Eine halbe Stunde später befanden Kira und ich uns auf dem Heimweg. Wenigstens war ich inzwischen wieder einigermaßen getrocknet, zog mich Daheim dennoch um. Kira legte ich in ihr Bettchen, da sie noch immer total müde war und gleich weiter schlief.
Ich fühlte mich zwar auch müde, aber hinlegen wollte ich mich nicht. Dafür war ich nun zu entschlossen, allen zu beweisen das ich es schaffen konnte Chirurgin zu werden. Im Wohnzimmer standen noch die Kartons, die ich schon angefangen hatte auszupacken. Damit machte ich nun weiter, trennte die für mich wichtigen Dinge die ich wiederholen musste von den eher unwichtigen. Ich hatte mir früher viele Lernzettel und Karteikarten geschrieben, damit hatte ich mir wirklich einen unglaublichen Gefallen getan. Zu nahezu jedem Thema fand ich meine Notizen wieder und musste so nicht wieder mühsam die Informationen zusammen suchen und komprimiert aufschreiben. Das würde mir einen Haufen Arbeit ersparen.
Innerhalb von zwei Stunden hatte ich alles sortiert und das was ich nicht brauchte packte ich sofort wieder in die Kisten. Zwar war trotzdem noch ein großer Stapel an Lernmaterial übrig geblieben, aber größtenteils musste ich ja wirklich nur wiederholen. Ich nahm mir die ersten Blätter und zwei Bücher zum nachschlagen mit und setzte mich zusammen mit einem Glas Wasser mit Zitrone dann auf den Balkon. Das Wetter war einfach zu schön, um drinnen zu lernen.
Das Babyfon nahm ich auch mit, damit ich Kira sofort hörte wenn sie wieder wach wurde. Früher hatte ich es auch bevorzugt draußen zu lernen, das motivierte mich einfach mehr als bei künstlichem Licht am Schreibtisch zu sitzen und zu pauken. Ich las mir die Zettel erstmal nacheinander durch und testete aus, was noch hängen geblieben war. Es war erstaunlich viel, wie ich daraufhin feststellte. Die Faszination, die ich damals während dem Studium verspürt hatte, war auch heute noch vorhanden. Und es war für mich definitiv der richtige Weg gewesen Ärztin zu werden.
Ich war so vertieft, dass ich gar nicht merkte wie schnell die Zeit verging. Erst als Kira sich zu Wort meldete sah ich kurz auf die Uhr und hatte total vergessen, dass ich eigentlich noch hatte kochen wollen. Doch Stress brauchte ich mir dann keinen mehr machen, da Martin mir mittlerweile eine Nachricht geschrieben hatte das es bei ihm später werden würde. Mein Handy hatte ich immer noch nicht ausgetauscht, das würde ich aber definitiv die nächsten Tage machen. Ich ging zu Kira ins Zimmer, die zappelnd in ihrem Bettchen lag und brabbelte.
"Hallo, Mäuschen. Hast du wohl endlich ausgeschlafen." Sie lächelte mich an und streckte mir ihre Arme entgegen. Ich nah sie hoch und gab ihr einen Kuss. Wäre sie nicht bald von selbst aufgewacht, hätte ich sie wecken müssen. Denn ansonsten schlief sie in der Nacht nicht, wobei es jetzt schon kritisch werden würde. Aber sie hatte den Schlaf wohl gebraucht und diesen gönnte ich ihr natürlich. "Dann wollen wir mal was für den Papa kochen.", sagte ich und ging mit ihr in die Küche. Ich setzte sie in den Hochstuhl, damit sie mich sehen konnte während ich mich daran machte das Abendessen zuzubereiten. Martin hatte sich wieder etwas italienisches gewünscht, er war einfach der Meinung das ich das am besten konnte und mir machte das überhaupt nichts aus. Es würde heute Lasagne geben. Auch nach einem Rezept, das meine Oma mir gelernt hatte. Jeder Handgriff saß perfekt und schnell hatte ich eine fertige Lasagne zubereitet, die nur noch in den Ofen geschoben und gebacken werden musste. Ich stellte sie schon mal in den Ofen, wollte aber warten bis Martin Heim kam.
Die Küche machte ich gleich wieder sauber und deckte auch gleich den Esstisch. Anschließend gab es für mich erstmal nichts mehr zu tun.
"So.. und was machen wir jetzt?", fragte ich meine Tochter, die nur freudig gluckste als ich sie wieder auf den Arm nahm. Ich dachte an das Gespräch mir Roman zurück und fragte mich, ob es nicht an der Zeit war mich bei meiner Familie zu melden. Zwar hatte mein Vater mir gesagt ich solle mich nie wieder sehen lassen oder mich bei ihnen melden, aber das war nun schon so lange her. Vielleicht sollte er wirklich erfahren, dass er inzwischen ein Enkelkind hatte und das es mir gut ging. Ob sie mich überhaupt vermissten?