Nassia die Stammeskämpferin - Kapitel 5.4

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Der Nasik übernahm die Führung und brachte die seltsam anmutende Gruppe aus seinem Versteck wieder auf die Straßen

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Der Nasik übernahm die Führung und brachte die seltsam anmutende Gruppe aus seinem Versteck wieder auf die Straßen. Sie wanderten eine Weile durch die leeren Gassen, bis Fisto sie an einer Ecke verließ. Sinara und Waf führten von da an und steuerten sie direkt auf einen Turm zu. Davor stand ein Wachposten, der sie kritisch musterte, als sie auf ihn zukamen – mitten in der Nacht. Nassia seufzte, aber sie würde die ihr angedachte Rolle spielen, selbst wenn ihr Aufzug mehr als lächerlich war. Solch auffällige Sachen hätte man niemals für ihre Garderobe gewählt. Hoffentlich wusste das die Wache nicht, wobei ihre Chancen nicht schlecht standen. Die hiesigen Wachleute kamen so gut wie nie ins Schloss.

Der Soldat legte bei ihrem Anblick ihren gelangweilten Blick ab und nahm Haltung ein.

„Das ist Areli Kataniade und sie wünscht die Verräter zu sehen", erklärte Semio hochnäsig. Die Wache hatte einen Spruch parat gehabt, aber nach Semios Worten öffnete der Mann seinen Mund und klappte ihn kurz darauf wieder zu – ohne etwas zu sagen. Er starrte Nassia an, als hätte er nie zuvor eine Frau gesehen.

„Jetzt öffne die Tür oder ich spreche mit ihrem Vater über dich. Wie war dein Name?", fragte Semio warnend.

Der Mann sah skeptisch zwischen ihnen hin und her und schien abzuwägen, ob er vertrauenswürdig war.

Ungestüm trat Waf vor: „Jetzt mach schon. Oder willst du Ärger."

„Ich muss das mit meinem Vorgesetzten besprechen", stammelte der Soldat und drehte sich hastig um, da verstellte Nassia ihm in den Weg.

Sie sah ihn so drohend an, wie sie nur konnte, und reichte ihm ihre Schiefertafel:

Tao Sasuni Klumo darin.

Sie bewegte sich einen weiteren Schritt auf den Mann, der sofort zurückwich.

„Mylady. Verzeiht. Bitte tretet ein", murmelte die Wache erschrocken.

Nassia stolzierte erhobenen Hauptes an ihm vorbei.

„Wo ist der wachhabende Offizier?", fragte Semio.

Der Soldat schaute in einen Raum, aber zuckte nur mit den Schultern. „Nicht da."

Nassia zog die Augenbrauen theatralisch hoch.

Semio erkundigte sich: „Wie viele sind hier postiert?"

„Vier Wachen. Zwei sind immer oben bei den Gefangenen", antwortete der Soldat pflichtschuldig.

„Und wo sind die Gefangenen?", wollte Semio als nächstes wissen.

„Da oben!", zischte die Wache und war offensichtlich unschlüssig, ob alle diese Fragen notwendig waren. Der Mann deutete zögerlich auf die eine von zwei Treppen.

„Danke", bemerkte Semio und drehte sich um. In diesem Moment war Sinara hinter den wachhabenden Offizier getreten und hatte ihm ein Taschentuch über Mund und Nase gelegt. Er riss die Augen auf, schließlich sackte er bewusstlos zusammen. Waf fesselte und knebelte die Wache, um sie gemeinsam mit Semio zu verstecken. Dann sagte Waf zu Nassia: „Nicht schlecht, Mylady", und lächelte ihr zu. „Eure Tafel müsst ihr mir mal ausleihen. Sie öffnet Türen. Erklärt ihr mir was darauf stand?" Die Thronfolgerin verdrehte die Augen und sah zu Semio, der sie anlächelte und ebenfalls übertrieben grinste. Irgendwann würde den Zwergen sicherlich auffallen, dass kein Sterbenswörtchen über ihre Lippen kam.

„Was nun?", fragte Semio.

„Jetzt geht der ganze Spaß oben weiter", verkündete Sinara und zeigte in die Richtung, in die der Soldat gedeutet hatte. „Und Liebchen, könntest du bitte deine Füße heben. Du stolperst andauernd über das Kleid. Niemand nimmt dir so die Prinzessin ab. Wir hatten einfach Glück, dass die Wache ziemlich begriffsstutzig war." Nassia sah empört zu Semio, der sich mit Mühe und Not einen Lachanfall verkniff.

Sie schlichen hintereinander die Treppe hoch. Immer wieder säumten Kammern, Räume und Zellen ihren Aufstieg, die mit schweren Eichentüren versehen waren. Keine von ihnen war verschlossen. Wenn sie die Zimmer prüften, befand sich niemand darin. Während sie langsam und vorsichtig weitergingen, vernahmen sie von oben Stimmen. Semio hatte die Spitze übernommen, als er plötzlich zischte:

„Schnell jetzt!" Woraufhin alle in einer Besenkammer verschwanden. Sie hörten, wie jemand geräuschvoll eine Tür nicht weit vor ihnen öffnete und heraustrat.

Kurz darauf fragte der Neuankömmling in einiger Entfernung: „Na, wer gewinnt, Jungs?"

Semio sah sie bedeutungsschwer an, dann entfernte er sich lautlos.

„Ach, lasst mich in Ruhe. Ich sollte es besser wissen. Immer das gleiche mit dir Hetsch." Im selben Augenblick krachte es laut und Spielsteine verteilten sich klackernd über den Boden. Zwei weitere Männer lachten, aber der Redner stampfte davon. Dann fuhren sie alle zusammen, denn die Wache hatte eine Tür krachend hinter sich zugeschmissen. Kurz darauf tauchte Semio auf und hielt triumphierend einen Schlüssel hoch.

„Ob das wohl der Zellenschlüssel ist?", fragte Waf. „Bestimmt!", zischte ihr Freund zuversichtlich. Aber wie sollten sie das ausprobieren, wunderte sich Nassia. Was hatten sie von dem Diebesgut, wenn sie an den anderen Wachen nicht vorbei kamen. Plötzlich hörte sie, wie eine der verbliebenen Soldaten sagte: „Also Hetsch, das ist jetzt wirklich meine Wachzeit. Ich wollt nur mal schauen, ob du ihn schon wieder abgezogen hast. Das ist echt so eine Flachpfeife, der Stinker."

Der andere antwortete: „Schon gut. Ich komm alleine klar. Bis später. Aber verpenn deine Schicht nicht!"

„Ne, ist schon klar, Süßer. Bis später", trällerte der Erste gutgelaunt.

Laut zog sich der Wachsoldat in sein Zimmer zurück. Es war Sinara, die sich in dem Moment an Nassia vorbei drängelte. „Jetzt bin ich an der Reihe", sie wackelte aufreizend mit ihrem Hintern und trat nach draußen. Kurze Zeit später hörte man sie sagen: „Hey Hetsch. Der Stinker von da vorne schickt mich. Ich bin Wetteinsatz. Der Hübsche ganz unten hat mich aufgehalten, aber jetzt bin ich ja da."

„Was du nicht sagst. Na dann komm mal näher, meine Kleine", war die prompte Antwort und er schien über seinen eigenen Zwergenwitz zu feixen. Waf, Semio und sie waren Sinara hinterher geschlichen und standen an einer Ecke. Vorsichtig lugte Nassia um die Mauer und sah, dass die Zwergin ein Messer gezückt hatte, sich geschickt einmal um ihr Opfer herum drehte und im nächsten Moment hielt sie diesem Hetsch die Klinge an den Hals. „So mein Freund, ganz ruhig jetzt. Sonst war's das", säuselte Sinara leise.

Die Wache keuchte, lachte aber hämisch und bemerkte: „Das war nicht ganz so klug von dir, meine Kleine. Der Stinker hat leider den Schlüssel für die Zellen hier."

„Tatsächlich", flüsterte Semio augenzwinkernd, als sie alle gemeinsam zu den beiden traten. Sinara nickte dem Tierhüter zu, hielt dann der Wache ebenfalls das Tuch mit dem Betäubungsmittel vor das Gesicht und kurz darauf sackte der massige Mann in sich zusammen. Semio spazierte unbeeindruckt zur Zelle und öffnete sie mit dem Schlüssel.

Bis jetzt lief alles wie am Schnürchen. 

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt