Während der Fahrt zurück zur Praxis, rügte ich mich unaufhörlich selbst für meine Zusage. Denn eigentlich hatte ich momentan ganz andere Dinge im Kopf, als nun mit Hans auszugehen. 'Oder besser gesagt jemand ganz anderen.', dachte ich wehmütig und begann erneut innerlich zu fluchen. An Martin wollte ich jetzt gleich mal gar nicht denken, das würde es nur noch schlimmer machen. Und außerdem durfte ich mir gleich sowieso nichts anmerken lassen, weshalb ich versuchte wieder runter zu kommen. Vielleicht würde es ja auch ganz schön werden, Hans konnte schließlich auch ziemlich nett sein. Und es war auch kein offizielles Date, sondern einfach nur ein Abend mit einem Freund.
Waren wir inzwischen überhaupt Freunde? So viel hatte ich bis jetzt auch nicht mit Hans zu tun gehabt, zwar sagen wir uns regelmäßig wenn ich auf dem Gruberhof vorbeischaute, aber da redeten wir eigentlich nur über belanglose Themen. Und das auch nur dann, wenn wir mal höchstens fünf Minuten allein miteinander waren. Und nun sollte ich einen ganzen Abend mit ihm verbringen und hatte jetzt schon keine Ahnung, worüber ich mich mit ihm unterhalten sollte. Dennoch würde ich es nicht absagen und hingehen, bestimmt ergab sich alles von selbst. Vielleicht musste ich auch einfach mal wieder raus kommen, schließlich war ich seit ich Mutter war überwiegend zu Hause und kümmerte mich um Kira. Bei Susanne war ich auch schon länger nicht mehr gewesen und freute mich schon darauf, sie endlich wieder zu sehen.
Als ich parkte, verließ gerade eine junge Frau die Praxis und stieg in ihren Wagen. Ich selbst stieg aus und ging hinein. "Na, wie war's?", fragte Martin mich und übergab mir gleich meine Tochter, die er auf dem Arm hatte. "Informativ. Und ich bin dabei, wenn auch erstmal auf Probe.", berichtete ich ihm stolz. "Das ist toll, wirklich. Ich bin gespannt, wie du dich bei den Einsätzen anstellen wirst.", antwortete Martin grinsend. "Sie wird das schon schaffen.", wandte Roman ein, der wie sonst auch großes Vertrauen in mich hatte.
Ein paar Patienten standen dann noch auf dem Plan und ich schaffte es tatsächlich, mir wegen dem heutigen Abend nichts anmerken zu lassen.
Gegen 17 Uhr machte ich mich dann auf den Heimweg und ging gleich duschen. Das Kira auf der Fahrt eingeschlafen und auch nicht aufgewacht war, als ich sie in ihr Bett gelegt hatte, kam mir da sehr gelegen. So nahm ich lediglich das Babyfon mit ins Bad und da sie sich kein einziges Mal meldete, konnte ich mir genügend Zeit lassen. Kira war ein ruhiges Kind, das viel schlief und das ich manchmal sogar zum Stillen aufwecken musste.
Ich hatte mir das Dasein als Mutter wesentlich schwieriger vorgestellt, aber hatte mich schnell daran gewöhnt und wollte mein kleines Mädchen nie wieder missen. Aber trotz das ich ganz gut allein zurecht kam, wuchs langsam wieder der Wunsch nach einem Mann an meiner Seite. Die Strapazen mit Stefan hatte ich soweit überwunden und ich glaubte Gefühle nun wieder zulassen zu können. Ansonsten würde ich mich bestimmt nicht erneut so zu Martin hingezogen fühlen, aber dies wollte ich mir einfach noch immer nicht ganz eingestehen.
Vielleicht war genau deshalb ein Abend wie dieser heute nötig, auch wenn ich mit seinem Bruder verabredet war.
Ich stellte das Wasser ab und verließ die Dusche. Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, schlüpfte ich in meinen Bademantel und ging ins Schlafzimmer. Dort stand ich dann wie immer eine Weile ratlos vor meinem Kleiderschrank und überlegte was ich anziehen konnte. Da es meiner Meinung nach ein ganz zwangloses Treffen war, entschied ich mich ganz einfach für eine Jeans und ein halbwegs schick aussehendes Oberteil. Als ich es jedoch angezogen hatte und mich im Spiegel ansah, bemerkte ich das die Naht an einer Stelle des T-Shirts aufgetrennt war. Zwar war das Loch nicht groß, aber nähen wollte ich es trotzdem.
Also wollte ich mir gleich Nadel und Faden aus dem Nähkasten holen, der gleich unten in meinem Kleiderschrank stand. Dieser war ziemlich groß und enthielt alles, was man brauchte. Jedoch hatte ich monatelang schon nichts mehr nähen müssen und dementsprechend nicht nachgesehen, was sich eigentlich noch darin verbarg. Auf der Suche nach einem farblich passendem Garn hob ich den Einsatz mit allem möglichen Zubehör heraus und erblickte ein Tuch, in dem offensichtlich etwas eingewickelt war.
Von mir war es definitiv nicht und ich spürte wie ich mich augenblicklich verkrampfte. Denn es kam nur noch eine Person in Frage die das dort hinein gelegt haben konnte und das war Stefan, der mittlerweile ja im Knast saß. Ich schluckte hart und berührte das Tuch, tatsächlich befand sich darunter ein Widerstand. Meine Hand begann zu zittern und ich nahm das Bündel heraus, danach stellte ich das Nähkästchen erstmal neben mich aufs Bett. Stück für Stück faltete ich den Stoff auf und erkannte ein aussagekräftiges Detail, das mir einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ.
"Per l'amore di Dio!", flüsterte ich heißer, was so viel hieß wie 'Um Gottes Willen' und starrte entsetzt den unverwechselbaren Lauf einer Pistole an. Nach einem kurzen Zögern entfernte ich das Tuch komplett und es kam der ganze Revolver zum Vorschein. Erstmal schlug ich mir die Hand vor den Mund und auch das Zittern wurde stärker. Das die schon länger da drin liegen musste war mir klar und ich hatte nichts davon bemerkt.
Ich nahm das Fundstück in die Hand, um es mir genauer anschauen zu können. Viel Ahnung von Waffen hatte ich nicht, aber Stefan hatte mir einiges darüber erzählt und mich am Anfang unserer Beziehung mal zu einem Schießtraining mitgenommen. Da hatte ich mich laut ihm ziemlich gut angestellt, also wusste ich wie ich mit so einem Teil umzugehen hatte. Schließlich hätte ich ihn damals beinahe erschossen, aber Martin und die Polizisten hatten mich davon noch abhalten können. Soweit ich das beurteilen konnte, handelte es sich hier um eine neun Millimeter Pistole und die Seriennummer war unkenntlich gemacht worden.
'Ob sie wirklich geladen ist?', fragte ich mich und mein Herz klopfte mir vor Aufregung bis zum Hals. Um das herauszufinden entfernte ich gekonnt das Magazin, das noch voll war und 16 Patronen enthielt. Nun überlegte ich zu tun war, ob ich die Polizei benachrichtigen sollte oder nicht. Sollte ich mich dafür entscheiden, würden sie mich wieder mit ihren Fragen löchern und ich sah mich erneut bei einer nervenaufreibenden Aussage auf dem Präsidium sitzen. Meldete ich es aber nicht, so machte ich mich selbst strafbar und riskierte eine Anzeige.
Lange saß ich dann noch mit der Pistole in der Hand da und starrte sie unaufhörlich an. "Was mach ich nur, was mach ich nur?", murmelte ich vor mich hin und ging nochmal alle Möglichkeiten durch. Letztendlich wickelte ich die Waffe wieder in das Tuch ein und legte sie zurück in den Nähkasten. Egal ob ich zur Polizei ging oder nicht, Stefan war bereits wegen unerlaubten Waffenbesitz verurteilt worden und an der Länge der Strafe würde sich wahrscheinlich sowieso nicht viel ändern. Außerdem wollte ich nicht schon wieder alles durchleben müssen und entschied mich deshalb dafür den Revolver bei passender Gelegenheit selbst zu entsorgen.
Ich stellte den Kasten wieder an seinen Platz in meinem Kleiderschrank und suchte erneut nach einem Oberteil. Dabei dachte ich darüber nach, dass ich anscheinend die ganze Zeit über hätte an eine Waffe gelangen und mich vielleicht so hätte gegen Stefan verteidigen können. Aber vermutlich wäre das nach hinten los gegangen, schließlich war Stefan ausgebildeter Polizist und hätte gewusst wie er sich dann am besten hätte verteidigen können.
Schnell wandte ich mich wieder meiner eigentlichen Aufgabe zu, ich musste mich ja noch fertig machen. Nachdenklich trottete ich zurück ins Bad um mich ein wenig zu schminken. Das Treffen würde ich wegen diesem kleinen Zwischenfall nicht absagen, denn jetzt hatte ich die Ablenkung erst recht nötig. Kaum war ich fertig, wachte Kira wie auf Kommando auf. Auch sie machte ich fertig und packte anschließend die Wickeltasche, dann mussten wir auch schon losfahren.
Wie immer war im Gasthof einiges los und ich hatte meine Probleme Hans zu entdecken. Irgendwann sah ich ihn dann von einem Tisch her winken und ging zu ihm. "Guten Abend, Hans.", sagte ich und stellte den Maxi-Cosi schon mal auf die Bank ihm gegenüber und zog meine Jacke aus. "Schön, dass es geklappt hat.", meinte er lächelnd und ich setzte mich hin. "Das finde ich auch.", antwortete ich der Freundlichkeit wegen und auf einmal stand Susanne vor uns. "Gemma ist also deine Verabredung für heute?", fragte sie Hans verblüfft und dieser nickte. "Oh, na dann.. was wollt ihr denn trinken?", wollte sie nun von uns beiden wissen.
Hans ließ mich als erstes bestellen. "Eine Cola.", sagte ich und Susanne schrieb es sich auf. "Und für dich?", fragte sie Hans. "Ein Bier." Auch das notierte sie sich und ging gleich darauf davon. Währenddessen nahmen wir uns jeder eine Speisekarte und es herrschte nun erstmal Schweigen. Susanne brachte uns dann unsere Getränke und wir bestellten uns gleich auch etwas zu essen.
Wir begannen nun ein Gespräch, aber dies ging wie immer eher über alltägliche Dinge und ich wusste auch ehrlich gesagt nicht worüber ich mich mit Hans unterhalten sollte. Eigentlich hatte ich gedacht es würde sich ergeben, jedoch hatte ich damit wohl unrecht gehabt. Mit Martin hatte ich mich immer über spannende Fälle unserer medizinischen Laufbahn unterhalten können oder auch über privates, nur schien Hans dafür nicht gerade der Typ zu sein.
Ich saß ihm gegenüber und hörte zu, was er zu sagen hatte. Als Kira zu knatschen anfing, nahm ich sie aus dem Maxi-Cosi und wiegte sie ein wenig im Arm. Auf keinen Fall wollte ich, dass sie den gesamten Gastraum zusammen schrie und dies hatte ich somit verhindern können. "Darf ich sie vielleicht mal halten?", fragte Hans plötzlich. "Ähm.. klar.", antwortete ich und er kam zu uns herüber. Ich übergab ihm meine Tochter, die davon aber alles andere als begeistert war und nun doch noch zu weinen begann. "Nimm du sie am besten wieder.", sagte Hans schnell und kaum lag sie wieder in meinen Armen, war sie wieder zufrieden. "Bei Fremden ist sie immer ein wenig skeptisch.", erklärte ich ihm, da er mir schon ein wenig leid tat. "Beim Martin hat sie nie geschrien. Ich komme gleich wieder."
Hans stand auf und seine Aussage gerade hatte für mich danach geklungen, als ob er auf seinen Bruder aus welchem Grund auch immer eifersüchtig wäre. "Das Essen dauert noch, wir haben Hochbetrieb in der Küche. Darf ich dir noch was zu trinken bringen?"
Erneut stand Susanne da und hatte sofort bemerkt, dass ich mein Glas schon geleert hatte. "Darfst du. Einen Ramazzotti und zwar 'n doppelten. Oder noch besser bring mir gleich die ganze Flasche, ansonsten steh ich den Abend hier wahrscheinlich nicht durch!", entfuhr es mir ohne das ich darauf Einfluss nehmen konnte.
Susanne setzte sich daraufhin neben mich. "Ist Hans denn wirklich so eine schlechte Gesellschaft?", fragte sie und ich seufzte. "Eigentlich nicht, er kann ja auch ganz nett sein. Aber.." Ich wusste nicht wie ich ihr mein Problem erklären sollte, da ich selbst kaum Ahnung hatte was es letztendlich eigentlich für eins war. "Aber?", hakte die Wirtin nach. "Ach Susanne, ich weiß es doch selbst nicht!", jammerte ich nun. "Doch, du willst es dir nur nicht eingestehen. Es ist wegen Martin, hab ich recht?"
Darauf sagte ich erstmal nichts, sondern senkte den Blick auf meine Tochter die mich neugierig ansah. "Gemma, du weißt du kannst mir alles erzählen und du kannst mir auch nichts vormachen. Ich war selbst mal in Martin verknallt und von ihm los zu kommen ist beinahe unmöglich." Susanne sprach tatsächlich das aus, was ich nicht zugeben wollte. "Ich bin über Martin hinweg!", beteuerte ich ihr deshalb, klang aber ziemlich zickig. "Und das glaubst du dir selbst, wenn ich es dir schon nicht abkaufe? Ich bin mir sicher, dass du lieber Martin da gegenüber sitzen hättest als seinen Bruder. Das ist dein 'aber', Gemma. Hans ist nicht Martin und auch wenn ein anderer Mann dort sitzen würde, es würde nichts an deinen Gefühlen ändern."
