Fatuna die Gnomlingin - Kapitel 15.1

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„Du bist sicher, dass sie mich nicht mitnimmt?", fragte Josuan leise

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„Du bist sicher, dass sie mich nicht mitnimmt?", fragte Josuan leise.

Nassia nickte widerstrebend. „Ganz sicher", versicherte die Thronerbin ihm.

„Aber ihr seid wirklich morgen Früh wieder da?", erkundigte er sich besorgt. Sie bestätigte ihm diese Frage zum hundertsten Mal mit einem kurzen Nicken.

Der Gnomling Fatuna hatte keinen blassen Schimmer, ob sie es bis zum nächsten Morgen zurückkehren würden. Selbst wenn es länger dauern würde, konnte die Thronfolgerin die Gruppe später wiederfinden. Die Blaue hatte den Peilsender bereits heimlich bei Josuans Sachen deponiert.

Allen Befürchtungen zum Trotz sollte Nassia in die Gnomlingstadt Modina. Sie würde sehen, wie sie lebten und dass sie ihre Hilfe brauchten, um sich aus der Sklaverei zu befreien. Denn seitdem Fatuna bei den Sonnenguckern war, verstand sie erst wirklich, was ihrem Volk angetan wurde. Der Traumseher schien nicht überzeugt. Die Blaue hatte direkt nach ihrer Ankunft am Sendari-Plateau, wo die Gruppe ihr Lager aufgeschlagen hatte, mit Nassia, Josuan und Saverani gesprochen. Sie hatte ihnen erklärt, wo sie die Thronerbin hinbringen wollte. Wie jeden Abend hatten die vier sich von den anderen entfernt, um ihre Elbenübungen durchzuführen und sich später zu unterhalten. Diesen vertrauten Moment zwischen ihnen, hatte die Blaue genutzt.

Die beiden Frauen waren sofort einverstanden, Josuan hingegen war zögerlich und hatte tausend Einwände. Er sprach alleine mit Nassia, aber Fatuna hatte ihm ein Abhörgerät verpasst, so dass sie vorbereitet war auf seine Argumente. Am liebsten hätte sie ihn gar nicht in ihre Pläne eingeweiht, doch ihr war klar, dass das schier unmöglich sein würde. Wie ein Luchs bewachte er jede ihrer Bewegungen, seitdem sie sich Sendari näherten. Schließlich wusste er, dass hier in der Pyramidenstadt irgendetwas Wichtiges für sie war.

Die Elbin hörte dem Gespräch genauso gespannt zu, wie sie selbst. Wobei Fatuna vermutete, dass das Gerät an sich sie mehr interessierte, als das, was es tat. Dieses Verhalten hatte sie jetzt öfter bei ihren Weggefährten bemerkt.

„Du weißt doch gar nicht, wohin sie dich bringt. Vielleicht bis nach Fagadasien und zurück. Ihr wäre egal, wenn du hier etwas verpasst", meinte Josuan wütend.

„Das würde sie nicht tun. Fatuna weiß inzwischen, dass unsere Mission wichtig ist und ich ihre Belange hinten an stelle", widersprach Nassia. „Pah", entfuhr es dem Gnomling und ein strenger Blick Saveranis streifte sie. Josuan knurrte: „Das glaubst du doch selber nicht. Menschenbelange haben lange genug ihren Alltag beherrscht und damit hat sie sogar recht. Es ist nicht so, dass ich kein Verständnis habe. Aber ihr sind die Konsequenzen für uns egal und das musst du in deine Überlegungen mit einfließen lassen. Darüber hinaus hält sie deine Abwesenheit für ein kalkulierbares Risiko, das wir den Gnomlingen schuldig sind."

Fatuna schluckte, denn er hatte recht. Eine Weile war Stille, nur ein befremdliches Knacken war zu hören, dann meinte Nassia beschwichtigend: „Ja, wahrscheinlich stimmt das sogar. Dennoch ist es vielleicht gar nicht so schlimm, wie du denkst. Ich bin es ihr tatsächlich schuldig und was danach kommt, sehen wir, wenn es soweit ist. Sie wird nicht zulassen, dass mir etwas passiert. Und das reicht mir."

Wieder breitete sich diese unheilverkündende Stille aus, wie Nebel der unerwartete aufzog. Fatuna spürte die Anspannung bis in die letzte Faser ihres Körpers und ihr fiel ein Stein vom Herzen, als sie Josuan mürrisch antworten hörte: „Nun gut. Ich sehe, dass ich dich nicht umstimmen kann. Aber ich warne eindringlich vor allzu blindem Vertrauen und lass dich von ihr nicht austricksen." Nassia seufzte erleichtert, auch der Gnomling und die Elbin atmeten befreit aus.

Später am Abend, als die Männer sich schlafen legten, übernahmen Fatuna und Saverani die erste Wache. Nassia gab ebenfalls vor zu dösen und die Gnomlingin war deshalb nervös, weil sie befürchtete, dass die Thronerbin wegdämmern würde. In dem Fall würde sie kaum wieder aufwachen, ohne dass alle es mitbekamen. Ihre Elbenfreundin flüsterte schmunzelnd: „Ganz ruhig! Sie ist genauso aufgeregt wie du und nicht mal sie kann so schnell einschlafen."

Tatsächlich kam Nassia kurz darauf zu ihnen herüber und die drei Frauen unterhielten sich leise, bis sie annahmen, dass die männlichen Sonnegucker alle schliefen. Nur Josuan wälzte sich von einer Seite auf die andere.

Mit jedem verstreichenden Moment schien die Thronerbin mehr zu hinterfragen, ob der Ausflug die beste Idee war. Saverani hatte ihre liebe Mühe, um sie zu beruhigen.

„Nassia, es ist doch nur heute Nacht. Sie zeigt dir ihre Leute und dann kannst du morgen Früh mit den anderen aufbrechen", meinte die Elbin. Zweifelnd schaute die Kata-Fürstin zu Fatuna.

„Komm schon, sie hat euch schon so viel geholfen und jetzt kannst du auch einmal etwas für sie tun", bemerkte Saverani.

„Aber wenn etwas schief geht und ich dann nicht pünktlich zurück bin. Was macht ihr dann?", triumphierend sah Nassia zu der Nachtelbin.

Geduldig beugte sich die Elbin vor und bekräftigte: „Was soll schief gehen? Und selbst wenn, es wird noch dauern, bis sich alle versammelt haben. Wir haben keinen Zeitdruck."

„Mir reicht es", sagte Fatuna. „Wir verlieren kostbare Zeit. Du hattest es versprochen."

Nassia seufzte und gab zu: „Ja, du hast recht. Na, dann los. Es bringt nichts hier jetzt noch länger zu warten." Die Blaue war erleichtert und sprang sofort auf, die Kata-Fürstin folgte ihr und stieß dabei polternd einen Eimer mit Feuerholz um. Sie sahen sich erschrocken um, aber die Schlafenden bewegten sich nicht. Nicht einmal Josuan.

Saverani lächelte und gab zu: „Ich habe den Männern heute etwas Schlafmittel ins Essen gemischt."

„Ach deswegen hast du heute gekocht", kicherte Fatuna. Die Thronerbin starrte sie fassungslos an und murmelte: „Nicht dein Ernst."

„Los jetzt ihr zwei, macht euch auf den Weg. Ich halte hier die Stellung", verkündete Saverani und schob beide in die Richtung des Waldes. Leise flüsterte sie: „Geht mit dem Mond!"

Fatunas Herz klopfte, als sie die Führung übernahm. Wie lange hatte sie auf diesen Moment gewartet. Sie hoffte, dass Nassia sie danach besser verstehen würde. Hoffentlich würde ihr Laobabo da sein. Sie liefen sicher eine Stunde, dann näherten sie sich der Stelle in den 

Untergrund. Die Gnomlingin kannte die Umgebung, hier unter der Erde war sie aufgewachsen. 

Aber sie hatte höchst selten Zeit an der Oberfläche verbracht. Trotzdem hätte sie den Eingang jederzeit wiedergefunden. Überall in Bäumen eingeritzt oder in Steine eingraviert, waren geheime kleine Zeichen, die stets die Richtung wiesen, um den nächsten Gnomlingeingang zu finden. Man musste nur wissen, wonach zu suchen war. Als sie auf die Lichtung traten, stand der abnehmende Mond direkt über ihnen und spendete etwas Licht. Ihr war das egal, sie brauchte keins, um zu sehen. Aber Nassia wurde so selbstsicherer – ihre Hände zitterten wie ein sich bewegender Ameisenhaufen.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt