Ich hörte Stimmen. Ganz leise und ganz weit weg schienen sie zu sein. Aber sie waren da, eindeutig. "Was hab ich nur getan?!", glaubte ich verstand ich. Dieser Satz fiel mehrfach hintereinander. Ich versuchte die Augen zu öffnen, zunächst vergeblich.
Ich hatte keine richtige Kontrolle über meinen Körper, so viel bekam ich mit. Jedoch wollte ich antworten, als ich die Stimme schließlich erkannte. Es war Martin, zweifellos. Aber ich konnte mich nicht bemerkbar machen. Als ich mitbekam, dass er ging, bekam ich Panik. Ich hörte, dass jemand ihn aufhalten wollte und erkannte Roman nun auch an seiner Stimme.
Aber gleichzeitig bekam ich ein größeres und viel schlimmeres Problem. Ich merkte nämlich, dass ich nicht atmen konnte. Irgendetwas steckte mir im Hals fest, das mich daran hinderte Luft zu holen. Mein Körper war wie betäubt, doch ich musste mich irgendwie bemerkbar machen. Ich hatte auf einmal solche Panik ersticken zu müssen. Während sich die zwei Männer unterhielten und Roman Martin versuchte zum Bleiben zu überreden, konzentrierte ich mich darauf nicht vollkommen der Angst zu verfallen und probierte abermals die Augen zu öffnen. Ich bekam mit, wie Roman Martin anbot, etwas zu tun. Die Rede war von einem Tubus, der entfernt werden sollte. Mir wurde schlagartig klar, dass es genau das sein musste, was mich am Atmen hinderte.
Schritte näherten sich und es stand jemand ganz in meiner Nähe, das spürte ich. "Du musst nicht hinsehen, wenn du das nicht willst. Aber gehen wäre jetzt das schlimmste, was du tun kannst.", sagte Roman. 'Roman!', schoss es mir durch den Kopf. Sie mussten mir helfen, einer von ihnen musste doch etwas gemerkt haben.
Dann gelang es mir aber endlich die Augen zu öffnen und ich blickte Roman direkt in die Augen. Er erschrak sichtlich. Schließlich konnte ich meinen Körper immerhin etwas bewegen, konnte ihm zeigen das etwas nicht in Ordnung war. Ich begann regelrecht um mich zu schlagen.
"Gemma, bleib ganz ruhig!" Roman, der sich offenbar wieder aus seiner Schockstarre hatte lösen können, versuchte nun mich zu beruhigen. Er rief nach Martin. Auch er schien mit der Situation überfordert zu sein, aber letztendlich war er es der mich festhalten und beruhigen konnte. Das geschah alles innerhalb kürzester Zeit.
"Ganz ruhig, das ist nur ein Tubus. Ich zieh ihn raus, ja?" Ich sah in diese vertrauten Augen, verspürte plötzlich keine Angst mehr und hielt ganz still während er das Ding aus meiner Luftröhre entfernte. Ein ekelhaftes, unbeschreibliches Gefühl verspürte ich dabei. Kaum war das geschehen, kam es bei mir erstmal zu einem starken Hustenanfall. Ich war nicht in der Lage Luft zu holen, da ich noch immer totale Panik hatte.
"Gemma, hey!" Martin hielt mich erneut fest. "Schau mich an!", forderte er. "Ganz ruhig, okay? Ruhig atmen, ein und wieder aus." Ich versuchte es. Das Schnaufen tat ziemlich weh, aber es ging nach und nach besser. "Wie ist das möglich?!", fragte er nun eher sich selbst als mich. "Wie kann das sein?!" Ich konnte ihm keine Antwort geben. Ich sah ihn einfach nur an und konzentrierte mich erstmal auf meine Atmung.
Langsam registrierte ich auch, wo ich war. Im Krankenhaus. Es hatte tatsächlich funktioniert, ich war wieder in meiner Welt. Wenn ich denn überhaupt je weg gewesen war. Doch das war ich. Ich war wirklich bei Sonja gewesen, in dieser Parallelwelt oder wie immer man das auch nennen sollte. Ich war mir inzwischen sicher, nicht geträumt zu haben. Dafür hatte es sich viel zu real angefühlt, im Nachhinein betrachtet. Und jetzt hatte ich offenbar eine neue Chance zu leben bekommen.
"Roman, wie verdammt nochmal ist das möglich?!", wandte sich Martin nun an seinen älteren Kollegen. Er war fast schon hysterisch. "Ein Wunder.", antwortete Roman. "Wenn du mich fragst, ist das eines dieser Medizinwunder auf das wir die ganze Zeit gehofft haben. Nur solltest du gleich mal prüfen, wie es mit ihrem Verstand aussieht. Du weißt, es könnte aufgrund der langen Reanimation zu Gehirnschäden gekommen sein. Das sollten wir zuerst ausschließen, bevor sie auf körperliche Folgeschäden gecheckt wird."