Hidden Kisses

99: Ein langer Weg ...

Steffen:

18:13 stand es auf dem Videowürfel an der Hallendecke, als ich gegen Ende der Halbzeit als einer der Letzten aus dem Kabinengang Richtung Halle zurückkehrte. Ich zupfte mir das Trikot wieder zurecht und sah, dass die anderen bereits ungeduldig auf mich im Kreis warteten, weshalb ich mein Gehtempo etwas erhöht. "Raffi jetzt beweg dein Arsch hierher", rief Dule durch die ganze Halle. Unterdessen war ich noch nicht wieder zurück in die Realität zurückgekehrt. Noch immer spürte ich den Rausch von den zärtlichen Küssen von Filip auf meiner Haut, welcher mich auf Wolke 7 schweben ließ und es unmöglich machte, nicht dieses verträumte Lächeln aufzusetzen. Noch immer mussten meine Wangen leicht rot gefärbt sein und auch an Filips Frisur wussten glaub alle aus der Mannschaft, was Filip und ich noch so lange in der Kabine zu "bereden" hatten. So viel dazu: Professionalität! Von hinten spürte ich ohne mich umzudrehen, dass sich Filip näherte und bevor ich es ihm verbieten konnte, gab dieser mir lachend noch einen Klaps auf den Hintern, was dafür sorgte, dass ich genervt die Augen verdrehte und meine Wangen noch mehr zu glühen begannen, bevor ich mich zwischen Oskar und Rune in der Kreis quetschte, damit wir uns endlich auf die zweite Halbzeit einschwören konnten. Für mich ging es erstmal wieder auf dem direkten Weg Richtung Bank. Im Vorbeigehen hörte ich Rune noch kopfschüttelnd in meine Richtung fragen: "Was habt ihr beide denn da noch so lange in der Kabine getrieben?" Ich zuckte nur lachend mit den Schultern und ließ sich Rune selbst ausmalen, was Filip und ich noch so lange zu "besprechen" hatten. Beim Vorbeigehen grinste mich Filip nochmal so knuffig an und zwinkerte mir zu, dass ich eine Schmetterlingenherde durch meinen Bauch fliegen spürte, ehe ich mich auf einen freien Platz auf der Bank niederließ und erstmal einen Schluck aus meiner Wasserflasche nahm. Sander lief noch einmal an der Bank entlang und klatschte mit jedem einzelnen von uns ab. Dann wurden die nächsten 30 Minuten angepfiffen. Wir mussten die nächsten 30 Minuten diesen Vorsprung über die Zeit bringen, dann würden wir morgen im Finale gegen den FC Barcelona spielen und könnten uns allen einen Traum erfüllen. Doch bis dahin lagen uns allen noch kraftraubende und extrem lange wirkende 30 Minuten harter Kampf bevor, denn wir wussten, das Veszprem nun alles geben würde, um den Vorsprung von uns wieder einzuholen. Wir mussten wachsam sein. Im Handball waren 5 Tore nichts. Ein zwei leichte Fehler und alles war wieder offen.

Ich spürte diese Nervosität durch meinen Körper rauschen, während ich versuchte in meiner kurzen Phase der Pause, so viel Kräfte wie möglich zu sammeln, um sobald ich eingewechselt bin, dem Team helfen zu können. So viel zu wachsam bleiben, es dauerte nicht mal 40 Sekunden da verloren wir bereits den Ball durch einen schlechten Pass von Dule zu Harry. Zu allem Überfluss waren wir ja noch in doppelter Unterzahl, weshalb es nur wenige Sekunden dauert und wir kassierten das erste Gegentor in der zweiten Hälfte. Aus fünf Toren Vorsprung waren gleich vier geworden. Immerhin war die Zeitsrafe von Rune bereits wieder abgelaufen. Ich war kurz in Gedanken versunken, als Filip meinen Namen rief und mich erschrocken zusammenzucken ließ. Harald kam Richtung Bank gelaufen, weswegen ich schnell von meinem Platz aufsprang, ohne zu wissen was vorgefallen war. Meine Pause war anscheinend kürzer als erwartet. Ich lief an Harald vorbei der mir anzeigte, dass er wegen Blut am Trikot vom Platz geschickt wurde und sprintete dann aufs Spielfeld zu meiner Position. Blitzschnell musste ich meinen Fokus aufs Spiel umstellen und hoffte, dass mir dies gelingen würde, schließlich stand einiges auf dem Spiel. Dule traf im nächten Angriff zum 19:14. Auch die Veszpremer waren noch nicht 100% in der zweiten Halbzeit angekommen und es gelang uns mit unser 3-2-1 Deckung unseren Gegner zum Ballverlust zu zwingen. Ich rannte blitzschnell zur Auslinie, um den Ball so schnell wie möglich wieder ins Spiel zu bringen, sodass wir die zweite Welle nutzen könnten. Peke bekam den Ball von Eki durchgesteckt - 20:14. Kurzes Durchatmen auf dem Weg zurück wieder in die Abwehr. Umstellung auf die 6-0 Deckung. Es ging Schlag auf Schlag. Das Spiel nahm so langsam wieder Fahrt auf und ließ einen gefühlt keine Sekunde, um durchzuatmen.