Nassia die Stammeskämpferin - Kapitel 5.1

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Die Thronfolgerin hörte, wie der Gong zum ersten Mal nach der elften Stunde schlug

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Die Thronfolgerin hörte, wie der Gong zum ersten Mal nach der elften Stunde schlug. Sie war zu spät! Schon längst hätte sie in ihrem Zimmer sein sollen. Sie rannte los, selbst wenn ihre Eltern ihr sicher bittere Vorhaltung machen würden, falls sie davon erfuhren. Egal! Hoffentlich war sie bis dahin weg. Außer Atem erreichte sie ihr Zimmer. Davor warteten die ganzen Zofen, die sie für das Bett herrichten sollten. Sie wies mit aller Macht auf die Tür, um sie zum Gehen zu bewegen. Jemand protestierte, aber Soria, ihre Lieblingsdienerin und früher einmal ihre Erzieherin, schob die Damen unaufhaltsam Richtung Flur. Als Nassia ihr Zimmer betrat, war sie allein. Erleichtert atmete sie durch. Dann konzentrierte sie sich wieder auf die vor ihr liegende Reise.

Etwas zittrig schälte sie sich aus dem Kleid und zog sich um. Weg mit den offiziellen Roben. Das war sie nicht mehr. Sie wählte einen simplen Rock und eine bescheidene Bluse, worüber sie einen Umhang mit Kapuze zog. Zum Glück hatte sie inzwischen Übung mit dieser Kleidung. Als sie zu ihrer Tasche griff, fiel ihr Blick auf einen Kristall. Vor ein paar Stunden hatte sie ihn aus Wut über ihr Leben, an die Zimmerwand geworfen und er war in zwei Teile gebrochen. Jetzt lag er da: völlig intakt. Wer hatte ihn wieder zusammengesetzt? Das war nur mit verbotener Magie möglich! 

Wer war hier gewesen? Ihre Mutter Fanai hatte sie heute unerwartet besucht, um ihr von dem Fest zu Ehren ihres Gastes Trochian Minaro zu erzählen. War sie etwa verbotenerweise eine Magierin? Doch eher ihr Vater? Sie fragte sich, ob er überhaupt den Weg in ihr Zimmer fand? Wer sonst? Niemand außer der Herrscher und seine Kinder durften Magie besitzen. Wobei sie selbst kein Fünkchen Zauberkraft in sich hatte und so niemals etwas Magisches bewirken würde. Wütend packte sie den Kristall in ihre Tasche. Sie hatte jetzt andere Sorgen. 

Leise öffnete sie die Tür, niemand war weit und breit zu sehen. Sie schlich durch die Flure und fragte sich, was passieren würde, wenn man die Thronfolgerin hier in dieser Aufmachung erwischte. 

Sie war vorsichtig, aber die Gänge lagen aufgrund des Festes ohnehin verlassen da und so kam man überall ungesehen durch. Manchmal waren Gespräche in der Ferne zu hören. Wenn sie doch einmal den Weg von Gästen kreuzte, waren diese so laut, dass sie genug Zeit hatte, um sich zu verstecken.

Nach einem verworrenen Weg kam sie an die von Semio genannte Statue: der Trompetenmann. Es war eine bunt bemalte, in Stein gemeißelte Figur, die Nassia schon immer gemocht hatte. Der ihr innewohnende Optimismus versprühte eine Fröhlichkeit, die sie so nicht kannte. Kurz nach ihrer Ankunft schob sich das Bild mit dem Türmchenschloss zur Seite und ein Nasik tauchte dahinter auf. „Tsau tak. Ich bin Bennoli.", begrüßte er sie flüsternd. Sie nickte ihm zu, um ihm zu signalisieren, dass sie ihn bemerkt hatte. „Dann komm", wies er sie an und wandte sich um. Überrascht sah sie ihm hinterher: Wusste er nicht, wer sie war? 

Vorsichtig folgte sie ihm in den Geheimgang. Er schien etwas enger zu sein, als die Gänge, die sie sonst mit Semio hier unten benutzte. Der schlauchförmige Abschnitt war dunkel, nirgends waren Fenster, Lichtschächte oder Kristalle zu sehen. Nur Bennolis Fackel leuchtete ihnen den Weg. Sie versuchte, mit Bennoli Schritt zu halten, der ein flottes Tempo vorgab. Ohne einen Blick auf sie zu verschwenden, reichte der Nasik ihr etwas und erklärte: „Hier, den soll ich dir geben." Sie erhielt einen versiegelten Brief, aber es war zu dunkel, um ihn zu lesen. 

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt