Nassia - Kapitel 7.1

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Die Thronerbin und ihre Reisegefährten ritten die ganze Nacht

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Die Thronerbin und ihre Reisegefährten ritten die ganze Nacht. Laut Ateras waren sie nach Osten unterwegs. Es wurde aus Angst vor Verfolgern wenig gesprochen, weil man jedes Wort über große Entfernungen hinweg hörte. Glücklicherweise verwischte eine ordentliche Brise ihre Spuren im Sand. 

Ein tiefroter herrlicher Sonnenaufgang hinter den Dünen brachte die erste Hitze des Tages. Sie ritten den Morgen hindurch, dann ließ Ateras gegen Mittag Sonnensegel aufbauen, um eine Pause einzulegen. 

„Wir müssen besprechen wie es weitergeht. Was sind eure Pläne, Josuan?", fragte der Elb geradeheraus.

„Wir haben einen Auftrag, den wir weiter verfolgen. Werdet ihr weiterhin bei uns bleiben? Oder könnt ihr uns zumindest raten, wohin wir von hier aus am besten gehen?", fragte Josuan mit gerunzelter Stirn.

„Hmm, unser Auftrag lautet, euch so gut wie möglich zu unterstützen. Erst einmal müssen wir so schnell es geht die Wüste gen Osten verlassen. Der Weg durch das Gebirge Zin wird sicher auch nicht leicht und ich schlage vor den Fasua-Pass zu nutzen. Danach kommt es darauf an, wo ihr hin wollt?", fasste der Nachtelb seine Überlegungen zusammen. 

„Wir werden darüber nachdenken, Ateras. Danke für alles. Wir wussten nicht, dass wir Freunde in Zinoka haben", bemerkte Josuan dankbar.

„Sobald die Hitze nachlässt, werden wir weiterziehen. Das wird ungefähr zur vierten Stunde sein." Die beiden Männer nickten sich zu und Ateras fuhr fort: „Semio, Tonyar, Suaso und Nassia kommt bitte mit. Ich möchte hören, was in Zinoka vorgefallen ist."

Die Thronfolgerin sah, wie Bennoli die Augen verdrehte. Katu zischte: „Geht das mit der Heimlichtuerei hier also weiter?" Der ehemalige Tierhüter grinste die zwei Ausgeschlossenen frech an.

Sie entfernten sich ein Stück vom Rest der Gruppe, dann sagte Ateras: „Semio. Ich will nie wieder, dass du Befehle missachtest. Gerade hier draußen bin ich darauf angewiesen, dass ich mich auf euch verlassen kann." Als der Elb Semios empörten Blick sah, fuhr er etwas großzügiger fort: „Ich weiß, ich weiß. Ohne dich hätten wir nie alle fünf befreit. Aber es war zu gefährlich. Nicht nur für dich, sondern auch für uns."

„Tsato hat mir den Befehl gegeben, was ich nicht in die Nachricht schreiben konnte. Und denk daran, wir sind alle Hauptleute", fuhr Semio ihn an und mit einem Seitenblick auf Nassia sagte er: „Zumindest fast alle."

Ateras sah ihn skeptisch an und kommentierte dann provokant: „Komisch, dass du das erst hier erwähnst und nicht schon in Zinoka gegenüber Tsato." 

Empört starrte ihr Freund den Elb an und erkundigte sich drohend: „Nennst du mich einen Feigling?" 

„Semio", schaltete sich Suaso versöhnlich ein. „Einer hier muss die Entscheidungen treffen und das ist im Augenblick Ateras." Ihr Freund funkelte den Sprecher grollend an, sagte aber nichts. Der Mann strahlte eine Autorität aus, der man sich besser nicht widersetzte. 

Tonyar nickte düster und richtete ihre Worte direkt an den ehemaligen Tierhüter: „Kannst du dir vorstellen, was für Sorgen du uns bereitest hast? Wir wussten nicht, ob du noch kommst oder ob wir kostbare Zeit verschenken." Sprachlos erwiderte ihr Freund Tonyars Blick.

Ateras hüstelte übertrieben und bekräftigte erneut: „Ich würde jetzt wirklich gerne erfahren was bei euch passiert ist, Semio." Der Tierhüter wandte sich zu dem Elb, aber seine Augen ruhten noch immer auf Tonyar. 

Er erklärte: „Wir hatten großes Glück." 

„Na, das glaube ich auch!", rief Ateras und setzte sich mit verschränkten Armen im Schneidersitz auf seinen Umhang. Suaso hatte ein weiteres Sonnensegel dabei, unter dem sich alle niederließen. Daraufhin berichtete Semio, was Nassia und ihm widerfahren war. Kreisend ging eine Wasserflasche herum und sie merkten gar nicht, wie die Zeit verging. 

„Wer hätte das gedacht", sinnierte Ateras schließlich. „Hilfe von Fisto. Ihr habt nicht nur Glück gehabt, das war fast schon Vorsehung." 

„Traut ihr Sinara und Waf?", fragte Suaso. 

„Ich glaube nicht, dass sie uns schaden würden. Vielleicht werden sie Fisto weiter Bericht erstatten. Aber sonst habe ich keine Einwände dagegen, dass sie mitkommen", meinte Semio. Er fuhr fort: „Es gibt noch etwas was ihr wissen solltet."

Er sah zu Nassia hinüber und berichtete: „Als ich in meinem Turm alleine war, überraschte mich ein vermummter Mann und überbrachte mir eine Nachricht für Josuan. Ich hatte keine Gelegenheit ihn aufzuhalten, sonst hätte ich ihm auf den Zahn gefühlt. Er war schon weg, bevor ich reagieren konnte und ich habe ihn in den Gassen verloren. Seine Botschaft an Josuan lautet, dass Nassias Bruder, Rano, ein Pescator in Sendari ist. Ihm ist nicht zu trauen." 

Nassia und die anderen waren verblüfft. Ateras sprach als erster: „Es gibt also in Zinoka noch mehr Personen, die von Josuans und auch unserem Auftrag wissen. Das sind keine erfreulichen Neuigkeiten, Semio." 

Der ehemalige Tierhüter nickte zustimmend: „Ich finde es auch extrem beunruhigend. Weißt du, was ein Pescator ist?" Ateras schüttelte den Kopf.

Nassia zuckte mit den Schultern und sah dann grübelnd Semio wieder an. Sie holte ihre Schiefertafel hervor und schrieb:

Pescator = atmet unter Wasser und befehligt Meerestiere

Semio ließ die Tafel herum gehen. „Was es nicht alles gibt", warf Tonyar zerstreut ein. 

Als das Hilfsmittel wieder bei Nassia war, schrieb sie:

Tam? 

Semio sah sie traurig an. „Tam hat mir erst kurz vor meiner Abreise gesagt, dass er nicht mitkommt. Ich weiß auch nicht, wie ihr mich finden konntet."

 Nassia versuchte, ihre Betroffenheit herunterzuspielen. Aber sie wusste, dass der Versuch kläglich scheiterte. Semio der Halbelb hatte ihr schon oft gesagt, dass ihre Gefühle lesbar waren, wie in einem offenen Buch.

Ateras sah zu Tonyar: „Kannst du den beiden bitte erzählen, was in der Kuppel passiert ist? In der Zwischenzeit kehren wir zu den anderen zurück." Er stand auf und fing an, das Sonnensegel abzubauen, dann wandte er sich noch einmal Semio zu: „Du musst Josuan von dem Pescator erzählen." Der frühere Tierhüter nickte und entfernte sich mit den Frauen. Es war ihm anzusehen, dass die Situation für ihn unangenehm war.

Auch Nassia war unwohl bei der Sache und hätte lieber nicht mit den beiden alleine geredet. Warum hatte Semio ihr nichts von Tonyar gesagt? Waren sie überhaupt ein Paar? Als die drei ein Stück gegangen waren, blieb sie stehen und sah sich besorgt um. Sie hörte in der Ferne kreischende Vögel, welche zu weit weg waren, um sie schon zu sehen. Die Wüste trug die Geräusche über eine enorme Entfernung. Alle drei sahen jetzt in die Richtung, aus der das Geschrei kam und Semio flüsterte: „Bitte, bitte lass die Vögel nicht nach uns suchen." Während Tonyar leichthin meinte: „Die Wüste ist groß. Wenn sie uns suchen, finden sie uns vielleicht gar nicht."

Nachdenklich ließ Nassia ihren Blick schweifen. Unvermittelt stutze sie. Nicht weit von ihnen stand ein kleines völlig in schwarz gekleidetes Wesen. Beim genaueren Hinsehen fiel ihr auf, dass nicht nur das Lebewesen dunkle Kleidung trug, es selbst war dunkel wie die Nacht. Mit Fistelstimme rief es: „Kommt, schnell! Bevor die Vögel euch finden!" 

Traumseher - 1. Teil der Traumtrilogie (1/3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt