Sofort holte Martin es aus seiner Hosentasche und anhand seines Blickes konnte ich mir schon denken, wer das jetzt sein musste. "Lisbeth?" Er nickte nachdenklich und hoffte anscheinend, es würde aufhören zu klingeln.
"Du solltest ran gehen.", meinte ich. "Ich kann jetzt nicht mit ihr reden.", entgegnete Martin und klang deutlich beschämt. "Irgendwann wirst du das aber müssen.", gab ich ihm zu bedenken. "Irgendwann, aber nicht jetzt." Martin drückte auf den roten Hörer und das Handy verstummte.
Wieder trat Stille ein, bis nun auch mein Telefon los ging. "Wo ist es?", wollte Martin wissen, da ich gerade schlecht hin kam. "In meiner Tasche." Diese stand bei Martin im Fußraum und er nahm sie hoch, um nach meinem Handy suchen zu können. "Hier." Als er es gefunden hatte, gab er es ohne drauf zu sehen an mich weiter. "Ist es jetzt auch Mama?" Und wirklich war es Lisbeth, die es nun bei mir versuchte. "Ja.", antwortete ich wahrheitsgemäß und bemerkte seinen flehenden Blick, der mir sagen sollte 'Leg auf'. "Ich kann sie nicht auch noch weg drücken, sie dreht vermutlich gerade durch."
Aber da hörte es auch schon auf und Martin war sichtlich erleichtert. Sofort holte Martin es aus seiner Hosentasche und anhand seines Blickes konnte ich mir schon denken, wer das jetzt sein musste. "Hans wird gerade Heim gekommen sein und den Hof auseinander legen." Es kam mir vor, als würde er nur laut denken. "Gerade deshalb sollte ihr jemanden erklären was los ist." Aber Martin weigerte sich partout, seine Mutter zurück zu rufen. Sie gab zwar nicht auf, nur nach dem dritten Versuch schaltete Martin sein Handy aus und schaute wieder aus dem Fenster.
"Wir müssten doch eigentlich schon längst da sein.", fiel ihm nun auf, nachdem wir schon fast 20 Minuten unterwegs waren. "Oh, tatsächlich. Ich Schussel fahr gerade nach Hall!" Natürlich war das pure Absicht. "Gem, dreh um. Ich will jetzt nicht in die Klinik und fertig.", stellte Martin schon leicht beleidigt klar. "Darüber werden wir nicht mehr weiter debattieren. Die Nase wird durchleuchtet und Schluss, Punkt, Ende." Also setzte ich den Weg nach Hall fort, auch wenn Martin mich den Rest der Fahrt über ignorierte.
"Wir sind da.", teilte ich Martin mit, nachdem ich den Wagen abgestellt hatte. Aber er machte nicht die geringste Anstalt dazu, aussteigen zu wollen und blickte stur aus dem Fenster. "Dein stures Gehabe wird mich auch nicht erweichen können, so viel mal dazu. Ich möchte einfach nur sicher sein, dass wirklich keine große Verletzungen entstanden sind und das geht eben nur mit einem Röntgenbild. Die sind ja schnell gemacht und dann fahren wir gleich Heim, versprochen." Ich kam mir vor wie eine Mutter, die mit ihrem trotzigen Sohn sprach. "Ich kann übrigens stundenlang hier drin sitzen bleiben, so viel Ausdauer hab ich." Warum er sich so aufführte konnte ich irgendwie nicht verstehen.
"Die werden fragen was passiert ist.", murmelte er dann. "Und bei meinem Glück laufe ich noch Alexander über den Weg, dann weiß es spätestens heute Abend das ganze Krankenhaus und Morgen ganz Tirol." Etwas übertrieben war es schon, aber ich verstand ihn. "Und das wäre so schlimm? Jetzt kommt es sowieso raus, das können wir nicht mehr verhindern."
Es tat mir leid, ihn so fertig zu sehen. "Das weiß ich, aber die Umstände sind ja nicht gerade die besten. Hans wird behaupten ich hätte meine Familie hintergangen oder sonst irgendwas, ihm wird bestimmt was einfallen.", meinte er nachdenklich. "Das wäre Rufmord. Und mir wäre es auch lieber gewesen, wenn es erst raus gekommen wäre wenn wir in Ruhe hätten mit ihm reden können. Damit, dass er plötzlich in der Tür steht, haben wir alle nicht gerechnet."
Ich musste jetzt positiv gestimmt klingen, ansonsten würde Martin nur noch mehr verunsichert werden. "Wie denn auch?", fragte Martin mich seufzend, woraufhin ich einfach nach seiner Hand griff und diese mit meiner verhakte. "Das einzige was wir jetzt tun können ist zusammen zu halten. Wir müssen denen zeigen, dass wir zueinander stehen und uns deshalb jetzt nicht unterkriegen lassen." Martin lächelte und drückte leicht meine Hand. "Das ist wohl das schlaueste, was wir machen können."
Wir blieben noch einige Minuten im Auto sitzen, bis wir schließlich ausstiegen und in die Klinik gingen. Martin hatte sich nämlich doch für eine genauere Untersuchung entschieden.
Da großer Andrang herrschte, mussten wir dann erstmal warten. Martin wurde zunehmend ungeduldig und wollte schon wieder gehen, als er nach eineinhalb Stunden endlich an der Reihe war. Derweil blieb ich draußen sitzen und beobachtete Kira beim Schlafen, sie war wirklich so ein liebes und ruhiges Baby. Schlummern konnte sie einfach überall, nicht einmal die vielen Stimmen und das rege Treiben in der Klinik störten sie dabei.
Immer mal wieder rief Lisbeth weiterhin an und es war wirklich vorteilhaft gewesen das Handy auf Vibration zu stellen. Mich plagte das schlechte Gewissen, aber um nicht noch Ärger mit Martin zu bekommen ging ich einfach nicht hin. "Hab ich doch richtig gesehen.", vernahm ich plötzlich die Stimme von Sarah und als ich auf blickte lief sie gerade zu mir zurück. "Hallo.", begrüßte ich sie und zwang mich zu einem Lächeln. "Hallo Gemma, mit dir hab ich heute eigentlich nicht mehr gerechnet. Du hattest doch einen Notfall in deiner Praxis.", erinnerte sie sich. Genau deshalb war sie heute Mittag ja für mich eingesprungen und ich überlegte, ob ich mit der Wahrheit rausrücken sollte.
"Hat sich geklärt.", antwortete ich. "Ist was passiert, weil du so betrübt drein schaust?" Sarah setzte sich einfach neben mich auf den freien Platz. "Es ist nichts.", log ich, aber wurde sofort durchschaut. "Ich merke doch, dass es dir gerade nicht gut geht.", meinte Sarah. "Es ist kompliziert.", erwiderte ich ausweichend. "Ich kenne mich mit komplizierten Dingen besser aus als du denkst." Sie lächelte mich aufmunternd an.
"Ich hab Mist gebaut.", gab ich schließlich zu. "Inwiefern?", hakte sie nach. "Naja, eigentlich ist es nichts schlimmes. Aber unter den Umständen schon, ich hab sozusagen eine Familie zerstört." Bei ihr konnte ich das zugeben, was ich vor Martin nicht konnte. "Lass mich raten.. du hast etwas mit einem verheirateten Typen angefangen."
Doch damit war sie völlig auf den Holzweg geraten. "Was? Nein, das nicht. Ich bin zwar seit kurzem mit jemandem zusammen, aber wir haben es bis jetzt für uns behalten, weil der Bruder von demjenigen auch Gefallen an mir gefunden hat."
Sarah hörte aufmerksam zu und versuchte meiner Erzählung zu folgen. "Und der hat es jetzt rausgekriegt.", schlussfolgerte sie und ich nickte. "Er stand plötzlich einfach da, kurz nachdem unser Kollege uns erzählt hat das er längst Bescheid weiß." Nun hatte ich mich ein wenig verplappert. "Euer Kollege? Redest du gerade von deinem Geschäftspartner, vom Gruber Martin?" Erneut nickte ich. "Das hätte ich nicht gedacht. Ich hab schon einiges von ihm gehört, er soll ja ein ziemlicher Frauenheld sein.", meinte sie überrascht. "Oh ja, das ist er. Oder zumindest war er das bis vor kurzem, ich hoffe nämlich inständig das diese Phase jetzt vorbei ist.", gab ich zu. "Das würde ich auch hoffen. Soweit ich es verstanden habe, habt ihr also eure Beziehung geheim gehalten und sein Bruder ist jetzt dahin gekommen.", fasste Sarah es genau richtig zusammen. "So sieht's aus. Und jetzt sind wir hier, weil der Martin eine verpasst hat und ich sichergehen will das nichts gebrochen ist." Dafür hatte die junge Ärztin Verständnis.
"Wie lief eigentlich die OP?" Damit wollte ich eigentlich nur vom Thema ablenken. "Die war erfolgreich und Dr. Kahnweiler war anscheinend sehr von mir beeindruckt, jedenfalls hat er mich für Morgen gleich für eine weitere eingeteilt." Sarah strahlte. "Das ist doch super, Glückwunsch." Das es bei mir anfangs genauso gewesen war und er sich vermutlich nur an sie ran machen wollte, sagte ich ihr vorerst nicht. Ich wollte ihr diese Chance nicht madig reden, sollte es aber auffällig werden würde ich da schon etwas unternehmen. Schließlich war Alexander in Sachen Frauen auch nicht gerade zimperlich und fand jedes weibliche Wesen interessant. Das wollte ich ihr ersparen, falls ich mit meiner Vermutung wirklich richtig liegen sollte.
Plötzlich öffnete sich die Tür vor uns und Martin kam raus. "Und, was ist jetzt?", fragte ich sofort und stand auf. Man hatte ihm ein großes Pflaster über die Nase geklebt. "Es ist nichts gebrochen, wie Roman gesagt hat. Da ist nur eine offene Wunde, die wird aber schnell zu heilen." Ich fiel ihm um den Hals. "Gott sei Dank!", sagte ich erleichtert und gab ihm einen Kuss auf die Wange. So fest wie Hans aus meinem Blickwinkel zugeschlagen hatte, hätte er weitaus mehr Schaden anrichten können.
Gerade als ich Martin wieder losgelassen hatte, stand Sarah ebenfalls auf. "Sorry, aber ich werde woanders gebraucht. Wir sehen uns Morgen, Gemma." Ich konnte nicht antworten, da sie schon davon geeilt war. "Und das war jetzt wer, wenn ich fragen darf?", wollte Martin wissen. "Dr. Sarah Richter, sie ist eine neue Kollegin. Genauer gesagt die, die mich heute Mittag wegen unseres 'Notfalls' vertreten hat.", erklärte ich ihm. "Oh man, das hab ich schon längst wieder vergessen gehabt. Ich hoffe mal, Fräulein Schneider hat mittlerweile ne Firma gefunden die das in Ordnung bringen kann."
Nun war vielleicht die passende Gelegenheit, alles aufzuklären. "Und wenn nicht ist es auch nicht so tragisch, ich hab eine Kopie von den Daten gemacht.", offenbarte ich ihm. "Moment mal.. du hast die Daten noch, hab ich das richtig verstanden?" Ich nickte und grinste. "Auf einer externen Festplatte, die zu Hause bei mir in der Schreibtischschublade liegt."
