dass Sander es gerade zutiefst bereute. Ihn traf keine Schuld. Es hätte jedem von uns passieren können. Wenn überhaupt war ich selbst schuld. Ich hatte meiner Mannschaft diese Bürde aufgedrückt. Vielleicht wäre es einfach besser gewesen gleich mit offenen Karten zu spielen. Doch es half jetzt nicht weiter den Schuldigen zu finden. Wie sollten uns eher Gedanken machen, wie wir dies alles wieder gerade biegen. Hilfesuchend warf ich einen Blick zu Sprengi und Victor. Diese wussten doch immer weiter. Doch auch diese schienen noch nach einem Ausweg zu suchen.

"Ich glaube, das Einzige, was wir jetzt machen können ist es zu bestätigen", brach Victors Stimme schließlich die Stille. Ich nickte. Es führte kein Weg mehr daran vorbei. Steffen und ich mussten unsere Beziehung öffentlich bestätigen. "Ich rede heute Abend mit Steffen, wenn er sich wieder beruhigt hat, in welcher Art und Weise wir es den Fans mitteilen", seufzte ich. Ich hoffte einfach nur, dass ich auch die Gelegenheit bekommen würde mit ihm nochmal in Ruhe zu sprechen. Wer weiß, ob er nicht wieder vollkommen untertauchte. Langsam begann ich mir echt Sorgen zu machen. Mittlerweile waren in etwa zwanzig Minuten vergangen seit Steffen wutentbannt die Kabine verlassen hatte. Mittlerweile waren so gut wie alle Jungs auch nach Hause gefahren. Lediglich Sprengi, Victor, Dule, Rune, Sander und ich waren in der Kabine zurückgeblieben. Wir alle schwiegen uns seit einigen Minuten einfach nur an und schienen das Geschehene erstmal verdauen zu müssen. Sander hatte sich bereits weitere tausend Mal entschuldigt. Er hatte noch immer so ein schlechtes Gewissen. Doch mittlerweile konnten wir daran auch nichts mehr ändern.

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