Auch nun antwortete ich nicht, weshalb Susanne einfach weiter sprach. "Immer wenn ihr gemeinsam hier gewesen seid, habt ihr pausenlos geredet und um die Wette gestrahlt. Mit Hans ist das anders, du sitzt zwar hier aber bist geistig nicht ganz anwesend. Das sehe ich da hinten von der Theke aus, dass du eigentlich gern woanders wärst." Und auch das stimmte. "Wenn du meinst.", murmelte ich. "Ja, mein ich. Und wenn ihr das nicht bald auf die Reihe bekommt, helfe ich nach. Außerdem bringe ich dir anstatt einen Ramazzotti lieber noch eine Cola."
Sie wollte das Gespräch anscheinend schnell beenden, da Hans wieder kam und ich konnte nicht mal mehr protestieren. "Das Essen ist ja immer noch nicht da.", stellte Hans fest und setzte sich wieder auf seinen Platz mir gegenüber. Es war alles wahr, ich hätte lieber seinen Bruder als Begleitung. Es war nichts gegen Hans persönlich, aber er war eben nicht der in den ich mich verliebt hatte.
"Nein, Susanne meinte es kann noch eine Weile dauern. Sie haben Hochbetrieb in der Küche." Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, versuchte ich normal zu wirken. Wie gerne wäre ich einfach aufgestanden, nach Hause gefahren und hätte mich dort ins Bett verkrochen. Aber das konnte ich einfach nicht bringen, da es Hans gegenüber mehr als unhöflich gewesen wäre.
"Kein Wunder, ist ja auch ganz schön voll hier.", meinte Hans daraufhin. "Wie immer eigentlich. Als ich hier noch gewohnt und gekellnert habe, kamen am Abend immer sehr viele Leute zum Essen. Bei Susannes Kochkünsten auch verständlich."
Kaum hatte ich ausgesprochen, kam sie auch schon mit meiner zweiten Cola. Und zu meiner Verwunderung, stellte sie auch noch ein kleines Glas gefüllt mit einer braunen Flüssigkeit daneben. "Der geht aufs Haus.", sagte sie grinsend und verschwand wieder. "Ich dachte du trinkst keinen Alkohol." Hans war sichtlich überrascht, genau wie ich und irgendetwas musste ich mir einfallen lassen. "Ich hab Susanne vorhin erzählt, wie gern ich das mal wieder trinken würde. Seit Monaten verzichte ich darauf jetzt schon, aber weißt du was?" Ich nahm das Glas und stellte es ihm vor die Nase. "Ich kann widerstehen.", offenbarte ich ihm und dachte bei dieser Aussage insgeheim auch an Martin. Es hatte beim letzten Mal schon nicht funktioniert, haufenweise Tränen waren geflossen, das brauchte ich nicht noch einmal.
"Und was ist das jetzt genau?", wollte er wissen. "Ramazzotti, steht sogar auf dem Glas drauf.", antwortete ich. Allein schon wegen Kira würde ich keinen Alkohol anrühren, außerdem musste ich noch fahren. Natürlich wurde man von einem Glas nicht gleich betrunken, aber ich würde mich strickt an meine selbst aufgestellten Verbote halten. Während ich stillte, hatte Alkohol nichts in meinem Körper zu suchen.
Hans nahm das Glas, um erstmal daran zu riechen und verzog schon jetzt das Gesicht. "Umsonst ist umsonst.", murmelte er und trank es dann in einem Zug aus. Ich musste lachen, da es ihm anscheinend überhaupt nicht schmeckte.
"Und so was trinkst du? Pfui!", beschwerte er sich. "Natürlich, ich bin halbe Italienerin. Da kann ich eine ganze Flasche von trinken.", erklärte ich ihm lachend. "Das erklärt natürlich einiges.", antwortete Hans und musste ebenfalls lachen. "Eigentlich trink ich sonst auch nicht viel anderes und höchstens so viel, bis ich leicht angetrunken bin.", beichtete ich ihm. "Warum das?", fragte Hans. "Weil ich zu einer totalen Egozentrikerin werde, wenn man mich mit zu viel Alkohol in Verbindung bringt.", sagte ich und Hans zog eine Augenbraue hoch. "Glaub ich nicht.", meinte er nun. "Ist aber tatsächlich so, deshalb weiß ich auch wo die Grenzen sind und wegen Kira rühre ich das Zeug erstmal überhaupt nicht mehr an."
Während dann doch noch ein Gespräch zustande kam, brachte Susanne uns irgendwann das Essen und wir ließen es uns schmecken. "Wer hatte von euch beiden eigentlich die Idee mit der Gemeinschaftspraxis, der Martin oder du?", wollte Hans plötzlich von mir wissen. "Martin.", antwortete ich wahrheitsgemäß. "Und warum hast du dich darauf eingelassen? Ich meine.. du hattest doch deinen Job im Krankenhaus oder nicht?"
Ich trank von meiner Cola und begann dann zu erklären. "Den hab ich immer noch. Jedenfalls bald wieder und dann eben nur noch zweimal pro Woche, aber in der Klinik in Hall werde ich weiterhin arbeiten. Denn sollte es nicht so laufen wie wir es uns vorstellen, steige ich in einem halben Jahr wieder aus der Praxis aus und jeder geht beruflich wieder seiner Wege.", erklärte ich ihm, obwohl Martin im das glaube ich schon einmal erzählt hatte.
"Und privat?" Dies war ihm anscheinend unfreiwillig heraus gerutscht. "Privat?", hakte ich nach. "Also.. ob ihr dann auch privat getrennte Wege geht, du weißt schon..", stammelte Hans vor sich hin. "Du glaubst zwischen Martin und mir läuft da parallel noch was ganz anderes ab, stimmt's?" Das war eine sehr direkte Frage, die mir zugegebenermaßen nun einfach heraus gerutscht war und es wunderte mich nicht sonderlich das Hans nickte. "Wenn dem wirklich so wäre, dann würde ich wohl kaum hier mit dir sitzen.", stellte ich klar. "Naja, ich hab's nur gedacht weil ihr eben so.. vertraut miteinander umgeht.", entgegnete Hans und ich musste kurz überlegen wie ich ihm das plausibel erklären konnte, denn es komplett zu widerlegen war bestimmt nicht möglich.
"Weist du, Hans..", begann ich zögerlich. "Martin war für mich da, als keiner sonst für mich da war. Und als mein Ex versucht hat mich zu entführen, hat er mich da raus geholt und mich davon abgehalten das Arschloch zu erschießen. Auch Kira gäbe es ohne ihn heute nicht, denn eigentlich habe ich über eine Abtreibung nachgedacht."
Er hörte mir aufmerksam zu, weshalb ich einfach weiter sprach. "Vor alledem hat Martin mich bewahrt oder mir zumindest dabei geholfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Und ich war für ihn da, als das mit Andrea passiert ist. Das verbindet, ob du es glaubst oder nicht." Auch danach sagte Hans erstmal nichts, sondern musste das wahrscheinlich nochmal alles für sich nachvollziehen.
"Doch, ich glaube das schon. Nur.. der Kuss an Weihnachten zum Beispiel..", setzte er an. "Ja?", fragte ich nach, um ihn zu ermutigen. "Der sah schon sehr.. zärtlich aus.", antwortete er schließlich. "Das kam vielleicht so rüber, aber echte Gefühle waren da nicht vorhanden." Gerade fühlte ich mich wie eine Lügnerin, war jedoch zu stolz um die Wahrheit zuzugeben. Ich wollte Hans einfach nicht verletzen, denn es schien wirklich etwas an Martins Vermutung dran zu sein. Und da es für Martin damals anscheinend tatsächlich nur ein One-Night-Stand gewesen war, musste ich mich endlich damit abfinden das uns nicht mehr verband als Freundschaft.
"Das sagst du, aber wie denkt Martin darüber?", fragte Hans nun. "Sicherlich genau gleich.", entgegnete ich und brachte es überraschenderweise sehr glaubhaft rüber. Hans wirkte auf einmal sehr erleichtert und des Rest des Abends unterhielten wir uns relativ gut. Trotzdem war ich froh, als wir endlich den Gasthof verließen und Kira ins Auto setzen konnte.
"Es.. war ein schöner Abend.", sagte ich zu Hans, der mich zu meinem Wagen begleitet hatte und so ganz geflunkert war das nicht. "Ja, das fand ich auch. In ein paar Tagen findet hier ein kleines Fest statt, vielleicht könnten wir zusammen hingehen.", schlug er vor. "Vielleicht.", antwortete ich und wollte schon die Autotür öffnen, wurde jedoch davon abgehalten.
"Gemma?" Ich drehte mich reflexartig nochmal um und Hans zog mich einfach an sich, um mich zu küssen.--------------------------------------------------------------------
Na, für wen seid ihr? Seid ihr eher #teamhans oder #teammartin? Bin gespannt :)