Martin lachte und gab mir einen Kuss, kam dabei mit seiner lädierten Nase zu nah an mein Gesicht und biss die Zähne zusammen. "Vielleicht sollten wir das lassen, bis es dem Näschen wieder besser geht.", meinte ich. "Das halte ich niemals durch!", antwortete Martin vorwurfsvoll und küsste mich gleich nochmal, diesmal ohne sich dabei Schmerzen zuzufügen.
"Geht doch.", sagte er zufrieden und nun begann Kira zu quengeln. "Fahren wir nach Hause. Oder möchtest du noch länger bleiben?" Diese Frage war vollkommen überflüssig, da Martin natürlich auch gehen wollte. Er nahm Kira aus dem Maxi-Cosi, die wie immer wieder ganz ruhig wurde und sichtlich zufrieden war.
Gemeinsam begaben wir uns Richtung Ausgang und liefen auf den letzten Metern natürlich Alexander über den Weg. "Martin, Gemma. Was macht ihr denn hier? Und was ist mit deiner Nase passiert?" Martin wollte nicht großartig mit ihm reden und sagte deshalb es sei ein dummes Missgeschick gewesen. "Wir müssen los, Tschau Alexander. Komm, Schatz."
Er nahm mich einfach an die Hand und wir ließen den sehr verwirrt drein schauenden Alexander einfach stehen. "Schatz?!", hörte ich ihn noch ungläubig murmeln und sah, dass Martin etwas grinsen musste. "Musste das sein?", fragte ich kichernd, nachdem wir die Klinik verlassen hatten und zum Auto liefen. "Was denn?" Martin lachte nun ebenfalls. "Das mit dem 'Schatz'. Meinst du nicht, das war etwas überzogen?"
Ganz ehrlich war ich selbst etwas überrumpelt gewesen, da er mich zum ersten Mal seit Beginn unserer Beziehung so genannt hatte und das gleich vor Kahnweiler. "Nein, ich denke es war genau die passende Gelegenheit. Oder.. möchtest du das nicht?"
Martin war etwas erschrocken. "Doch, natürlich will ich das. Nur hätte die Prämiere nicht ausgerechnet vor Alexander stattfinden müssen. Hast du sein Gesicht gesehen?" Er nickte lachend. "Hab ich und ich denke, der Zeitpunkt war perfekt. Jetzt müssen wir uns ja sowieso nicht mehr verstecken." Es war ein schöner Gedanke, trotz das Hans so ausgeflippt war.
Wir stiegen dann ein und fuhren zu mir nach Hause, wo Martin erstmal Duschen ging. Ich kochte uns derweil eine Kleinigkeit , stillte Kira anschließend und brachte sie dann in ihr Bettchen. Bis sie eingeschlafen war blieb ich bei ihr stehen und machte mich dann auf die Suche nach Martin. Er war nicht mehr im Wohnzimmer, auch nicht in der Küche und schließlich fand ich ihn im Schlafzimmer. Den Kopf in die Hände gelegt saß er auf dem Bett und verzog das Gesicht, als ob er Schmerzen hätte.
"Ist alles okay?" Martin blickte sofort auf, er fühlte sich irgendwie ertappt. "Mhh, ja alles klar.", antwortete er wenig glaubwürdig. "Ich durchschaue fast jede Lüge und das war definitiv eine. Hast du Schmerzen?" Nun rückte er doch mit der Sprache raus und erklärte mir, dass ihn seine Nase quälte. "Ich hole dir was dagegen. Was ist dir lieber, Paracetamol oder Ibuprofen?", wollte ich wissen. "Ibu.", antwortete er abgekürzt und ich ging sofort ins Bad, wo sich der Medizinschrank befand. Ich holte eine Tablette und kehrte mit dieser und inklusive einem Glas Wasser ins Schlafzimmer zurück.
Aber da fand ich nur einen schlafenden Martin vor und lächelte, als ich ihn so da liegen sah. Er hatte anscheinend gerade etwas mit seinem Handy gemacht, denn das lag neben dem Bett auf dem Boden und sein Arm hing über der Bettkante. Als ich es auf hob zeigte es mir etliche verpasste Anrufe an. Natürlich waren sie allesamt von Lisbeth und musste hart schlucken. Sie musste sich Sorgen ohne Ende machen und nie hatte ich gewollt, dass es so weit kommt. Aber egal wann wir es gesagt hätten, vermutlich wäre Hans so oder so nicht begeistert gewesen. Wahrscheinlich sollte es so sein und nun mussten wir uns wenigstens nicht mehr verstecken, was uns zunehmend schwerer gefallen ist. Trotzdem machte ich mir meine Gedanken über Lisbeth und auch über Lilli, die zwischen den zwei Parteien stand. Und ich kam nun zu der Erkenntnis, dass es Lisbeth gegenüber nicht fair war.
Ich legte Martins Handy auf den Nachttisch, verließ das Schlafzimmer und ging ins Wohnzimmer. Mein Handy lag dort noch auf dem Tisch und ich zog mir schnell eine Strickjacke über, um draußen auf dem Balkon nicht allzu sehr zu frieren. Doch als ich hinaus trat musste ich feststellen, dass es regnete und ich schlang die Jacke enger um mich. Es war kalt, aber ich musste das jetzt hinter mich bringen und suchte in meinen Telefonbuch nach Lisbeth. Sie war bestimmt noch wach und nachdem ich nochmal tief durch geatmet hatte, rief ich sie schließlich an.
"Gemma, na endlich!", vernahm ich nach nur zwei Mal klingeln am anderen Ende der Leitung. "Hallo Lisbeth.", war zunächst das einzige, was ich erwidern konnte. "Ich versuche schon die ganze Zeit euch zu erreichen!", meinte sie vorwurfsvoll. "Ich weiß und es tut mir auch wahnsinnig leid, aber Martin wollte einfach nicht ran gehen und hat mich auch nicht gelassen.", erklärte ich ihr. "Und warum kannst du dann jetzt telefonieren?", fragte sie mich. "Weil Martin eingeschlafen ist und ich bibbernd auf dem Balkon stehe, sodass er es hoffentlich nicht mitbekommt."
Und ich war nicht die Einzige, für die dieses Telefonat geheim bleiben musste. "Und ich sitze in der Küche, aber Lilli und Hans schlafen schon. Ansonsten würde Hans sich wieder aufführen.. du glaubst nicht, was hier vorhin los war!" Sie klang sehr verzweifelt und entgegen ihrer Behauptung konnte ich mir das sogar ziemlich gut vorstellen. "Doch, ich glaub dir das. Hab ihn ja vorhin selbst erlebt und hatte schon Angst, er würde mir genauso eine verpassen wie Martin."
Davon hatte sie anscheinend noch nichts gewusst. "Soll das heißen.. Hans hat Martin geschlagen?" Ich biss mir auf die Unterlippe, da ich das am liebsten zurück genommen hätte. Aber nun war es raus und deshalb musste ich es ihr erzählen. "Ja.", erwiderte ich knapp. "Aber.. warum? Ich meine.. was soll das ganze?" Verständlicherweise war Lisbeth ziemlich aufgelöst, ihre Familie brach gerade auseinander. "Es tut mir so leid, Lisbeth!" Auch ich kämpfte nun mit den Tränen. "Ich wollte nie, dass es so weit kommt. Aber ich liebe Martin und er mich.. wir wussten nur nicht, wie ihr darauf reagiert. Deshalb hielten wir es für das beste, wenn wir das mit uns erstmal für uns behalten um zu sehen wie es läuft. Das Hans sich auch in mich verliebt hat, haben wir gewusst und wollten deshalb auch auf ihn Rücksicht nehmen. Aber heute stand er plötzlich da und ist total ausgetickt. Er hätte Martin beinahe die Nase gebrochen.", berichtete ich ihr und eine Weile herrsche am anderen Ende Schweigen.
"Lisbeth, bist du noch dran?", fragte ich zögerlich. "Natürlich.", antwortete sie. "Weist du, Gemma.. Ich wollte die ganze Zeit über, dass Martin und du zueinander findet. Du machst ihn glücklich, so kommt es mir jedenfalls vor. Und ich finde nach wie vor, dass ihr sehr gut zusammen passt und ich bin ja froh das es nun endlich geklappt hat. Wie lange geht das schon?", wollte sie wissen. "Knapp einen Monat lang." Lisbeth seufzte. "Schon eine Weile also. Und ich freue mich für euch, auch wenn Hans jetzt so ein Theater macht."
Das überraschte mich nun ein wenig. "Danke. Du bist uns also nicht böse?", fragte ich. "Nein, mach dir da keine Gedanken. Hans reagiert manchmal einfach über und irgendwie wird er sich wieder beruhigen, dafür werde ich schon sorgen. Der Martin kann ja bei dir bleiben, oder?"
Das war natürlich selbstverständlich. "So lange er das möchte." Das schien sie zu erleichtern. "Gut, dann sollten wir auflegen bevor Hans oder Martin davon etwas mitkriegen. Gute Nacht, Gemma." Lisbeth hatte recht, wir sollten nicht länger telefonieren als nötig. "Gute Nacht, Lisbeth.", antwortete ich und legte dann auf.
Ein wenig blieb ich noch auf dem Balkon stehen, da die frische Luft mir unheimlich gut tat. Inzwischen hatte es auch aufgehört zu regnen und ich stellte mich vorne ans Geländer, um die Aussicht genießen zu können. Die Laternen beleuchteten die Straßen und etwas weiter entfernt konnte ich die Umrisse des Wilden Kaisers ausmachen, der dort empor ragte. Es war richtig gewesen hier zu bleiben, auch wenn es jetzt wieder einige Probleme geben würde. Für mich zählte gerade nur, dass ich Martin endlich an meiner Seite hatte und wir zusammen sein konnten.
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende geführt, legten sich plötzlich zwei Hände um meine Taille. "Was machst du denn hier draußen? Es ist viel zu kalt." Natürlich war es Martin. "Ich finde es ehrlich gesagt angenehm und warum schläfst du nicht?", fragte ich und lehnte mich an ihn. "Ich bin nur kurz eingenickt und hab jetzt erstmal die Tablette genommen, die du mir hingelegt hast. Naja.. und dann ist mir aufgefallen, dass du noch nicht im Bett bist."
Kurz spielte ich mit dem Gedanken, ihm von meinem Telefonat mit seiner Mutter zu erzählen, entschied mich jedoch dagegen. "Ich brauchte noch ein bisschen frische Luft, da kann ich am besten nachdenken.", meinte ich und das verstand er natürlich. "Das ist gerade irgendwie sehr romantisch, findest du nicht? Diese Ruhe, dieser Ausblick, so wie wir hier stehen..", stellte ich nach ein paar Minuten des Schweigens fest. "Das sehe ich ganz genauso und ich wüsste nicht, wo ich im Moment lieber wäre.", erwiderte Martin. "Wie geht's der Nase?", wollte ich wissen. "Besser dank dir. Aber Gem.. da gibt's etwas, das ich dir schon länger einmal sagen wollte. Ich wusste nur nicht ob es zu früh ist.. nur jetzt ist vielleicht der richtige Zeitpunkt dafür."
Ich drehte mich zu ihm um. "Und was möchtest du mir sagen?", fragte ich verblüfft. "Ich liebe dich!" Das waren die drei Worte, die ich schon ewig nicht mehr so aufrichtig vernommen hatte. "Sag das nochmal.", bat ich ihn mit Freudentränen in den Augen. "Ich liebe dich, Gemma!" Ich konnte nicht anders, als ihn zu küssen. "Ich liebe dich auch!", antwortete ich und konnte in diesem Augenblick nicht glücklicher sein.