Der Abgesandte aus Minandrien schaute über die morgendliche kühle Wüste. Unendlichviele Dünen ragten vor ihm auf. Worauf hatte er sich nur eingelassen? Seit Wochen war er unterwegs. Erst die beschwerliche Schiffsreise, dann der lange Weg durch die nördlichen Ebenen von Aktunostra, wo es außer Anuala kaum einmal Siedlungen von mehr als 1000 Seelen gegeben hatte. Danach waren sie durch das lebensunfreundliche Gebirge Zin gereist. Dort wären ihm vor Kälte fast drei Zehen abgefroren! Inzwischen schaukelten sie auf Kamelen durch die Wüste. Dieser menschenleere Raum war für ihn kaum zu ertragen. Dazu diese unerträgliche Hitze, die sicher nicht mehr lange auf sich warten ließ. Er roch förmlich, wie die Sonne bereits den Sand in heiße Glut verwandelte.
Die ganze Nacht waren sie geritten und Trochian schmerzte jedes Körperteil. Bei Sonnenaufgang hatte ihr Führer, der Nasik Gostian, angekündigt, dass sie die Zinoka-Höhle im Laufe des Morgens erreichen würden. Der Abgesandte suchte die Dünen mit seinen Augen nach Hinweisen auf einen Eingang ab, jedoch erkannte er keine Veränderung zu vorhergehenden Tagen.
„Ich wäre lieber wieder in den Zinnen. Das Gebirge war wenigstens voller Leben", moserte er. Gostian reagierte nicht. Auf dem Wüstenabschnitt ihre Reise hatte er versucht, ihm näher zu bringen, wie einzigartig und vielfältig die Existenzen waren, die sich im Sand verbargen. Doch Trochian Minaro konnte den Insekten und kleinem Getier nichts abgewinnen.
Der Führer beobachtete gerade mit Windar seinem treuen Leibdiener, ein paar rennende Käfer. Weit über die Köpfer ihrer Pferde gebeugt, bestaunten sie die schnellen Läufer. Gostian berichtete: „Seht, Herr, seht! Ein Wüstenkäfer! Er versteckt sich gerade vor der Sonne und vergräbt sich."
„Muss er sich nicht sehr tief graben, um der Hitze der Oberfläche zu entgehen?", erkundigte sich Windar interessiert.
„Nein, nein. Der Hang liegt immer im Schatten. Seht diese Erhöhung? Käfer wissen genau, wo die Schatten wandern", war die einfältige Antwort. Staunend folgte Windar den Umrissen der Hügel und schaute hoch zur Sonne. Sicher wäre er gerne geblieben und hätte verfolgt, ob ihr Führer recht hatte.
Trochian knurrte ungeduldig: „Wo versteckt sich diese riesige Stadt, Gostian? Ich sehe nur verdammten Sand! Hier ist nichts."
Seufzend kam der Führer hoch und deutete nach vorne. „Nicht fern. Wirklich nicht."
Nachdem sie über einen weiteren Dünenkamm geritten waren, führte Gostian sie nach unten. „Hier runter? Aber hier ist doch gar nichts!", rief der Abgesandte. Es musste irgendein Zeichen geben, dass hier der Eingang der Stadt lag.
„Warten, warten, Herr", antwortete der Wüstenführer grinsend.
Trochian war langsam genervt von diesem Mann aus den Bergen. Was, wenn er sie in die Irre führte?
Dann sah er die herbeigesehnte Pforte nach Zinoka. Es war gar kein Tor vielmehr eine große Tür. Der Abgesandte lachte belustigt auf. Betrat er die Hauptstadt durch eine Hintertür? „Gibt es hier noch mehr", er zögerte, „Eingänge?"
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Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)
FantasyDie Geschichte beginnt mit einem Traum. Der Traumseher Josuan begibt sich gemeinsam mit magischen Gefährten auf eine Reise, um die Welt zu verändern. Er folgt dem Ruf des Traumpriesters, der ihn in eine ungewisse Zukunft führt.