Trochian der Gespaltene - Kapitel 6.4

7 4 5
                                    

Es war doch später geworden als beabsichtigt

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Es war doch später geworden als beabsichtigt. Der Führer hatte ihnen allerhand über Zinoka erzählt und jetzt musste er sich beeilen, sich für das Fest herauszuputzen. Es war immerhin seine Mingu-Zeremonie. Er hatte sich vorgenommen, charmant zu seiner Zukünftigen zu sein. Selig lächelnd kehrte er zum Schloss zurück.

Als er gegen Abend den Thronsaal betrat, wurde er von Windar begleitet. Es waren lange Tafeln mit Essen aufgebaut worden und viele angesehene Bewohner Zinokas saßen oder standen an den Tischen und unterhielten sich. Zuletzt wurde Prinzessin Areli von ihrem Vater und ihrer Mutter in den weitläufigen Saal geführt. Es wurde still und sie durchquerten den Raum zu ihren Plätzen. Daneben wartete Trochian. Er begrüßte zunächst Arelis Eltern und dann sie. Als er sie ansah, dachte er wieder an seinen Traum. Es wunderte ihn erneut, dass er sie darin getroffen hatte, ohne sie zu kennen. Hatte das etwas zu bedeuten? Schnell wischte er den Gedanken fort. Die Prinzessin hieß ihn ebenfalls schüchtern lächelnd Willkommen. Alle Anwesenden verneigten sich vor dem Herrscherpaar und nahmen ihre Plätze ein.

Herrscher Risotatus blieb stehen. „Liebe Familie", er schaute seine Frau und seine Tochter bedeutsam an, „liebe Freunde", nun sah er zu Trochian hinüber. Der Aufseher beobachtete, wie der blaue Wüstenlöwe schluckte, kurz die Augen schloss und bemüht locker fortfuhr: „Ihr wisst, dass ich seit Jahren auf der Suche bin." Herrscher Risotatus legte eine Pause ein. „Nach dem Richtigen für meine Areli Yinara Norelia Asina." Trochian verfolgte währenddessen jede Regung seiner zukünftigen Frau. Sie war eine gleichmäßige Mischung aus ihrer hellen Mutter und ihrem dunklen Vater. Ihre bronzefarbene Haut und schwarzen langen Haare, ließen sie edel wirken.

Wer bitte hieß allerdings Asina? Wo er her kam, wurde eine Eselrasse Asinen genannt und selbst wenn es nur der vierte Name der Prinzessin war, hatte ihm dieser immer Hirngespinste in den Kopf gesetzt und er hatte sie sich mit riesigen Ohren ausgemalt. Areli schien aber vollkommen entzückend zu sein. Wohlerzogen war sie, so wie es ihm gefiel. Sie hielt den Blick gesenkt. „Trochian Minarode ist schon seit Langem ein guter Freund unseres Hauses", fuhr Risotatus derweil fort. Ganz so würde er es zwar nicht bezeichnen, doch besser, so als dass der Herrscher ihn ablehnte. Der Aufseher beobachtete die Prinzessin heimlich und bemerkte, wie ihre Augenbraue nervös zuckte. Der Wüstenlöwe sprach weiter: „Er trägt eine große Verantwortung in Minandrien und ich hoffe, dass er durch dich, meine Tochter, die nötige Unterstützung bekommt, um seine Aufgabe weiterhin hervorragend auszufüllen. Ich verkünde daher, dass heute die Minguzeremonie von Areli Yinara Norelia Asina Kataniade und Trochian Minarode durchgeführt wird. Die Hochzeit der Verbindung der blauen Wüstenlöwen mit dem Haus der Eulen und Rehe wird ein beeindruckendes Ereignis sein, das in Kürze stattfinden wird."

Herrscher Risotatus hob sein Glas und lachte fröhlich in die Runde. Alle erhoben sich, klatschten und jubelten pflichtschuldig. Aber dem Aufseher entgingen nicht die überrumpelten Gesichter. Seinen Rücken durchdrückend und seine eigene Unsicherheit überspielend, schritt er auf die Prinzessin zu, nahm ihre Hand und winkte freundlich den Anwesenden zu. Areli kopierte seine Geste und strahlte in die Runde, aber Trochian vermutete, dass ihr Lächeln vorgespielt war – es erreichte ihre Augen nicht. Von da an drehten sich die Gespräche nur um die bevorstehende Hochzeit. Da er zurück nach Minandrien musste, fanden die Feierlichkeiten in drei Tagen statt. Seine zukünftige Frau würde ihn begleiten. Er freute sich, ihr alles zu zeigen. Seine Heimat war wunderschön und sie konnten die Insel zusammen erkunden. Den Erwartungen entsprechend würden sie nach Zinoka zurückkehren, um den Thron zu besteigen, wenn ihr Vater abdankte. Sie setzten sich zum Essen. Wann immer er zu ihr schaute, wollte er kaum glauben, dass diese mächtige und schöne Frau seine Braut war. Wieso hatte Fanai ihn auserkoren? Im Moment war er der glücklichste Mann in Aktunostra. Eine riesige Last fiel von seinen Schultern und er unterhielt sich angeregt mit Herrscher Risotatus, der ihm wahrhaftig wohlgesonnen schien.

Er konnte es kaum erwarten, den Mingu mit seiner Zukünftigen zu tanzen. Dann würde er endlich etwas Zeit mit ihr verbringen. Als das Essen vorbei war, erhob sich Trochian, beugte sich zu seiner Mingugefährtin und fragte: „Darf ich bitten?" Sie stand auf, reichte ihm die Hand und gemeinsam betraten die Tanzfläche. Sie tanzten und es war wundervoll sie zu halten. Keiner von ihnen sprach, aber er sah ihr ununterbrochen in die Augen, wie es Brauch war. Unvermittelt kam sie aus dem Schritt, perplex starrte er sie an. Sofort hatte er sie wieder in die richtigen Bahnen gelenkt. Er hatte kaum Zeit sich über den Fehltritt zu wundern, dann war der Mingu schon vorbei.

Er führte sie zur Terrasse, während andere Paare aufstanden, um ebenfalls über die Tanzfläche zu schweben. Selbst das Herrscherpaar war unter ihnen. Einen Tanz hatten sie Zeit für sich.

„Ihr wusstet nichts davon", stellte Trochian fest. Sie sah hinaus in die Lichter der Stadt und schüttelte langsam ihren Kopf.

Er sagte eine Weile keinen Ton, wie sie. Ein Verhalten, das sie nicht gewohnt war und sie verwundert aufschauen ließ. Was sollte er jemandem sagen, den er überhaupt nicht kannte, mit dem er aber fürs Leben verbunden war?

„Ihr braucht vor mir keine Angst zu haben", meinte er und fügte zögernd hinzu: „Mylady."

Sie lächelte. „Wie möchtet ihr, dass ich euch nenne? Ich bin Trochian." Erwartungsvoll erwiderte sie seinen Blick.

„Areli?" Sie schüttelte den Kopf.

„Yinara?" Abwehrend schaute sie ihn mit großen Augen an.

„Norelia?" Sie lächelte und verneinte auch diesen Namen mit Körpersprache.

„Asina?" Und wieder, Wustu sei Dank: ein Kopfschütteln. Sie nahm seinen Arm und schrieb einen Buchstaben mit ihrem Finger darauf. Dann sah sie ihn gespannt an.

„Ein N?", fragte er. Sie nickte. Danach malte sie ein: a, s, s, i und a. „Nassia", flüsterte er lächelnd und die Prinzessin erwiderte seinen Blick schmunzelnd.

In diesem Moment war das Lied zu Ende. Der Aufseher hielt ihr den Arm hin und führte sie zurück. Nach einem kleinen Umtrunk tanzte und unterhielt sich Trochian mit vielen Leuten. Er ließ seine Braut dabei kaum aus den Augen, was ihr auf Dauer nicht verborgen blieb. Am Ende des Abends verabschiedeten sie sich förmlich voneinander.

Trochian jubelte innerlich, als sie davon schritt und er ebenfalls zu seinem Zimmer zurückkehrte. Voller Tatendrang lief er schwungvoll hinein. Erst als er vor dem Bett stand, bemerkte er die dunklen Gestalten, die neben der Tür gewartete hatten. Mehrere Soldaten packten ihn und pressten ihm ein Taschentuch aufs Gesicht. 

Dann wurde es schwarz um ihn.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt