Semio der Dieb - Kapitel 3.4

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Am Treffpunkt, wo die Eingeweihten sich verabredet hatten, warteten Ateras, Suaso, Tonyar und zwei ihm Unbekannte

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Am Treffpunkt, wo die Eingeweihten sich verabredet hatten, warteten Ateras, Suaso, Tonyar und zwei ihm Unbekannte. Der erste schickte die Fremden unter einem Vorwand weg. Katu und Gomil waren Vertraute des Nachtelben und Tsatos. Die Formwandlerin hatte die Aufgabe, den Kerker auszukundschaften. Der Tierhüter war überrascht, dass Suaso bis dahin nichts von Tonyars Fähigkeiten gewusst hatte. Sonst war immer er der Letzte von ihnen, der etwas erfuhr.

Er freute sich, als sie sich den Anschein gab, dass Semio ebenfalls keine Ahnung hatte. Ein bisschen war es, wie wenn die sie und er sich gegen die anderen verschworen hätten. Als Tonyar sich verwandelte, fielen ihre Kleider zu Boden. Er nahm sie betreten an sich.

Die Minuten verstrichen nur langsam. Irgendwann öffnete Ateras die Geheimtür, und Suaso und Semio folgten ihm. „Also los", murmelte der Nachtelb angespannt.

Bald schon standen sie vor der schweren Holztür des Kerkers. Er nahm seine Werkzeuge heraus und werkelte zielsicher mit dem Dietrich am Schloss. Kurz darauf ertönte ein leises ‚Klick' und die Tür sprang auf. Die drei Männer hielten den Atem an, hatte jemand sie bemerkt? Als nichts passierte und Ateras die Tür langsam weiter öffnen wollte, materialisierte sich plötzlich eine nackte Tonyar zwischen ihnen. Sie schüttelte wild mit dem Kopf und bedeutete der Gruppe, zu warten. Fast unhörbar hauchte sie: „Es ist niemand außer den vier Wachen hier!" Nachdem Semio sich versichert hatte, dass keiner sie bemerkt hatte, lehnte er die Tür wieder vorsichtig an und sie zogen sich leise in das Geheimversteck zurück. Nur die Formwandlerin flog erneut durch den Kerker, um Informationen zu sammeln. Er hätte am liebsten vor dem Gang auf sie gewartet, so dass sie sich nicht wieder nackt bei Suaso und Ateras zeigen musste. Aber der Nachtelb ließ das nicht zu, weil es seiner Ansicht nach zu gefährlich war. Sie warteten, bis Tonyar sich endlich zwischen ihnen verwandelte. Er warf ihr sofort ihre Sachen zu, ohne sie dabei anzusehen.

Während sie sich anzog, berichtete die Wandlerin kurz, dass sie leider nichts Neues von den vier Wachen erfahren hatte. Ateras erteilte ihnen daraufhin den Auftrag, die Gefangenen im Schloss zu suchen und wies jedem einen Bereich zu. Der Elb selbst würde zu Katu und Gomil laufen, um sie ebenfalls zu instruieren. Semio hatte die Anweisung im Herzstück – im Teil in dem die Katas residierten – zu suchen. Was für eine wahnsinnige Idee, beim Wustu! Wieso sollten die eingesperrten Eingeweihten dort sein? Aber irgendjemand oblag nun einmal die Aufgabe nachzuschauen – resigniert ergab er sich in sein Schicksal. Viel Zeit blieb ihnen nicht. Der Plan sah vor, sich in einer Stunde am Brunnen der Ewigkeit wiederzutreffen.

Semio trottete lustlos in die Geheimgänge. Er hörte den elften Gong in dem Moment, in dem er in die Gemächer von Nassias Mutter schlich. Auf dem Waschtisch lag ein wunderschöner kleiner Haarkamm, besetzt mit einem roten Stein. Er blieb stehen, um sich den Kamm anzusehen. Er konnte nicht genau sagen warum, aber er steckte ihn ein. Das Stück würde ein effektives Alibi abgeben, falls er geschnappt wurde. Er entschied, auf etwaige Eventualitäten vorbereitet zu sein.

Alle Räume lagen verlassen da, weil die Bewohner beim Fest waren. Er schlich die Flure entlang, aber er fand nichts Ungewöhnliches. Wenn die Gefangenen in den privaten Bereichen der Wüstenlöwen wären, dann würden sicher Wachen auf den Gängen patrouillieren.

Genervt kehrte er zum Treffpunkt am Brunnen zurück, irgendeiner der anderen würde sicher mit besseren Nachrichten zurückkehren. Als er dort ankam, lag dieser verlassen da. Semio hörte das beruhigende Plätschern des Wassers und setzte sich mit dem Rücken zum Plätscherbrunnen auf den Rand.

Wie aus dem Nichts tauchte eine Gestalt vor ihm auf.

„Semio", bemerkte Tsato erleichtert. „Gut, dass du noch hier bist. Ich dachte schon, dass ich in die Oase muss. Die Gefangenen sind nicht mehr im Schloss. Sie sind draußen. Du musst zum Bunker und sie rausholen. Blaue Hilfe bekommst du in der ‚Grünen Palme'. Kennst du die noch? Du musst dich unverzüglich auf den Weg machen", bestimmte er atemlos.

„Aber, aber", stammelte er. „Die anderen sind noch nicht da."

Tsato schaute ihn unergründlich an. „Du hast keine Zeit mehr. Schreib Ateras irgendetwas", kommentierte er und wandte sich zum Gehen. Dann hielt er inne und meinte mit ungewöhnlicher Wärme in der Stimme: „Viel Glück."

Verdattert blieb Semio zurück, kramte aber einen Zettel hervor und schrieb eine möglichst kurze Nachricht, damit Ateras so richtig in Rage geriet. Dann kam er den Anweisungen Tsatos nach. Er nahm mehrere Umwege in Kauf, weil aufgrund der Feier viele Leute durchs Schloss streiften. Einmal sprang er gerade noch rechtzeitig hinter eine Statue, als ein Pärchen vorbeischlenderte.

„Er ist ein stattlicher Mann – dieser Trochian", säuselte die Frau.

„Ja, eigentlich sollte sie froh sein, einen solchen Mann zu bekommen. Wirklich glücklich wirkte sie nicht", antwortete ihr Begleiter.

Die Frau lachte. „Nein, du hast Recht. Aber das tut sie doch nie, oder? Hast du gesehen wie sie beim Mingu über ihre eigenen Füße gestolpert ist? Sie ist wirklich ein seltsames Mädchen."

Der Mann erwiderte etwas, was Semio nicht mehr hörte und er fragte sich, von wem sie wohl gesprochen hatten? Der Beschreibung nach konnte es Nassia sein, aber dann hätte sicher das ganze Schloss seit Monaten von nichts anderem geredet als von Nassias Mingu-Zeremonie. Er hatte nicht einmal gewusst, dass heute irgendwer miteinander verbunden worden waren. Das war jedoch nicht mehr wichtig! Was kümmerten ihn noch die Vorgänge im Türmchenschloss?

Er konzentrierte sich wieder darauf, in die Stadt zu kommen, und hastete über den Gang, als niemand zu sehen war. Nicht weit von ihm gab es einen Geheimweg, der zur Schlossmauer führte. Die Höhlenstadt lag still und dunkel da, als er aus den geheimen Fluren trat.

Direkt ihm gegenüber gewahrte er unerwarteterweise Tam und erkundigte sich überrascht: „Was machst du denn hier? Ich dachte du bleibst hier?" Tam deutete auf jemanden hinter der Tür und Semios Augen wurden groß, dann fragte er gefasst: „Und du? Solltest du nicht in der Oase sein, kleine Lady?"

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt