Der Assassine sah auf Sendari hinunter und wünschte sich ans andere Ende der Welt. Vor langer Zeit hatte er hier einmal ein Leben. Er hatte gehofft, nie wieder herzukommen. Seine ultimative Schwäche lebte hier: Mondola. Die einzige Frau, die er je geliebt hatte. Die Pyramidenstadt symbolisierte für ihn alles, was er niemals haben würde. Huniak hatte gesagt, dass jeder Assassine einen blinden Fleck hatte.
Sein Mentor, der ihnen seit Beginn der Reise folgte, war schon in der Gilde. Er versuchte Informationen über den Fakir, die Nachtelbin, den Pescator, Nassia und Josuan einzuholen. Suaso plante, ihm zu folgen. Dafür würde er sich in der Stadt absetzen müssen.
Auf der Reise hatten sie durch Nachrichten kommuniziert, die Huniaks Adler gebracht hatte. In der Stadt würden sie sich persönlich treffen.
Seine Reisegefährten verteilten sich, während sie überwältigt auf die Wüstenstadt starrten. Die Ausmaße der Pyramide waren gigantisch. Seit der Revolution waren die Eingänge verschüttet und niemand hatte Zutritt.
Semio trat neben ihn und schaute voller Staunen über das Häusermeer, das sich im Mondlicht deutlich absetzte. „Hier hast du einen Großteil deiner Zeit verbracht", sagte er. Suaso sah den Dieb ungerührt an: woher hatte er die Information? Der Mann zwinkerte ihm zu und flüsterte leise: „Ich sollte auch hier zur Schule gehen, aber meine Eltern haben sich geweigert mich wegzulassen. Später einmal habe ich dann herausgefunden, was hier wirklich passiert. Aber keine Angst, euer Geheimnis ist bei mir sicher."
Daraufhin drehte er sich um und lief hinüber zu Dunas. Die Zwei brachen auf, um den Rest der Nacht bei den Drachen zu verbringen. Selbst wenn jeder der Gruppe von den Flugechsen wusste, die Pferde und einige Reisegefährten waren zu nervös, um sie länger um sich zu haben. Deshalb schliefen nur Dunas und Semio bei ihnen, wobei sie sich nie weit weg entfernten.
Suaso legte sich auf sein Lager und schloss die Augen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Es wurde eine kurze Nacht. Bei Tagesanbruch begab er sich mit dem Dieb und Kanju in die Stadt, um die restlichen Gefährten der Gruppe oder wenigstens Josuan und Nassia zu suchen. Sie gehörten zu den Ersten, die den Weg antraten. Müde folgten ihm seine Begleiter und stolperten linkisch den Berg hinunter. Nach einer Weile erreichten sie die Stadtmauer und betraten mit einigen anderen Händlern, Reisenden und Bauern unbehelligt die Stadt.
Suaso steuerte auf den großen Markt bei der Pyramide zu. Unauffällig beabsichtigte er, sich unter das Volk zu mischen, um etwas über die fehlenden Gefährten herauszufinden. Der Assassine, der die Stadt hervorragend kannte, wusste, dass sie nur durch die Hilfe seiner Gilde eine Chance hatten, die Verbleibenden zu finden. Huniak würde am Markt auf ihn warten.
Auf dem Weg durch die Stadt atmete Suaso die ihn umwehenden Düfte tief ein – das war der Geruch der Heimat. Gewürze, Essen, Staub und Hitze vermischten sich zu einem zähen Brei, aber am Markt war der Eindruck am stärksten. Er saugte ihn in sich auf, ohne davon müde zu werden. Jedes Aroma unterschied er, selbst die Gerüche einzelner Personen erkannte er schnell und würde sie nicht mehr vergessen.
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Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)
FantasyDie Geschichte beginnt mit einem Traum. Der Traumseher Josuan begibt sich gemeinsam mit magischen Gefährten auf eine Reise, um die Welt zu verändern. Er folgt dem Ruf des Traumpriesters, der ihn in eine ungewisse Zukunft führt.