Tonyar die Formwandlerin - Kapitel 2.4

14 7 11
                                    

Als sie am nächsten Morgen erwachte, saß Semio am Tisch und aß mit Tam sein Frühstück

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Als sie am nächsten Morgen erwachte, saß Semio am Tisch und aß mit Tam sein Frühstück. Sie gesellte sich zu ihnen und griff tüchtig zu, denn sie verspürte einen gesunden Appetit.

„Tam hat heute Nacht versucht sich in dein Bett zu schleichen", berichtete Semio amüsiert. Entrüstet deutete Tam auf den Tierhüter und richtete sich drohend vor ihm auf. Lachend hob sein Freund die Hände und erzählte: „Ok, ok. Ich habe auch ein paar Mal überlegt, ob ich mich zu dir lege." Tam nickte bestätigend und stellte zwei Stühle in seiner Größe zusammen. Dann setzte er sich drauf und ließ sie immer wieder auseinanderkippen. Dabei vollführte er allerlei lustige Kunststücke, so dass Tonyar verhalten kicherte. Er war ein humorvoller kleiner Gesell und er zeigte ihr ohne Worte, wie furchtbar unbequem Semio die Nacht geschlafen hatte.

„Ich an deiner Stelle hätte mich einfach aus dem Bett geworfen. Oder mich gebeten mich in eine Maus zu verwandeln, dann hätte ich in Tams Bett gepasst", erklärte Tonyar leicht errötend und beäugte das kleine Bettgestell am Fußende des Lagers. Semio winkte ab.

„Ach was, hab schon schlimmer geschlafen. Tam, weißt du noch, als das Kamel krank war und wir die Nacht in der Oase verbracht haben? Das arme Tier hat so", er warf ihr einen scheuen Seitenblick zu und fuhr dann brüsk fort: „flatuiert, dass wir nicht im Stall bleiben konnten. Nicht mal seine Artgenossen, wollten die Nacht bei ihm verbringen." Tam kugelte sich bei der Erinnerung über den Tisch und hielt sich seinen kleinen Bauch. „Was hat die Pupse denn hervorgerufen?", erkundigte sich Tonyar lachend, während Semio grinsend erwiderte: „Oh, wenn ich das nur wüsste. Ich hoffe jedenfalls, dass das Kamel nie wieder so etwas frisst."

Da hüpfte Tam aufgeregt auf und ab und deutete auf die ärmeren Viertel der Stadt. Ein paar Momente brauchte der Tierhüter, um zu verstehen, dann nickte er und meinte: „Ach ja, stimmt. Das war auch eine schreckliche Nacht. Wir haben einem einem Steinmetz, einem Freund meines Vaters, mit seiner Eselin geholfen. Sie hatte eine arge Kolik und musste ständig bewegt werden. Wir haben uns abgewechselt, aber sein Bett war voller Bettwanzen, die sich sofort über mich hergemacht haben. Ich weiß bis heute nicht, ob ich lieber mit dem Esel gelaufen bin oder mich mit den Wanzen geplagt habe."

„Kein Wunder, dass die Leute uns Schreiberlinge Langweiler nennen", bemerkte Tonyar. „Mein Leben ist dagegen völlig eintönig."

„Naja, wenn du gerne mit Bettwanzen Bekanntschaft machen möchtest, können wir das gerne organisieren", erwiderte Semio. Sie lachte und winkte ab. „Ich muss dann leider", sagte sie schweren Herzens. Sie verabschiedete sich fast wehmütig, denn sie hatte ihre Zeit bei den beiden genossen. Sie stand auf und beabsichtigte, durch die Tür zu verschwinden. Da hielt Semio sie am Arm fest: „Aber hoffentlich nicht so?" Sie alle sahen an ihrem Körper hinunter. „Wenn die Leute dich zu dieser Zeit in diesem Aufzug mein Zimmer verlassen sehen, denken die sicher nicht, dass du einer der Langweiler aus dem Schloss bist!" Er grinste, als er das sagte.

Sie schmunzelte. „Du hast Recht. Danke dir für alles. Bis demnächst." Schon wurde sie wieder klein wie eine Fliege, wobei es dieses Mal überhaupt nicht mehr anstrengend war. Der Umhang fiel zu Boden und Tam sprang überrascht zurück. Ihm gefiel ihre Gabe scheinbar nach wie vor nicht und er folgte ihrer neuen Form skeptisch, bis sie aus dem Fenster geflogen war. Ein letzter Blick verriet ihr, dass Semio kopfschüttelnd, aber mit einem Grinsen im Gesicht, die Sachen aufhob.

„Ich werde niemandem sagen, dass du hier gewesen bist. Wenn du mal wieder jemanden zum Reden brauchst, weißt du, wo du mich findest", meinte er großzügig. Tonyar war dankbar für seine Worte und machte sich glücklich auf den Weg zu ihrer Wohnung. Nachdem sie sich sicher versichert hatte, dass keiner da war, verwandelte sie sich zurück in ihre menschliche Gestalt - oder zumindest wählte sie das Erscheinungsbild, das sie seit ihrer Ankunft in Zinoka angenommen hatte.

Ihre Schwester Tanzia hatte sie das letzte Mal gesehen, als sie neun Jahre alt gewesen war. Deshalb benutzte Tonyar die Erscheinung, von der sie glaubte, wie ihr Schwesterherz heute aussah. Die roten gelockten Haare würden sich kaum geändert haben und die weiße Haut passte zu Zinoka, wo alle Leute etwas blass wirkten. Auch ihre blauen Augen, die ununterbrochen zu strahlen schienen, hatte sie von Tanzia übernommen. Sie sah in den Spiegel und schaute sofort wieder weg. Dieses Spiegelbild erinnerte sie immer daran, dass sie niemandem trauen durfte. Ihre jüngere Schwester hatte damals dafür gesorgt, dass ihre Eltern von ihren Kräften erfuhren. Im vollen Bewusstsein, dass weder ihr Vater noch ihre Mutter eine Verfolgte im Haus dulden würden, nicht einmal ihre eigene Tochter. Ihr Onkel Hefna – ein Magier - hatte sie mit seiner Frau bei sich aufgenommen und ihre Kräfte geheim gehalten. Ihrer richtigen Familie war sie nie wieder begegnet. Seit jenem schrecklichen Tag existierte die Formwandlerin für sie nicht mehr. Allerdings war es auch von Vorteil, dass die Leute nicht wussten, dass sie den Gregardes angehörte. Das hätte nur Probleme gemacht, weil jedem das Haus der Pferde bekannt war. Immerhin gehörte die Herrscherin Fanai auch zu ihrer Familie, obschon sie nur eine entfernte Verwandte war.

Als sie sich von ihrem Spiegelbild abwandte, nahm sie sich vor, wieder öfter in den Spiegel zu schauen. „Traue niemanden", rief sie sich streng ins Gedächtnis. Selbst wenn sie nicht einmal sagen konnte, warum sie so ein übles Gefühl bei der Sache mit Tsato hatte. Aber keiner der anderen hatte ihn erlebt, als er mit Baniras gesprochen hatte. Sie bekam jetzt noch eine Gänsehaut beim Gedanken an die Bedrohlichkeit und die Kälte seiner Haltung.

Ihre Kleidung lag seit gestern auf dem Boden und sie zog sich an, um zur Arbeit zu erscheinen. Selbst wenn ihr Baniras keine Furcht mehr einflößte, hatte sie nicht die Absicht, so schnell wieder zu spät zu kommen.

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt