Tonyar - Kapitel 9.3

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Völlig außer Atem kam sie am Lagerplatz an und sammelte sich erst einmal

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Völlig außer Atem kam sie am Lagerplatz an und sammelte sich erst einmal. Massua und Faniso saßen am Feuer und schauten sie gespannt an.

„Hast du sie gefunden?", flüsterte der Nasik. Er hielt eine dampfende Tasse in der Hand, die Tonyar gerne entgegennahm.

„Nur Semio. Aber ich kann ihn nicht alleine befreien. Er sitzt in einer Höhle fest. Man kann nur fliegend rein oder raus", berichtete sie. Dabei sah die Formwandlerin hoffnungsvoll zu dem Magier, von dem sie sich Hilfe erhoffte.

Der Nasik lachte und bemerkte: „Vielleicht können wir ihn auch mit einem Seil rausholen? Was meinst du? Ich glaube Faniso hat heute schon mehr als genug getan."

Der Magier sah überrascht zu Massua und wollte erst widersprechen, dann gab er jedoch seine Zustimmung. „Du weißt, dass ich das auch noch schaffe, aber reißen tue ich mich nicht darum", kommentierte er.

„Na siehst du. Komm Tonyar. Das schaffen wir doch sicher zu zweit und du hältst in der Zeit Wache, Faniso", bestimmte Massua. Sie sah verwirrt zwischen den beiden hin und her, stand dann aber bereitwillig auf. Je kürzer Semio dort unten wartete umso besser, er war sicher schon fast durchgefroren.

Ein paar Leute waren aufgewacht und richteten fragende Blicke auf sie. Andere schliefen weiter, sie waren alle furchtbar erschöpft. Die Schneemassen zu durchqueren war für keinen leicht. Waf und Sinara hatten die Absicht, sich zu ihnen zu gesellen, als der Nasik sagte: „Bitte bleibt und ruht euch aus. Wir müssen nicht alle gehen und uns verausgaben." Sie stimmten lustlos zu und Massua wandte sich ab. Tonyar hörte jedoch Waf in Sinaras Richtung zischen: „Was soll der Blödsinn? Warum wollen sie uns aus dem Weg haben?" Sinara sah ihn aber nur ratlos an. Ateras stand unbeirrt auf und suchte ein paar Sachen zusammen. Er würde sich nicht von dem Nasik aufhalten lassen.

Zu dritt machten sie sich auf den Weg. Sie nahmen jeder ein Pferd und einige Decken und Seile mit.

Irgendwann fragte Tonyar: „Du weißt also auch über mich Bescheid." Das war keine Frage, nur eine Feststellung.

Mit einem Seitenblick auf Ateras, der etwas hinter ihnen ritt, erwiderte er: „Natürlich haben wir uns unsere Gedanken gemacht. Wir fünf stehen uns wirklich nahe, Tonyar. Mach dir aber keine Sorgen deswegen." Dann fügte er flüsternd hinzu: „Wie du weißt, sind auch wir nicht ganz unbescholten."

Sie seufzte, wie sie es hasste, dass immer mehr Leute von ihrem Geheimnis erfuhren!

Es war langsam Zeit sich abzusetzen, überlegte sie. Zumindest, wenn Semio gerettet war. Sie erinnerte sich an die Sorgen, weil der Tierhüter in der Zinoka-Oase nicht aufgetaucht war. Sie hatte eine nicht nachvollziehbare Wut verspürt. Schon lange hatte sie nicht mehr solche Gefühle für jemanden empfunden. Das war ein weiterer Grund zu verschwinden.

„Wie sieht die Lage aus? Was brauchen wir? Kannst du das sagen?", fragte Ateras von hinten.

„Er ist in einer Spalte gefangen. Ich habe den Schnee, der ihn zugedeckt hatte aus Versehen zum Einsturz gebracht und konnte mit ihm reden. Wir werden vorsichtig vorgehen müssen, sonst rutscht der Schnee nach und begräbt ihn unter sich", erklärte Tonyar.

„Gut, das werden wir schon schaffen", sagte Massua mit Zuversicht.

Die Formwandlerin trieb ihr Pferd an und passte ihre Augen wieder so an, dass sie die Spalte nicht übersah. Sie waren inzwischen ungefähr an der Stelle, wo sie Semio verlassen hatte. Langsam graute der Morgen und sie erkannten die groben Umrisse ihrer Umgebung. Aber auch ohne die Hilfe der ersten Sonnenstrahlen fand Tonyar ihr Ziel.

„Er hatte unheimlich viel Glück?", flüsterte Ateras, der neben sie getreten war und sah dabei auf den schwarzen Strich, der sich deutlich abhob. Sie und Massua nickten nur.

„Hallo?", rief der Nasik.

„Hallo", echote es von den Wänden. Und dann hörten sie Gemurmel und Semio fragte: „Habt ihr was zu Essen dabei?" Die Drei lachten.

„Du wirst dich noch etwas gedulden müssen. Wir holen dich jetzt erst raus", antwortete Massua. Er drehte sich wieder zu ihr um, gab ihr das Ende des Seiles und sagte: „Sei vorsichtig." Dann fing er an, den Schnee festzutreten. Ohne zu zögern folgte Ateras seinem Beispiel.

Tonyar sah skeptisch zu dem Nachtelb. Sie war überrascht, dass er sich die Führerrolle so schnell abnehmen ließ.

Unversehens brach ein kleines Stück Schnee nach unten weg. In der Tiefe war daraufhin eine kurze Schimpftirade zu hören und dann rief Semio: „Hey. Jetzt habt ihr mich gefunden und wollt mich wohl erschlagen?"

„Ist dir etwas passiert?", antwortete Ateras nach unten, Massua und Tonyar grinsten nur.

„Nein, nein, alles gut", hörte man Semio grummeln.

Der Elb hatte in der Zwischenzeit, nach einer Anweisung von Massua, die Seile verbunden und an einem Felsen gesichert und warf das so entstandene lange Tau hinunter. Ateras schrie zu Semio runter: „Meinst du, du kannst alleine hochklettern? Oder sollen wir jemanden runterschicken?"

„Nein, bloß nicht!", kreischte der Tierhüter da. „Hier ist es so schon viel zu eng." Das war eine Lüge, wie Tonyar nach ihrem letzten Besuch dort unten wusste. Vermutlich hatte er nicht die Absicht eine Minute länger als nötig in dem Loch auszuharren. Alle drei lachten wieder, aber man merkte deutlich die vorherrschende Anspannung.

„Wie hast du ihn eigentlich hier gefunden?", fragte Ateras nachdenklich.

„Ist doch unwichtig", mischte sich Massua ungehalten ein. Der Nachtelb sah zu Tonyar und sein Blick sagte ihr, dass er nicht zufrieden damit war, dass der Nasik scheinbar besser Bescheid wusste als er. Sie hielt seinen brennenden Augenpaaren aber stand, wann hätte sie ihm denn Bericht erstatten sollen? Ateras war es, der sich zuerst abwandte, um das Seil fest in die Hand zu nehmen. Tonyar war nach vorne getreten, um hinunterzuschauen.

„Das passt ihm gar nicht", schmunzelte der Nasik neben ihr feixend. Sie nickte lächelnd. Es war nicht wichtig, wer diese Bergung anführte. Hauptsache Semio kehrte unbeschadet zu ihnen zurück. Sie hatte das Gefühl, dass Massua seine Sache gut machte. Seine Schadenfreude gefiel ihr dennoch nicht. Der Nasik warf das andere Ende des Seils zu Semio hinunter und wollte wissen: „Kannst du dich festmachen?"

„Ja, ja. Mach ich ja schon", kam genervt von unten zurück.

Massua verkündete: „Na dann! Los geht's! Passt mit dem Seil auf, wir haben nur den einen Versuch. Wir müssen es von der Kante weghalten." Er stellte sich vorne hin, um zu verhindern, dass das Tau über den Rand scheuerte, während Ateras und Tonyar sich darauf einstellten, mit aller Kraft den Vermissten hochzuziehen.

„Bist du da unten bereit?", erkundigte Massua sich.

„Ich warte nur auf euch", kam es ungeduldig von Semio zurück.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt