Sie flog zur Tür und kroch durchs Schlüsselloch. Draußen, auf dem Gang herrschte totenstille und eine tückische Leere umfing sie. An der Decke entlang jagte sie fluchtartig über mehrere Stockwerke ins Erdgeschoss. Die Tür war ebenfalls geschlossen, so dass sie wieder den Schlüssellochweg wählte. Sie entkam und flitzte auf direktem Weg zu Semios Zuhause. Dort angekommen, setzte sie sich kurzerhand als Fliege an die Wand und wartete, denn er war nicht daheim.
Irgendwann polterte es an der Tür. Sie war kurz eingenickt und fuhr unwillkürlich zusammen. Beruhigt erkannt sie, dass es sich nur um Semios kleinen Steinbären Tam handelte. Die Tür besaß eine etwas größere Klappe, damit der niedliche Kerl unabhängig aus und ein gehen konnte.
Gerüchteweise hatte Semio den Bären als Kind von seinem Vater Alachin geschenkt bekommen. Dieser war Steinmetz und hatte das magische Tier selbst aus einem riesigen Aquamarin gemeißelt. Der hellgrüne Tam war kurz darauf von einem unerklärlichen Zauber zum Leben erweckt worden. Ein weiteres Anzeichen für Magie war, dass sich gleichzeitig flauschiges, durchsichtiges Zaubermoos um seinen Körper gebildet hatte, dass ihn wie ein Kokon einhüllte. Das Moos galt als etwas Heiliges und kein Wesen würde sich an jemanden vergreifen, dem es anhaftete.
Damals, zu der Zeit war Tonyar gar nicht in Zinoka, hatte es furchtbar viel Aufregung gegeben. Die Leute erzählten noch immer davon, weil eine große Untersuchung der Häscher eingeleitet wurde. Magie außerhalb der Herrscherfamilie sollte es schließlich nicht geben. Da niemand eine Erklärung hatte, war Semios Familie freigesprochen worden. So einen Freispruch gab es selten, meistens fanden die Ermittler etwas, wenn sie einmal angefangen hatten zu schnüffeln. Deshalb sprach auch Jahre später die halbe Stadt davon.
Steintiere waren rar gesät und im ganzen Königreich gab es höchstens zehn Stück von ihnen. Aufgrund dieser Tatsache hatte der Herrscher versucht, Semio den kleinen Bären abzukaufen. Da der Steinbär jedoch immer wieder zu seinem Freund zurückgekehrt war, gab Risotatus letztlich auf. Der Junge wollte ihn zweifellos nie abgeben, doch er hatte keine Wahl gehabt, als der blaue Wüstenlöwe einmal Interesse zeigte. Semio gewann zuletzt, was zusätzlich für die Popularität der Geschichte sorgte.
Selbstsicher spazierte Tam durchs Zimmer zum Tisch und nahm vor einem Teller Platz. Dort lag Brot, das er in kürzester Zeit verputzt hatte. Dann sah er sich um und setzte sich gelangweilt auf den Boden.
Unversehens fixierte er sie. Erschrocken zuckte sie mit ihren Fühlern. Woher ahnte dieser Bär nur, dass hier etwas nicht in Ordnung war? In diesem Moment ertönten Schritte und einen Augenblick später wurde die Tür geöffnet. Semio trat ein und Tam sprang sofort auf ihn zu, zupfte an seiner Kleidung und zeigte aufgeregt in ihre Richtung.
Der Tierhüter lachte und beugte sich zu dem Bären runter. „Was ist denn heute mit dir los? Alles klar kleiner Mann?" Der Bär wies weiter auf sie und Tonyar beschloss, sich zu verwandeln. Sie flog hinüber zum offenen Kleiderschrank, während die Augen von Tam und Semio ihr sprachlos folgten.
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Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)
FantezieDie Geschichte beginnt mit einem Traum. Der Traumseher Josuan begibt sich gemeinsam mit magischen Gefährten auf eine Reise, um die Welt zu verändern. Er folgt dem Ruf des Traumpriesters, der ihn in eine ungewisse Zukunft führt.