Auch sie schloss die Augen. Aber nach kurzer Zeit öffnete sie sie wieder. Irgendetwas hatte sie gehört. Vorsichtig sah sie sich um und zu ihrer Überraschung stand nicht weit entfernt ein blauer Gnomling und beobachtete sie.
„Kannst du eine Nachricht übermitteln?", fragte das Wesen. Tonyar schüttelte ihren Drachenkopf und stupste Semio an. Der sah sie schlaftrunken an und folgte dann ihrem Blick Richtung des blauen Geschöpfs. Er sprang sogleich auf und wahr hellwach. „Was machst du hier?", rief er verwundert.
Das Schlangenwesen sah ihn ungerührt an. „Nassia und Josuan gehen mit mir. Wir sehen uns in Sendari am Plateaublick", erklärte der Gnomling. Dann drehte sich die Gnomlingin um, denn dass es sich um eine weibliche Artgenossin handelte, hatte Tonyar sofort erkannt. Obwohl als Mensch hatte sie zuvor damit ziemliche Schwierigkeiten. Das blaue Gnomlingmädchen schritt davon, aber Semio rannte ihr nach ein paar Schrecksekunden hinterher und hielt sie zurück. „Wo sind sie?", fragte er forsch.
Das Wesen sah auf seine Finger an seiner Schulter, sagte aber nichts.
Semio zog seine Hand zurück. „Bitte, sag doch endlich, wo sie sind? Geht es ihnen gut? Wo wollt ihr hin?", fragte er beherrscht.
„Es geht ihnen gut. Sie kommen zum Plateau. Lass mich jetzt gehen", zischelte der Gnomling und drehte sich um.
Semio hielt das Schlangenwesen abermals an der Schulter fest, aber dieses Mal zog er erschrocken die Hand zurück. Tonyar vermutete, dass er ins Dunkel geschickt worden war. Knurrend steuerte der Drache auf die beiden zu. Das Wesen forderte aufgebracht: „Lasst mich gehen." Die Drachendame sah das blaue Geschöpf scharf an, dann nickte sie und ließ die Gnomlingdame davon huschen. Unvermittelt schaute Semio gehetzt um sich und rief entsetzt, als er das Wesen nicht mehr sah: „Nein – ohne den Gnomling finden wir Nassia und Josuan nie wieder!"
Tonyar verdrehte die Augen. Bemerkte er denn nicht, dass sie kaum eine Wahl hatten? Das Wesen war klein, aber niemand wusste etwas Genaues. Sie mussten unbedingt mehr über die Geschöpfe herausfinden, bevor sie es mit ihnen aufnahmen. Demonstrativ trat sie ihm in den Weg und deutete in die Richtung in der Massua und die anderen lagerten. Semio folgte ihrem Blick und schaute sie dann ungläubig an: „Das kann doch nicht dein Ernst sein? Ich werde auf gar keinen F...." Weiter erlaubte sie ihm nicht, zu reden, sie ließ einen unduldsamen Brüller los. Ein paar Flämmchen kamen wieder mit - das Feuerspucken musste sie unbedingt noch üben. Semio riss die Augen auf, dann sah er sie abschätzig an und zischte: „Fein – ich gehe, aber merk dir, dass du das besser nicht wiederholst." Er drehte sich um und verschwand nach einer Weile zwischen den Bäumen. Seufzend ließ sich Tonyar nieder und rollte sich ein – sie würde in der Nähe der Gruppe bleiben. Wer wusste schon, was die Gefährten anstellten, wenn niemand auf sie aufpasste.
Die nächsten Tage vergingen furchtbar langsam. Sie brauchte weniger Schlaf und hatte so ein Übermaß an Energie. Wirklich viele Ideen, was sie damit anstellen sollte, hatte sie nicht. Sie versuchte weiterhin, fliegen zu lernen und sich zurückzuverwandeln. Aber weder konnte sie auch nur einen Schritt vom Boden abheben noch wurde sie wieder zu einem Menschen. Sie gab jedoch nicht auf. Einzig den Dreh mit dem Feuerspucken hatte sie rasch heraus, wobei es sich eher um warme Luft handelte. Aber trotzdem hätte sie mit Leichtigkeit einen Waldbrand ausgelöst, wenn sie nicht aufpassen würde.
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Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)
FantasiaDie Geschichte beginnt mit einem Traum. Der Traumseher Josuan begibt sich gemeinsam mit magischen Gefährten auf eine Reise, um die Welt zu verändern. Er folgt dem Ruf des Traumpriesters, der ihn in eine ungewisse Zukunft führt.