Susanne und Martin saßen inzwischen schon seit fast einer halben Stunde auf der Bank vor der Praxis. Martin hatte seiner langjährigen Freundin alles erzählt und nun saßen sie beide mit Tränen in den Augen da und schauten auf saß Bergmassiv, dessen Anblick die beiden nicht wie sonst trösten konnte. "Wird sie wieder gesund?", fragte Susanne mit zitternder Stimme und Martin atmet nochmal durch, ehe er antwortet. "Wir wissen es nicht, Susanne.. Ich weiß es nicht. Wir müssen abwarten ob sich ihr Körper durch die Hypothermiebehandlung erholt oder nicht. Wenn ja, kann sie heute Abend schon aus dem Koma geholt werden, wenn sich keine Besserung einstellt dann.. Dann werden wir sehen wie es dann weitergeht."
Susanne nickte einfach nur. Sie hatte zwar keine Ahnung von Medizin, aber dank Martins Erklärungen wusste sie das es nicht gut um Gemma stand. Von einer Hypothermiebehandlung hatte sie noch nie etwas gehört und es klang barbarisch, aber es sollte schließlich helfen Gemma das Leben zu retten.
"Wie hast du eigentlich von dem Unfall erfahren, Susanne?", wollte Martin nach paar Minuten des Schweigens erfahren. Ihn hatte es schwer gewundert, dass Susanne genau deshalb zur Praxis gekommen war. "Es steht in der Zeitung.", antwortete Susanne. "Hast du den Bericht denn noch nicht gelesen?" Martin schüttelte den Kopf. "Ich wusste nicht mal das es einen gibt.", gab er zu. "Die Polizei hat ihn inserieren lassen, sie hoffen das sich jemand meldet der etwas zur Suche des Täters beitragen kann. Und ich hoffe so sehr das sie ihn finden, der gehört doch lebenslang weggesperrt!", stellte Susanne wütend und zugleich fast weinend klar. "Das hoffe ich auch.", antwortete Martin und sagte lieber nichts von dem was er gerne demjenigen antun würde, sollte er den Täter jemals zu Gesicht bekommen.
"Und wie geht's der Kleinen?", fragte Susanne. "Und Lilli, wie hat sie es aufgefasst?" Die Wirtin wusste, dass Lilli Gemma sehr lieb gewonnen hatte und machte sich auch ihre Gedanken um die kleine Kira. "Der Lilli geht's nicht gerade gut.", gab Martin zu. "Du hättest sie mal sehen sollen, als sie es erfahren hat. Als wir gestern Nacht heimgekommen sind war sie noch wach und ich musste sie anlügen.. ich hab's nicht übers Herz gebracht ihr die Wahrheit zu sagen, ich.."
Martin fand kaum noch Worte um sich auszudrücken. Er fühlte sich einerseits schuldig, andererseits war er überzeugt davon richtig gehandelt zu haben. "Ich versteh schon.", meinte Susanne mitfühlend. "Lilli hat schon ihre Mutter verloren und jetzt auch noch Gem.. Das wäre zu viel für die Kleine. Lilli ist richtig aufgeblüht, seitdem Gemma hier ist." Martin nickte. "Ich bin froh, dass sie sie akzeptiert. Julia und Andrea.. Naja, das war nie das Wahre für sie. Und mit Gem kommt sie einfach super klar, deshalb konnte ich ihr das einfach sagen. Sie will sie unbedingt besuchen, aber das wäre im Moment einfach nicht richtig. Wenn die Behandlung beendet ist und Gem wach ist, dann ja. Aber vorher nicht, das soll sie einfach nicht sehen." Susanne konnte alles was Martin sagte nachvollziehen.
"Es ist richtig so, in ihrem Alter würde ihr das eher schaden als helfen, egal wie erwachsen sie schon wirkt. Aber ich würde Gemma gerne besuchen, wenn ich darf.", erklärte die Wirtin vorsichtig. "Dir kann ich es ja kaum verbieten, oder?", antwortete Martin. Obwohl er zugegebenermaßen jeden im Moment gerne von Gemma fernhalten würde, da er davon überzeugt war das sie nicht wollte das man sie so sah.
Während die Beiden so da saßen, kam ein Auto angefahren. "Mein nächster Patient.", meinte Martin und hatte keinerlei Motivation die nächste Behandlung zu vollziehen. Er war mit seinen Gedanken unentwegt bei seiner Freundin, aber drücken konnte er sich nicht. "Okay, dann fahr ich mal wieder. Halt mich auf dem Laufenden, ja?", fragte Susanne, während sie sich zum Abschied umarmten. "Mach ich. Aber behalte das was ich dir erzählt habe bitte für dich, es wird nach dem Zeitungsartikel sicher schon genügend geredet.", bat Martin seine langjährigen Freundin. "Natürlich, keine Sorge.", versprach Susanne und lief dann zu ihrem Auto.