Josuan der Traumseher - Kapitel 1.8

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Als er sich endlich traute, die Augen zu öffnen, stand er zum zweiten Mal an diesem Tag trocken und verdattert in einer Luftblase

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Als er sich endlich traute, die Augen zu öffnen, stand er zum zweiten Mal an diesem Tag trocken und verdattert in einer Luftblase. Nur war sie diesmal so ausladend wie ein Raum. Von seinem neuen Standpunkt aus konnte er nach draußen in den See sehen, von außen hatte er nur den nackten Fels gesehen.

Von seiner Blase konnte man durch einen Blasentunnel in eine Riesenluftblase treten, aus welcher weitere transparente Tunnel heraus führten. Josuan sah, dass ringsherum kleine Bibliotheken, Schlafsäle, Esszimmer, eine geräumige Küche und Gemeinschaftsräume angelegt waren, deren Wände und Fußböden durchsichtig waren. Daher konnte man in all diese Räume hineinsehen und Josuan erahnte, wie weitläufig das Netz aus Gängen und Blasen war. Überall liefen verhüllte Leute herum und er erkannte an ihren Körperformen und anhand ihrer Bewegungen, dass es sich nicht nur um Menschen handelte. Riesen, Zwerge, Gnome und Trolle waren darunter. Er war zuvor nie an einem Ort gewesen, wo sich so viele unterschiedliche Rassen gleichzeitig begegneten. Die einzelnen Spezies blieben unter sich, einige hatte er noch nie gesehen. Vor allem Riesen und Trolle lebten nicht gerne in Städten, weil die Gegebenheiten für sie zu zerbrechlich waren. Wenn sie auftauchten, gab es meistens Ärger. Zumeist hatten sie dabei keine frevelhaften Absichten, aber sie waren nicht gerade für ihr sanftes Wesen bekannt.

Erstaunt schaute sich Josuan um. Bis Massua neben ihm brummte: „Komm, setz dich. Irgendetwas hat sie aufgehalten." Erst da bemerkte er die durchsichtig wirkenden Stühle, die an einem ebenso transparenten Tisch standen. Er wandte sich zu Massua und wollte erwidern, dass er sich lieber umsehen würde. Stattdessen sah er nur verblüfft seinen Freund an, der sich inzwischen das Gesicht mit einer Maske verhüllt hatte.

Der erklärte sofort: „Solange man sich hier unten aufhält, sollte man als Eingeweihter immer eine Maske tragen. Aber erst wenn man aufgenommen ist, wird sie einem gewährt. Wir warten hier, damit dich niemand sieht." Josuan nickte und genau in diesem Moment fiel ihm auf, dass einige Gestalten in der vorgelagerten Riesenluftblase zielstrebig auf sie zusteuerten. Beim Näherkommen erkannte er, dass es sich um fünf verschieden große, vermummte Wesen handelte. Ihrem Körpermaß nach zu urteilen, waren es ein Gnom, ein Riese, zwei Menschen und, er traute selbst seinen Augen kaum, eine Elfe. Sie flatterte heftig mit ihren Flügeln, um mit den anderen mitzuhalten.

Die fünf blieben direkt vor Josuan stehen. Der Riese hielt ihm seine Handflächen entgegen. Dann erklang eine dunkle Frauenstimme: „So lange du meine Hand hältst, sage die Wahrheit oder stirb. Ich werde erkennen, wenn du lügen solltest."

Josuan schluckte, dann nahm er die ihm angebotene Pranke.

„Bist du bereit für unsere Geheimnisse und unser Wissen zu sterben und alles mit in dein Grab zu nehmen?", fragte die Riesin feierlich. Was er für verrückt hielt: wie sollte er etwas schützen, von dem er gar nicht wusste, was es war? Er hatte keine Kenntnis darüber, ob die Mysterien der Magier einen solchen Schwur wert waren. Er sah zu Massua und ihm wurde klar, dass er ihn niemals in diese Situation gebracht hätte, wenn es nicht wichtig wäre.

Er schluckte. „Ja."

Die Riesin antwortete: „Bist du bereit alles für unseren Bund – den Bund der Eingeweihten – zu tun? Bist du bereit den Bund mit allen deinen Möglichkeiten zu schützen?"

Josuan bezweifelte, dass er eine Wahl hatte das Erbe seiner Familie abzuschlagen. Deshalb entgegnete er pflichtbewusst: „Ja."

„Bist du bereit deine Rolle in unserer Gemeinschaft einzunehmen?"

Dieses Mal antwortete Josuan schneller: „Ja."

„Nun denn, höre. Wir sind die Magiergilde. Wir operieren im Verborgenen und bilden unseren Nachwuchs aus. Heimlich geschieht das, denn Risotatus verfolgt uns gnadenlos. Wir sind alle Eingeweihte, aber nicht alle Eingeweihten wissen von den Magiern. Bis jetzt gab es keinen Grund den Träumen nachzuforschen. Aber jetzt mit euch und eurem Vater als zusätzlichen Traumseher, muss der Widerstand sich formieren. Wisst ihr, wer Träume schicken kann?"

„Nein", antwortete Josuan wahrheitsgemäß.

„Die Priester können den Traumsehern solche Nachrichten schicken", erklärte die Riesin.

Josuan rief überrascht: „Aber die Priester wurden alle getötet!" Stille. Scheinbar war seine Gesprächspartnerin es nicht gewöhnt, dass jemand sie unterbrach.

„Das dachten wir auch", bemerkte die Stimme etwas pikiert. „Nach der Rebellion wurden sie alle in den sicheren Tod geschickt. Einer der Priester muss überlebt haben. Nur sie haben die Macht, Träume zu schicken. Niemals würde sich ein Priester Risotatus anschließen, daher können die Träume nicht von ihm stammen. Sie müssen für uns bestimmt sein."

Nachdenklich erwog Josuan diesen faszinierenden Gedanken.

Die Frau übernahm erneut das Wort: „Werdet ihr die Führung der Gruppe, die wir losschicken, um die elf Gefährten aus dem Traum zu vereinen, übernehmen?"

Josuan sah sie an. Aber als keiner etwas sagte und ihm klar wurde, dass sie auf eine Antwort wartete, erwiderte er: „Ja, natürlich übernehme ich...", die Riesin ließ ihn nicht weiter sprechen: „Werdet ihr alles tun, um die Gruppe zum Erfolg gegen Risotatus", sie senkte ihre Stimme, „und den Namenlosen zu führen?"

„Ja, ich werde...", abermals unterbrach sie ihn und ließ seine Hand los.

„Gut, dann folgt uns." Sie steuerte direkt auf die unsichtbare Außenwand zu und verschwand beim Erreichen derselben. Josuan sah ihr verdattert hinterher. Der Gnom und die Elfe beeilten sich, ihrer Anführerin nachzueilen. Während derjenige, der zurückgeblieben war, ihm eine Maske gab und sagte: „Hier nimm! Folge ihr zuerst. Du kannst sie später aufsetzten. Erst einmal triffst du deine Reisegefährten."

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt