Dunas der Dragoner - Kapitel 11.3

9 3 13
                                    

Irgendwann, es war schon spät am Morgen, wurde seine Tür aufgerissen

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Irgendwann, es war schon spät am Morgen, wurde seine Tür aufgerissen. Zwei Männer standen davor. Der eine verharrte still im Türrahmen. Der andere war der Nasik vom Vortag und polterte ungestüm in seine Zelle, um fröhlich: „Guten Mittag, Master ...." zu flöten.

Er wartete, dass Dunas sich vorstellte, aber der Dragoner sah ihn nur mit schmalen Augen an. „Nein? Also nicht. Ich bin Geisun. Mich würde interessieren mit wem ich es zu tun habe?", fragte er höflich.

„Und ich würde gerne wissen, was man mir vorwirft?", erkundigte Dunas sich gespielt gelangweilt.

Geisun sah ihn überheblich an und erklärte: „Wir haben gehört, dass ihr nach einer Reisegruppe gefragt habt? Diese Reisegruppe ist vorgestern sehr – sagen wir – überstürzt aufgebrochen." Er sah ihn abschätzend an. „Komisch, dass ihr ausgerechnet einen Tag später auftaucht und nach ihnen sucht. Also wer seid ihr?"

Dunas zögerte nicht lange und sagte dann mit Stolz: „Hikto Suan. Ich habe gehört, dass das Reisen nach Osten nicht so sicher sei und habe deswegen Anschluss gesucht. Meine Schwester..."

Schallend lachend unterbrach ihn Geisun: „Tatsächlich? Für wie blöd haltet ihr mich?"

Dunas sah ihm nur starr in die Augen.

„Erst mal können wir das so stehen lassen. Ich finde schon noch raus, wer ihr seid. Leider konnten die Wachen am Tor mir auch nur diesen Namen sagen. Aber ich glaube nichts davon." Bei diesen Worten drehte er sich zu seinem Begleiter um, der nur stumm den Kopf schüttelte. Die Bewegung war kaum auszumachen und Dunas tat so, als ob er sie gar nicht bemerkt hätte.

„Ich glaube nicht, dass ihr da Glück haben werdet. Wir verschwenden nur gegenseitig unsere Zeit", erwiderte der Dragoner. Niemand hatte ihn seit Jahren gesehen, was hatte Geisun vor?

„Nun ich denke ihr habt Recht, dass es hier auf Aktunostra nicht viele gibt die euch kennen. Aber ich finde schon jemanden", konterte der Nasik selbstsicher. „Dann schlage ich vor, ihr erholt euch noch etwas. Ich werde euch etwas Essen vorbeischicken." Der Mann verließ Dunas zusammen mit dem Fremden wieder. Der Zurückgebliebene überlegte, was er erzählen wollte. Wie sollten sie herausfinden, dass er nicht Hikto war? Er könnte versuchen, so lange wie möglich den Ahnungslosen zu spielen. Würde man bemerken, dass er ein Dragoner war?

Irgendwann wurde ihm fauliges Essen und Trinken hingestellt, das er nicht anrührte. Obwohl er einen riesigen Hunger verspürte. Der Tag endete und es wurde wieder dunkel. Er fasste nicht, dass er hier festsaß. Warum hatte Danu ihn nicht gewarnt? Hatte sie es nicht gewusst? Um ehrlich zu sein, wahrscheinlich hätte er ihr nicht zugehört.

Mitten in der Nacht, auch auf dem Markt herrschte Stille, hörte er Schritte auf dem Gang. Die Tür wurde geöffnet und ein Mann stand im Türrahmen. „Komm schon, wir haben nicht viel Zeit. Dein Drache schickt mich", meinte derjenige gehetzt.

„Mein Drache? Das kann doch gar nicht sein?", erwiderte Dunas und erhob sich umständlich, seine Glieder waren steif von der Kälte der Zelle. „Wer bist du?", fragte er ungehalten.

„Semio", antwortete derjenige.

„Nicht wirklich, oder? Woher ...", stammelte der Dragoner. Er war sich nicht sicher, ob er diesem Mann traute.

„Dafür ist später Zeit, Dunas", erklärte Semio.

„Ich gehe nirgendwo hin, wenn du mir nicht sofort sagst, was hier vorgeht", entschied der Gefangene misstrauisch.

Der Dieb Semio seufzte. „Na man könnte sagen, dass ich auch einen Drachen habe. Und der kann mit deinem Drachen sprechen, tja und dann war da noch der Brief an Massua, der hat uns einiges erklärt. Echt gut, dass du den Brief nicht bei dir hattest. Können wir endlich?", fragte Semio ungehalten.

„Ich versteh gar nichts mehr. Ein anderer Drache? Ich dachte du bist ein Dieb und kein Dragoner? Wieso hast du einen Drachen?", wollte Dunas ungläubig wissen.

Semio lachte. „Schon gut, schon gut! Mach dir nicht zu viel Gedanken. Komm erst mal mit. Wir haben nicht ewig Zeit. Wir müssen hier erst mal raus und dein Drache kann dir ja alles erklären. Naja, fast alles", erwiderte der Andere gut gelaunt.

Der Dieb marschierte aus dem Verlies und Dunas folgte nach kurzem Zögern. Ein unkoordinierter Ausbruch war der Zelle in jedem Fall vorzuziehen, deshalb stolperte er dem ihm unbekannten Mann hinterher, der ihn immer wieder zur Stille ermahnte. Sie schlängelten sich umständliche durch enge, dunkle Gänge bis sie in einer Sackgasse endeten. Dunas beabsichtigte eine zynische Bemerkung zu äußern, aber da beugte sich Semio vor und vollzog ein paar Klopfzeichen an der Wand. Kurz – lang – kurz – kurz – lang und unvermittelt öffnete sich eine Tür, die der Dragoner vorher überhaupt nicht bemerkt hatte. Mehrere Männer warteten dahinter, den einen stellte Semio als Waf vor, aber zu den anderen sagte er nichts weiter. Waren das Diebe der Stadt Giptos? Dunas hatte viele Geschichten von ihnen gehört – zumindest in der Zeit, in der er mit Danu auf der Straße gelebt hatte. Man berichtete, dass sie Macht in der Nasikstadt hatten, selbst wenn die Statthalter schon seit langem versuchten, sie loszuwerden. Dunas hatte immer gedacht, die Diebe wären ein Mythos.

Aber da er im Begriff stand, aus den Kerkern befreit zu werden, ahnte er, dass nur diese Gilde dreist genug war, sich so etwas zu erlauben. Semio drückte ihn ungeduldig weiter, nachdem jemand die Tür wieder geschlossen hatte. Der feuchte, modrige Gang endete kurz darauf und sie traten abermals durch eine Geheimtür. Sie stiegen eine Treppe nach oben und kamen in angenehmere Bereiche. Sie folgten Fluren, die von einigen Türen gesäumt waren. Dunas hatte das Gefühl in seinem Leben bisher nie so viel Papier gesehen zu haben. Was schrieben die Leute aus Giptos nur auf?

„Sag mal, wie findest du dich hier eigentlich zurecht?", fragte er seinen Führer. Für ihn sahen die Räume alle gleich aus. Semio neben ihm grinste und erklärte: „So schwer ist das nicht. Schau mal da oben!" Dunas sah in die Richtung, in die der Dieb zeigte. Über der Tür waren Nummern angebracht, in diesem Fall: 194.

„Die Zahlen helfen bei der Orientierung", erläuterte Semio. „Für uns ist nur wichtig, dass wir hier im Teil des Hauses sind, der nur für die hier arbeitenden Giptonen ist. Um die Zeit ist hier kaum noch jemand. Mach dir keine Sorgen, wir kommen hier unbeschadet wieder raus." In der Ferne öffnete sich eine Tür und sofort zog Semio ihn hinter einen Schrank. Alle versteckten sich. Kurz darauf kam eine Frau den Gang entlang geschlurft, verschwand dann jedoch gleich in einem der Zimmer. „Man, bist du ein Trampeltier. Geht das auch etwas leiser? Hier sind zwar wirklich nicht viele Leute, aber wenn sie uns entdecken, ist hier sicher trotzdem die Hölle los", flüsterte Semio.

Dunas verkniff sich eine patzige Antwort. Er fand sich gar nicht laut. Doch so leise wie die Diebe, war er nicht. Das Gebäude kam ihm wie ein unermessliches Labyrinth vor. Irgendwann standen sie in einem großen Raum, in dem die Wäsche gelagert wurde. Riesige hölzerne Stangen zogen sich parallel zu den Wänden entlang und waren mit verschiedenen Arten von schwarzer Kleidung bestückt. Nur in einem Regal an der Seite lagen verschiedenfarbige Bänder.

Einer der Diebe trat an die Tür und vollzog ein komplizierteres Klopfzeichen. Jemand klopfte zurück und öffnete die Tür. Draußen stand eine Nasikfrau und führte sie in die Gassen der Stadt. Sie kamen zu einem Gebäude, durch das sie erneut in feucht modrige Gänge geführt wurden. Dort liefen sie eine ganze Weile immer geradeaus und Dunas schätzte, dass sie außerhalb der Nasikstadt wieder an die Oberfläche kommen würden.

So war es dann auch, seine Befreier verabschiedeten sich und entließen Semio, Waf und Dunas in einen Wald, während sie die Tür von innen verbarrikadierten. Der Dieb führte sie Richtung Norden einen kleinen Hügel hinauf. Oben angekommen, sah man vortrefflich die im Westen liegende Stadt, deren Kristalle und Fackeln, den sonst bedeckten und dunklen Nachthimmel erleuchteten.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt