Die eisige Bergluft schlug ihnen entgegen. Nassia hatte Kälte nie zuvor erlebt und zog ihren Umhang enger um sich. Der Atem vor ihrem Gesicht war sogar zu sehen, bis jetzt hatte sie von diesem Phänomen nur gelesen. Eines der Pferde trug ihre weiteren Kleidungsstücke, sie musste es nur finden.
Als sie am Ende ins Freie traten, schneite es vereinzelte kleine Schneeflocken, obwohl der Himmel ansonsten blau war. „Das ist wunderschön", hauchte Semio neben ihr.
„Hast wohl noch nie Schnee gesehen, was? Noch nie aus Zinoka raus gekommen?", fragte Waf.
„Nein", sagte Semio geistesabwesend. Auch Nassia tauchte in die Landschaft ein. Die weißen Berge waren atemberaubend und alles lag still und klar vor ihnen.
„Glaubt mir. Schon bald werdet ihr euch in die warme Wüste zurücksehnen", bemerkte Josuan seufzend.
Massua trat zu ihnen und trieb sie störrisch an: „Kommt, wir müssen uns umziehen. Unsere Pferde mit den Sachen stehen hinter den Felsen da hinten."
„Brauchst du eine Pause, Nassia? Wir warten schon seit einer Weile und sind ausgeruht. Was ist mit dir?", fragte Josuan besorgt.
Da Semio wusste, dass sie nicht antworten würde, erklärte er: „Wir müssen weiter. Wir haben inzwischen entschieden, dass wir nicht über den Pass gehen werden. Risotatus wird wahrscheinlich erfahren, dass wir hier raus sind und das Naheliegende vermuten."
Massua zog eine Karte aus der Tasche. „Lili, die Gnomlingdame mit der ich gereist bin, hat mir die Landkarte gegeben. Wir sollten damit unsere Route planen. Drinnen war es zu dunkel." Er breitete das gefaltete Papier auf einem Stein aus und alle umringten ihn. „Tipps wollte sie mir allerdings nicht geben", nuschelte Massua vor sich hin. „Vielleicht sollten wir nicht mehr nach Buiton. Sondern nach Giptos. Was meint ihr?"
Nassia nickte genervt. Langsam schlich sie um ein paar Felsen herum, um sich bei den Pferden wärmerer Kleidung zu besorgen. Die anderen konnten entscheiden, wohin sie weiterreisten. Als sie ein Stück gegangen war, hörte sie, wie Semio zu jemandem sagte: „Lass sie, sie braucht wahrscheinlich einfach einen Moment für sich." Sie drehte sich nicht um. Sie wanderte weiter, bis sie einen bläulich schimmernder Gnomling zwischen dem grauen Geröll entdeckte. Da saß Fatuna, die Ziehtochter Laonios. Nassia wäre fast an ihr vorbeigelaufen, aber ein Piepsen, das sie schon aus dem Djodo kannte, hatte sie aufschauen lassen.
„Komm, folge mir. Ich möchte dir etwas zeigen", sagte das blaue Schlangenwesen. Dabei wandte sie sich um und sprang einen kleinen Vorsprung hinunter. Dort lief sie auf einer niederen Ebene weiter und drehte sich dann erwartungsvoll um. Nassia war zunächst verdattert. Die Anderen konnten diese Stelle nicht einsehen. Ergeben hob sie ihren Rock und ließ sich von ihrer Erhöhung ein Stück fallen. Sicher landete sie.
Die Thronfolgerin lief Fatuna hinterher, die bereits hinter einem weiteren Felsen verschwunden war. Nassia folgte ihr in eine winzige Höhle. Als erstes sah sie ein Pferd, das fast den gesamten Hohlraum ausfüllte. Dann bemerkte sie das Schlangenmädchen, das sich triumphierend zu ihr umgedreht hatte und ein kleines Metallobjekt in der Hand hielt. Sie drückte einen Knopf und Nassia wartete darauf, dass etwas passierte. Aber nichts geschah.
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Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)
FantasyDie Geschichte beginnt mit einem Traum. Der Traumseher Josuan begibt sich gemeinsam mit magischen Gefährten auf eine Reise, um die Welt zu verändern. Er folgt dem Ruf des Traumpriesters, der ihn in eine ungewisse Zukunft führt.