"Lass Gemma da raus!", herrschte Martin seinen Bruder an. "Es geht mir nur ums Prinzip, Martin! Kaum ist mit Andrea Schluss, schon schleppst du die nächste Frau hier an!", entgegnete Hans wütend. "Jetzt hört's doch auf zu streiten, Himmel nochmal!", mischte sich nun auch Lisbeth in die Diskussion mit ein. "Halt du dich raus, Mama!", wies Hans sie gleich zurecht. "Hans, es reicht! Keine Ahnung was du für ein Problem hast, aber.." Martin konnte nicht aussprechen. "Du bist mein Problem, du und deine Weibergeschichten!"
Ich überlegte, ob ich vielleicht dazwischen gehen sollte. Andererseits ging es mich nichts an, es handelte sich schließlich um Familienangelegenheiten.
"Mit wem ich meine Zeit verbringe, geht dich überhaupt nichts an!", schrie nun wieder Martin. 'Hoffentlich wacht Lilli davon nicht auf.', dachte ich. "Doch, weil die Lilli das alles mitbekommt! Wie soll sie sich an jemanden gewöhnen, wenn du die Frauen wechselst wie Unterhosen?!" Wäre dieser Vergleich nicht so ernst gemeint gewesen, hätte ich darüber gelacht. "Und jetzt ist auch noch eine schwanger, dass du dich nicht schämst! Aus der Sache mit Susanne hast du anscheinend gar nix gelernt!"
Meine Vermutung von heute Morgen bestätigte sich hiermit. "Spinnst du? Gemmas Kind ist nicht von mir!", stellte Martin klar. "Ob es von dir ist oder nicht, ist doch eigentlich vollkommen egal! Die braucht jetzt nur jemanden, der sie und das Kind durchfüttert! Und du machst da noch mit, lässt sie hier wohnen und was weiß ich nicht alles!"
Nun hatte ich genug gehört. Ich rannte nach oben ins Gästezimmer und packte meine Sachen, indem ich einfach alles wahllos in den Koffer warf. Nachdem ich nochmal grob kontrolliert hatte, ob alles drin war, eilte ich die Treppe wieder hinunter. Mit egal wie viel Lärm ich dabei machte, ich wollte nur noch hier weg. "Gemma, wo willst du hin?"
Ich ignorierte Martins Rufe und stürmte hinaus zu meinem Auto. "Gemma.. Gem, warte!" Martin war mir gefolgt, Lisbeth und Hans standen ebenfalls in der Haustür. "Lass mich in Ruhe! Ich hab alles gehört und ich bleibe sicher nicht hier, wenn ich nicht erwünscht bin!" Schnell verstaute ich den Koffer auf dem Rücksitz und knallte die Autotür zu.
Gerade als ich vorne einsteigen wollte, wurde ich am Arm gepackt. "Jetzt warte doch, bitte!" Ich drehte mich zu Martin um, der hinter mir stand und riss mich los. "Nein! Ich hätte nie hier bleiben sollen, das war ein Fehler!", protestierte ich lautstark. "Jetzt lass sie fahren, Martin!", rief Hans von der Haustür aus. Damit machte er das Ganze nur noch schlimmer und ich wollte nicht gehen, ohne ihm die Meinung gegeigt zu haben.
Also stürmte ich an Martin vorbei, der mich noch aufhalten wollte, es aber nicht schaffte. "Was ist dein Problem?", wollte ich wissen. "Schon von Anfang an bist du unfreundlich zu mir gewesen, ohne mich überhaupt zu kennen!", herrschte ich ihn an. "Martin kennt meine Meinung und das reicht vollkommen! Sie verschwinden auf der Stelle hier vom Hof und ich geh jetzt ins Bett, muss ja Morgen wieder früh raus!" Hans wandte sich schon ab, aber so einfach wollte ich ihn nicht davon kommen lassen. "Nichts da, ich will das geklärt haben!" Daraufhin blieb er doch nochmal stehen und drehte sich wieder um.
"Ich habe Martin nie um etwas gebeten, um das mal klar zu stellen! Er wollte mir freiwillig helfen und das ohne irgendeine Gegenleistung, das war mir schon mehr als unangenehm! Aber ohne seine Hilfe wäre ich aufgeschmissen gewesen heute wahrscheinlich gar nicht mehr am Leben!" Alle Beteiligten schwiegen, weshalb ich meinem Ärger einfach weiter Luft machte. "Ich bin in den letzten Monaten durch die Hölle gegangen, wurde misshandelt von einem Menschen den ich einmal geliebt habe! Dein Bruder hat mir geholfen als ich am Ende war und ich werde ihm alles zurückzahlen, weil ich bleibe niemanden etwas schuldig! Man urteilt nicht über Menschen, die man nicht kennt und von denen man nicht das Geringste weiß!" Als ich fertig war, ließ ich Hans einfach stehen und ging zurück zu meinem Auto.
"Lass mich einsteigen!", blaffte ich Martin an, der die Fahrertür versperrte. "Gem..", setzte er an, überlegte es sich dann aber doch anders und ging zur Seite. Ich öffnete die Tür, hielt aber in meiner Bewerbung inne und fasste mir an den Bauch.
Dort verspürte ich nämlich plötzlich einen stechenden Schmerz.